Corona-Zyklus, ein virulentes Virus geht viral
Sonntag 15.03.2020 Tag minus eins des Ausnahmezustands
Höchsttemperatur gestern 25,2 Grad - niedrigste Temperatur 16,6 Grad
Wenn keiner weiß, wie es geht
Wir es aber trotzdem machen
Zwischen meinem Nachbarn Pedro und mir ist alles klar. - Beide gehen wir täglich in unserer Umgebung spazieren und werden diese, lieb gewonnene Heimatkunde, wohl deutlich einschränken müssen. Manchmal gehen wir zusammen, aber da wir unterschiedliche Uhrzeiten haben wie Laufgeschwindigkeiten, tuen wir uns nicht andauernd zusammen. - Pedro läuft viel weiter als ich, ich dafür aber schneller. - Gestern allerdings sind wir zusammen in Richtung Süden getrottet und haben innerhalb von 15 Minuten an die 90 Methoden, sich den Hintern ohne Klopapier abzuwischen, gefunden. - Pedro und ich haben viel gemein. - Nicht so sehr Äußerlichkeiten, aber beide wurden wir bereits mehrfach vom kanarischen Gesundheitsdienst auf geschenkte Lebensrunden geschickt. - Wir hatten beide schlimme Dinge am laufen, so krankheitsmäßig, das aber deutlich überlebt. Also wird uns so ein dahergelaufener Virus nichts anhaben können, davon sind wir felsenfest überzeugt und gelten bei unseren anderen Nachbarn schon so ein bisschen als kauzig. Wahrscheinlich steckt das irgendwo zwischen Abgeklärtheit und Ignoranz, aber das Interessante an der ganzen Geschichte ist ja, dass noch niemand wirkliche Erfahrung mit solchen Angelegenheiten hat.- Mir fällt der neue Umrechnungskurs immer noch schwer. Seit der Währungsumstellung auf Klopapier rechne ich zunächst zurück in Pesetas und dann erst in Hakle um. Sieben Rollen dreilagiges Papier 19x19, also 73,19 Hakle, muss man auf den Tisch legen, um einen gebrauchten, aber noch fahrtüchtigen Mittelklassewagen zu bekommen. Es gibt aber auch schon Leasingsysteme für Klopapier, da darf man zunächst immer nur die eine Seite nutzen. Nach ein paar Monaten wird dann gewechselt.
Aber wir werden beide ab morgen auf unsere täglichen Mußestunden auf den Straßen Tajuyas verzichten, sei es auch nur aus dem Grund, die öffentliche Ordnung nicht beugen zu wollen. - Man darf ja weiter raus, allerdings braucht man einen guten Grund, heißt es. - Zur Arbeit gehen oder fahren darf man und soll das auch, schließlich muss die Kiste, die sich Gesellschaft nennt, auch irgendwie weiter laufen. - Dann darf man zum Einkaufen, zur Bank, zur Apotheke und auch "nach Hause reisen" und meint damit wohl auch den Flug- und Schiffsverkehr zwischen den Inseln. - Eigentlich bin ich ja immer auf dem Weg nach Hause, mein ganzes Leben lang schon. Gerade stelle ich mir vor, wie ein deutlich überforderter Ordnungshüter sich mit einem alten, faltigen Besserwisser, der trotz Ausgangsbeschränkungen seine Runden dreht, ruhig und besonnen auf eine Diskussion über den Weg den Lebens einlässt. - Nein, so einer bin ich nicht, ich denke und schreibe mir meinen Teil, werde aber die öffentliche Ordnung sicherlich nicht strapazieren wollen. - Wir haben ja inzwischen alle kapiert, um was es geht und natürlich sind auch Pedro und ich bereit, da mit zu helfen. Dabei sind natürlich auch Diskussionen, was ist denn nun eine gerechtfertigte Ausnahme zur Ausgangsbeschränkung und was nicht, völlig kontraproduktiv. Es wird sich erst die kommenden Tage herausstellen, wie scharf dieser Ausnahmezustand angewandt werden muss, um ein positives Ergebnis für uns und ein negatives für das Virus zu erzielen. - Spätestens seit HIV können wir doch schon damit umgehen, dass positiv und negativ durchaus wechselnde Pole haben kann.
Vor Mittwoch müssen wir sicher nicht aus dem Haus, dann muss ich zum Einkaufen und zur Apotheke. Aber wie sagte unser freundlich, aber bestimmter Regierungschef Pedro Sánchez in Madrid so schön, wir können auch weiterhin unser Brot kaufen gehen. - Überhaupt, Pedro Sánchez, das ist so ein Typ für Ausnahmesituationen. - Natürliche Autorität könnte man das vielleicht nennen. - Dem guckt man zu und schon hat man nicht mehr so viel Angst, habe ich in letzter Zeit öfter gehört. - Mag sein, ich hatte vorher auch keine Angst, aber ich freue mich, wenn so ein gut aussehender Herr, das so ähnlich sieht wie ich. - Jetzt wissen wir zumindest, was skurriles Selbstbewusstsein ist und warum meine Frau in unserem "Ex-Büro" immer noch ein Wahlkampfplakat von Pedro Sánchez da hängen hat, aber kein Bild von mir. - Sie hätte auch überhaupt kein Problem, zu Hause zu bleiben 14 Tage lang, einziger Störfaktor sei ich. Aber sie hat immer ein Bild von mir in der Geldbörse. - Nein, nicht so wie Sie jetzt denken. Eher als Nachweis dafür, dass ihr Aufenthalt draußen auf der Straße trotz Ausnahmezustand gerechtfertigt sei. - Drei offizielle "Positive" haben wir inzwischen auf der Insel, zwei sitzen zuhause und ein Fall wird im Hospital behandelt.
Wir sind also im richtigen Film und werden und erwarten Sie bitte an dieser Stelle keine echten Nachrichten mit Schlagzeilen und Bildungsauftrag. - Wir sind alle erwachsen und wissen was zu tun wie auch zu lassen ist und jeder kann sich inzwischen die Regeln für den Ausnahmezustand (ab Artikel 7 für den Alltag) herunterladen und von sprachbegabten Maschinen übersetzen lassen. - Das Ergebnis ist meist lustig, aber mit ein bisschen Fantasie sogar verständlich und vieles ist natürlich Interpretationssache. - Aber das geht jedem so, auch den Ordnungshütern und da sollte man vielleicht im Moment eher nachsichtig sein. Mit den Ordnungshütern meine ich, lassen wir das diskutieren und machen einfach, was die sagen, wir wollen beim großen Sozio-Test, der so genannten Lombardei-Studie, doch nicht durchfallen. - Nach La Palma in Urlaub fahren, das ist weiterhin möglich. - Ob das aber gerade jetzt sinnvoll ist, das ist eine andere Frage. - Wohl eher nicht. La Palma Urlaub und andere Agenturen bieten daher auch Umbuchungen ohne anfallende Kosten und hier taucht wieder ein interessante Frage auf: Ab wann kann man denn auch wieder Urlaub machen, wie gehabt? - Also mit Strandaufenthalt, Bergwanderungen und so, wie man das eigentlich wollte? - Ja, wer darauf eine gültige Antwort hat, der bekommt eine halbe Palette vierlagiges Klopapier gratis! - So ganz unter uns, ich scheiß drauf…
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