Geschichten aus La Palma, von Rose Marie Dähncke - Aus Sicht einer Fliege

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Aus Sicht einer Fliege



Ja, ich bin eine Fliege, eine kleine Fliege, viel kleiner als die gemeine Stubenfliege, aber viel gemeiner. Sie werden sehen. Suchen Sie mich nicht im Lexikon und nicht bei Wikipedia, da werden Sie mich nicht finden, denn ich verstehe es gut, mich völlig außen vor zu halten, täusche andere Artgenossen vor, lasse mich nirgends sehen, so dass es mich eigentlich gar nicht gibt. Aber kommen Sie mal nach La Palma, da können Sie mich erleben und mich richtig zu spüren bekommen.

Von der gewöhnlichen Stubenfliege unterscheide ich mich nicht nur in der Größe, sondern auch in der Intelligenz. Ich summe nicht so dumm herum wie diese, so dass man genau weiß, wo sie sich befindet, nein, ich bin ganz still und kaum zu merken, bis… na bis ich beiße. Denn da, wo die Stubenfliege ihren Saugrüssel hat, mit dem sie immer ganz blöd auf irgend etwas herumlutscht, da habe ich kleine Beißerchen, mit denen ich sofort aktiv werde und zubeiße, ha-ha. Dieses Mundwerkzeug ist nur mir zu eigen, und ich halte es geheim, damit es mir nicht plötzlich abgeklont wird, und ich Konkurrenz kriege.

Mein eigentliches Revier befindet sich in etwa 30 cm Höhe über dem Erdboden, und zwar nur da, wo richtig stauende Wärme herrscht. Da fühle ich mich fliegentierisch wohl und bissfreudig. Und da warte ich dann, warte bis dieses Riesiege, überdimensional Große kommt, sich einknickt, sich niederlässt und dann ruhig verhält. Meistens nimmt es in dieser Haltung Nahrung zu sich und ist schön abgelenkt. Es nennt sich Mensch. Und es ist wirklich unermesslich groß. Manches Mensch wird über einsfünfzig, und mit meinen alles erfassenden Facettenaugen gesehen, ist das alles noch viel furchteinflößender. Aber Mensch muss es sein, denn es ist nicht so behaart wie andere Lebewesen, und gerade in meiner bevorzugten Höhe von 30 cm befindet sich feine weiche Haut an den beiden Stämmen, die vom Mensch herunterhängen. Und das Gute ist, diese Stellen sind wegen der Hitze nicht mit diesen Röhrenlappen bekleidet und leicht anzufliegen. Aber ich lasse mich nur an der fleischigen Rückseite nieder, das Mensch kann mich da nämlich nicht sehen, da es hinten keine Augen hat. Ja, und da gehe ich nun sofort aufs Ganze. Ich fackele nicht lange, lutsche nicht erst bescheuert irgendwo herum, ich fahre auch keinen Stachel aus, ich beiße einfach zu. Und dann höre ich gleich den Schrei, immer denselben: "Verdammter Wadenbeißer!" Das Mensch holt mit einem stark verlängerten flachen Fleischteil aus und will mich erschlagen. Aber ich bin ja helle, weg bin ich. Aber sofort wieder da, denn damit rechnet es ja nicht, und schnell kann ich wieder einen Biss nehmen. Schließlich habe ich gesunden Überlebenswillen und muss eben etwas zu beißen haben. Mein sensibles Empfinden schützt mich vor dem nächsten Schlag. Jede geringste Luftveränderung merke ich sofort, und wenn der Luftdruck auch nur ein kleines bisschen zunimmt, bin ich weg, und das Mensch schlägt sich selbst, und schnell bin ich wieder da und beiße. So komme ich zu einem richtig schlechten Ruf und werde nur 'Verdammter Wadenbeißer', kurz VW, genannt. Nicht einmal einen botanisch-wissenschaftlichen Namen kann ich vorweisen, aber wen kümmert das. Mich nicht. Ich beiße fröhlich zu und freue mich, wenn ich das Mensch immer wieder überlisten kann.

Ich merke schon, Sie kennen mich. Schon manches Mal haben Sie geschimpft "was ist das bloß für ein Mistvieh, das mich da dauernd sticht", jetzt wissen Sie es besser, ich steche nicht, ich beiße.

Ich bin übrigens eine männliche Fliege, was es eigentlich gar nicht geben kann. Meine grammatischen Kenntnisse reichen aus, um zu wissen, dass Fliege weiblich ist, und das merke ich ja auch, wenn sie mir schöne Augen machen. Ich müsste eigentlich Fliegerich oder Fliegenbock genannt werden. Aber da kümmert sich scheinbar keiner drum. Fliege ist Fliege. Aber als Männchen habe ich auch meine Probleme, denn ich muss höllisch aufpassen, dass ich bei der Begattung den Kopf nicht verliere und die nötige Aufmerksamkeit versäume, denn bei einer kleinen Ablenkung kann einen der tödliche Schlag doch schnell treffen. Meine Bräute Pi, Pa, Pu, Po, Plö und Pliese sind da verständnisvoll und verlangen mir nicht all zu viel ab, damit wir beide noch lange überleben, schließlich träfe sie der Schlag ja gleichzeitig mit mir.

Ja, Leute, jetzt muss ich mich aber doch schnell verabschieden, denn das Mensch, das ich gerade beiße hat geschworen: "Du verdammter Wadenbeißer, Dich kriege ich jetzt aber, Du beißt mich niemals wieder". Das will man doch vermeiden, und ich möchte gerade dieses Mensch noch recht oft beißen, es ist immer so schön wild bei jedem Biss. Aber ein andermal, heute bin ich sowieso satt.

Also tschü-üss, und nehmt Euch in acht vor mir.



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