Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell 26.09.2021 Vulkanausbruch

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Vulkantagebuch



26.09.2021 Tag acht der Eruption


Sonntag 26.09.2021 El Paso 08:00 Uhr

Neue Lavaströme nehmen Fahrt auf
Der Vulkan speit riesige Mengen


Explosionen gab es nach der verängstigenden Situation am vergangenen Freitag keine mehr. - Wahrscheinlich auch, da die Lava und die Gase seit dem Nachmittag besser austreten können, nachdem sich der Vulkan von Teilen seines eigenen Konstruktes gelöst hat. - Gestern und während der ganzen Nacht sind nun über die beiden bekannten Rinnen ungeheure Mengen Lava ausgetreten, welche sich in Richtung Atlantik auf den Weg machen. - Nicht nur unserer Beobachtung nach, ist die Lava dieser Austrittsöffnungen weniger viskos, weil wohl heißer, auch die untersuchenden Institute bestätigen das. - Einmal, da die Lava unterhalb des Hauptschlotes austritt, der Gas und pyroklastisches Material mehrere Hundert Meter in den Himmel schleudert, und dann pumpt das System das Magma wohl auch noch schneller als zuvor aus dem Inneren der Insel. - Das führt nun wiederum dazu, dass die Geschichte von der langsamsten Lava der Welt ein temporäres Phänomen bleibt. - Zwar steht der Hauptstrom der ersten großen Lavazunge weiterhin fast bewegungslos am südlichen Ortsrand Todoques, aber von oben kommt frisches und heißes Material nach, so dass durchaus wieder damit gerechnet werden kann, Lava auch in den Atlantik fließen zu sehen. - Enrique von VolcanesyCienciaHoy bietet hierzu die frischeste Grafik und erklärt mit ein paar Strichen und Farben, wie die Lage gestern Abend aussah. - Hier noch mal dazu unser, oder zumindest mein Dank, für die viele Arbeit, welche dieser Lehrer aus Tenerife in seiner Freizeit erledigt, um uns informiert zu halten. - Chapeau mit Wiederholung! - Von unserem Standpunkt aus kann man nachts die Feuerstellen der Lavaströme erkennen und tagsüber die Rauchfahnen, wo denn etwa die Spitze der neuen Abgänge sich befinden. - Das geht schon wieder in Richtung Todoque, wobei der südliche neue Strom schneller zu sein scheint, als der weiter nördliche, der sich zunächst auf die bereits oberflächlich abgekühlte Lava der vergangenen Woche gelegt hat. - Ob nun mit der großen Menge der neu ins System gespeisten Lava auch der ursprüngliche Strom wieder ins Laufen kommt, das wagt noch niemand zu sagen. - Es gibt so früh am Sonntag noch keine Karten, wo denn nun wirklich die neue "Front" ist, aber es ist wieder reichlich Bewegung in die Lavaströme gekommen und es werden, besonders weiter südlich Todoques, neue Regionen bedroht.

Gestern am Abend habe ich noch ein paar Bilder gemacht, dort wo sich meine Nachbarn immer zum Vulkankino treffen. - (Nicht dass die sich da am Spektakel laben. - Wenn man zusammen diese Situation erlebt, ab und zu Selbstgekelterten reicht, dazu noch vom Teneguía erzählen kann, dann hat man einfach weniger Angst) - Die meisten der Nachbarn sind noch am Freitagabend in ihre Häuser zurückgekommen, nachdem die Explosionsepisode des Nachmittags hier alle vertrieben hatte. - Ein paar Aufnahmen lassen wohl die spektakuläre Menge an Lava ahnen, wobei wir hier nur auf den nördlichen Auslass blicken können. - Die noch größere Menge tritt Richtung Süden aus und ist von unserem Standort aus nur durch eine Rauchfahne tagsüber zu vermuten. - Ab dem späten Nachmittag wurden die Gasauswürfe dermaßen laut, dass wir uns kaum noch unterhalten konnten und das ging die halbe Nacht so. - Erst nach Mitternacht war es möglich, selbst im Haus, den Nachrichtensprecher im Fernsehen zu hören, der mir was von irgendwelchen Wahlen in einem mitteleuropäischen Land erzählte… Jetzt ist es weiterhin ruhig, der Krach entsteht wohl, wenn die Gase keinen freien Weg nach außen haben und wie in einem Musikinstrument erst durch Ventile und Krümmungen gedrückt werden müssen. - Dabei darf ich allerdings anmerken, selbst Free Jazz ist harmonischer, der infernale Krach, den solch ein Vulkan produzieren kann, kam selbst im Orffschen Schulwerk nicht vor. - Ja, jeder verarbeitet seine Kindheitstraumata irgendwann werden Sie jetzt denken und ich gönne Ihnen das… Heute wird es eine Woche, dass dieser Vulkan das Leben aller auf der Insel verändert hat. - Viele sind direkt betroffen, haben Haus, Arbeit, Existenz und vielleicht sogar die Zukunft verloren und denen gilt jetzt unser aller Anteilnahme und wenn möglich, Hilfe. - Allerdings haben alle hier auf der Insel einen ziemlich Tiefschlag erhalten, selbst diejenigen, welche nicht den ungeputzten Rachen des Volcán de la Gran Mierda täglich riechen müssen, sind angeschlagen. - Ein Paradies gerät in Bedrängnis, aber bisher funktionieren alle, halten zusammen und machen das Beste aus der Situation. - Ein Selbstporträt heißt ja heute Selfie, dann gebe ich uns zum Jubiläumstag der ersten Woche Vulkan heute allen mal ein Chapeaufie.

