Geschichten aus La Palma, von Rose Marie Dähncke - Müssen Bananen glücklich sein?

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Müssen Bananen glücklich sein?



Nein, warum das denn. Sie sollen froh sein, dass sie im vulkanischen Süden der Insel, schwarz, heiß und grauslich, in so großer Zahl ins Leben gerufen wurden, denn damit haben sie ja gerade schon genug Umstände gemacht. Zuerst bedurfte es der frühen Vulkanausbrüche und dann einiger späterer Nachschübe, um die großen Lavagebiete zu schaffen. Schließlich mussten erst schwere, kraftvolle Maschinen erfunden werden, um die unhandlichen Lavagebirge in den Griff zu kriegen, und möglichst zu ebenen Flächen zu planieren. Danach erst konnte man das als Billigland für Bananenanbau anbieten, denn für etwas anderes war es nicht zu gebrauchen.

Doch halt, da muss ich mich korrigieren. In neuester Zeit taugt es auch für den Hotelbau, sogar den 5-sternigen. Ich finde, man könnte sogar noch einen sechsten anhängen, den Lavastern. Bei genügend Fantasie sollte gerade dieser zugkräftig sein und die Sorte von Touristen anlocken, die das Besondere suchen, die Individualreisenden. Warum nicht einmal Lava als Attraktion. Es käme nur auf das psychologisch gut durchdachte und für den Normalverbraucher eher unverständliche und daher traumhaft vielversprechende Angebot an, das nur irgendwie in positivem Zusammenhang mit dieser furchtbaren Lavaumgebung stehen muss wie z.B. 'sich genussvoll gesundstrahlen in der Lavagrube', 'Emotionsabbau durch ganztägige Betrachtung von schwarzer Lava', 'Geruchstherapie an Lavaspalten mit angestrebter Wahrnehmung des Urgeruchs unseres Erdkerns (besonders für frühere Raucher)', 'Streicheltherapie an glatter oder aggressiv rauer Lava für die Empfindungssuchenden', 'unendliche Langzeittherapie in totaler Schwärze'. Letzteres wäre das kostenlose Sonderangebot für Leute, die sich kein Auto nehmen wollen oder können und festsitzen in dieser heißen, schwarzen und von keinem Baum bewachsenen Urlandschaft. Irgend etwas wird sich schon finden, dass man hier überlebt, denn was der Banane recht ist, ist dem Menschen schließlich billig. Und bei ihm sind es ja vermutlich nur 14 Tage Urlaubszeit.

Die Banane ist da schon ein wenig anspruchsvoller und nicht so leicht mit blöden Werbesprüchen zu betören. Was sie braucht, das braucht sie. Und das sind mindestens 60 cm Mutterboden. Dieser muss herangeschafft werden, und damit er sich an dem ihm bestimmten Platz hält, werden Mäuerchen drum herumgebaut. Diese werden dann mit Windschutzmauern erhöht und alles mit Plastikfolie überdeckt, weil es dafür Subventionen gibt. Darunter werden die Früchte dann grösser, aber nicht besser, denn sie büßen nun ohne Frischluft und Sonne viel von ihrem gepriesenen Kanaren-Aroma ein. Wer würde das nicht tun, wenn er in dieser stickigen Hitze und bei total verbautem Blick auf das nahe Meer vor sich hinbrüten muss.

Die jungen Pflänzchen fühlen sich auch überhaupt nicht wohl, denn statt gutem Mutterboden hat man ihnen nur Aushub aus Baugruben gegeben, steril und unfruchtbar. Aber wozu gibt es den modernen Kunstdünger, extra für Bananen, der sich so einfach verteilen lässt. Davon bekommen sie reichlich. Na ja, sie wachsen dann schon mal ein bisschen, aber ohne Lust und geneigt, jeden Schädling und jede Krankheit freudig zu begrüßen. Das unterbindet man nun wieder strenge mit stinkenden Insektiziden, und gegen mögliche oder bereits vorhandene Infektionen gibt es tüchtig giftige Besprühungen und auch etwas davon an die Füße. Nicht nur einmal, sondern in festgelegtem Turnus immer wieder. So riecht es dort fast ständig nach faulen Eiern. Die schönen Blätter sind lebenslang verklebt von schadenverhindernden Mitteln und wissen gar nicht, wozu sie da sind, nämlich zur Beatmung der Pflanze durch ihre feinsten Poren. Eine tolle moderne Kultur.

Damit die ganze Klebe mitsamt dem Gift wieder heruntergeht, laufen die Bananen-Fruchtstände vor dem Versand durch eine kräftige Waschanlage, wo sie dann nach der Reinigung gründlich wieder mit einem neuen Gift, einem Haltbarkeitsmittel besprüht werden. Schließlich haben sie lange Reisen zu überstehen.

Wasser brauchen die Pflanzen viel, aber Regen gibt es hier in dieser Gegend kaum. Manchmal zehn Jahre hintereinander überhaupt keinen, sagen die Anwohner. Er könnte ja durch die Plastikhüllen sowieso nicht hindurch. Und so wird das Gießwasser von weit her zu den Kulturen geleitet, und es wird auch zweckmäßig mit irgend welchen fördernden und irgend welchen abtötenden Mitteln versetzt, bis sich die Pflanzen daran erlaben dürfen. 'Erlaben' - welch sinnenanregendes Wort für köstliches, lebensspendendes Wassergenießen! Aber das Tankwasser ist grün, undurchsichtig, ekelhaft.

Bei diesem zwangsmäßigen manipulierten Leben an einem Standort, den sie sich nicht ausgesucht haben, können die Bananenstauden von Glück sagen, dass man sie nur eineinhalb Jahre leben lässt, sie dann kappt und nur den kräftigsten Sohn heranzieht, so hat ihr Leiden doch ein absehbares Ende, und der Kleine weiß ja noch nichts von seinem bevorstehenden Elend. Bei kräftigem Wind fallen manche Alten auch schnell von selbst um; die wissen wohl warum.

Nach solch einem Leben fragt man sich, ob sie jemals etwas von dem Wort Glück gehört haben. Wohl kaum. Sie sind aber nicht einmal traurig, denn was die Banane nicht kennt, das vermisst sie ja auch nicht. Sie sollten sich nur wundern, dass sie nach all dem überhaupt noch gegessen werden können.



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