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Wie immer hervorragende Arbeit von Volcanes y Ciencia Hoy. - Diese Grafik zeigt die Lage gestern Abend




Der Tremor geht weiter, wenn auch nicht mehr so intensiv, wie noch in den vergangenen Tage




Man kann die nördliche Lavarinne sehen, die südliche anhand der Helligkeit nur ahnen





Sonntag 26.09.2021 El Paso 19:00 Uhr

Alles wird gut, der Papst grüßt Señorita Nieves
Das Tal bemüht sich um Alltag


Das Leben ist kein Himmelreich. - Ich muss vorsichtig sein mit meinem angeborenen Sarkasmus, denn viele Leute beten wirklich in Angelegenheit Vulkan. Ich habe viel mit unserem Pfarrer hier im El Paso geredet und der meinte: "Wir kriegen euch alle, wenn jemand wirklich Angst hat, dann fängt jeder an zu beten". - Also soll mir das mehr als recht sein, ich glaube ja auch an das Gute im Menschen. - Papst Franziskus schickt uns eine Grußbotschaft, die Virgen de Las Nieves ist mit uns und ich hoffe nur, das macht jetzt nichts aus, dass die Dame ihren ersten Wohnsitz auf der anderen Inselseite hat. - Aber für Viele ist es sicherlich ein gutes Gefühl, wenn selbst der Papst sich an einen wendet, mir ist dermaßen viel Aufmerksamkeit schon fast wieder suspekt. - Aber kommen wir zum Tagesgeschehen. Die Asche, also den feinen, schwarzen Sand, der plötzlich bei Ihnen auf dem Dach oder der Terrasse liegt, bitte nicht in den normalen Müll werfen, sondern in die extra bereit gestellten Mulden, welche an vielen Stellen im Tal nun an bekannten Entsorgungspunkten aufgestellt werden. - Den Sand direkt dort hinein geben, nicht in Säcken! - Ob man jetzt schon überall die Dächer sauber machen muss, das prüfen Sie selbst. - Darüber hinaus ist der Wind nicht so stetig und stabil, dass es bald schon wieder zu erneutem Ascheregen kommen kann. - Heute allerdings steht die Windrichtung West-Südwest und so ist die Ostseite nun stärker betroffen als wir im Westen. Wer weiter weg wohnt und nur bis 3 Zentimeter Staubhöhe misst, oder sein Haus gut kennt, der kann noch warten. Es ergibt nämlich eine Riesensauerei, wenn man das Zeug vom Dach fegt. - Aber nicht nass machen, das klebt dann ganz unangenehm und wird ächzend schwer. - Weiter in Sachen, suchen wir den Alltag: Die Leute aus Tacande und Tajuya, welche noch am Freitagabend evakuiert wurden, die können jetzt in ihre Häuser zurück kommen. - Können, nicht müssen steht da, allerdings geben sich die Verantwortlichen aus dem Krisenstab da zuversichtlich.

Eine weitere Meldung der Freude: Der Flughafen soll wieder öffnen, uns werden stolze Menschen präsentiert, welche die Landebahn, wie auch Vorfeld, frei geschaufelt und gebürstet haben. - Allerdings kann ich noch nicht erkennen, dass wirklich wieder Flugbetrieb herrscht, guckt man auf die Webseite des Flughafenbetreibers AENA dann ist da noch alles "cancelado". - Wäre natürlich wunderbar, wenn der Flughafen wieder seinen Dienst aufnehmen könnte, denn da warten nicht nur viele Menschen drauf, auch Fracht und Hilfsgüter sollen per Flugzeug auf die Insel. - Aber auch das hängt sicher von der Windrichtung ab, West wäre doof, Südwest könnte gerade gehen. - Also auch auf die Warteliste schieben.

Nun zum Vulkan selbst. - Gewittergrollen ist seit gestern Abend die Tonart, nicht mehr rhythmisch wie vorgestern noch, sondern wie heftigen Donner gleich nach einem Blitz. - Es hat den Anschein, dass heute weniger Asche gespuckt wird und insgesamt meint man, es gäbe etwas geringere Aktivität als noch gestern. Auch ist die Wolke über dem Vulkan nicht mehr so hoch, wie noch in den vergangenen Tagen. Wird wohl auch daran liegen, dass in den höheren Luftschichten der Wind deutlich stärker bläst. Der Tremor, abgebildet von IGN gibt das auch etwa her, nur haben vor einer halben Stunden wieder ein paar Explosionen stattgefunden, die uns hier im Tal immer richtig erschrecken. Hier stellt sich erneut die Frage, ist da ein Schlot verstopft, oder reagiert das Magma in der Tiefe mit irgendwelchen Wasserblasen? - Seismische Vorgänge neben dem Tremor bleiben weiterhin auf den Süden der Insel beschränkt, deren sieben, zwischen 2,2 und 2,8 allerdings nicht unter der Zone des momentanen Ausbruchs. Die Hypozentren liegen auch im kleinen zweistelligen Bereich, was zumindest auch bedeutet, dass dort das Magma unter der Insel noch unterwegs ist. Kleinere Beben sind anhand des Tremors eh nicht erkennbar. - Als durchaus positive Nachricht darf man den Rückgang der Bodendeformation einer Messstelle des IGN nennen, der LP03, die anderen Messungen bleiben zumindest stabil. - Noch fehlt das neueste Satellitenbild der Erdbeobachtungseinrichtung Copernicus, an der sich alle anderen Beobachter orientieren und ihr Kartenmaterial schärfen. - Die letzte Karte ist von heute Nacht, 01:00 Uhr und wir wissen ja, dass die neueren Lavamassen schneller sind, als die vom ersten, großen Auswurf, also sind wir gespannt, wo inzwischen die Lava angekommen ist. - In den Nachrichten berichtet man inzwischen vom Einsturz der Kirche in Todoque, also hat sich die Befürchtung bewahrheitet, dass die frischere und heißere Lava den alten Strom wieder anschieben könnte oder sich darüber gelegt hat. - Der Krater ist, auch wegen des sehr warmen Wetters und des geringen Windes heute fast immer in Dunst und Qualm, deshalb bringe ich keine direkten Fotos der Zone. Zu den verschiedenen Arten der Lava habe ich einen höchst interessanten Beitrag von einem echten Spezialisten erhalten, von Dr. Andreas Klügel, Geowissenschaftler der Universität Bremen. - Der lässt uns folgendes wissen:


Es ist ja bekannt, dass die Vulkane von El Hierro und La Palma sehr gasreiche Laven ausstoßen, insbesondere CO2 und Schwefeldioxid. Auch die Beobachtung, dass die Lava jetzt dünnflüssiger wird, passt ins Bild. Sowohl 1949 als auch 1971, wahrscheinlich auch bei den meisten Ausbrüchen davor, waren die Eruptionen zoniert: eine anfängliche etwas Silizium-reichere Lava (Fachname: Tephrit) wird nach einigen Tagen abgelöst von einer etwas Silizium-ärmeren Lava (ein sogenannter Basanit), welcher auch heißer und daher dünnflüssiger ist. Wahrscheinlich handelt es sich in der Tiefe um getrennte und relativ kleine Magmenreservoire, die sich nun nacheinander "entleeren" ("klein" ist hier relativ zu betrachten angesichts der großen Lavamengen). Bleibt zu hoffen, dass es dabei bleibt und die Eruption nach ein paar Wochen aufhört, ohne dass es zu weiteren Überraschungen kommt. Die Chancen dafür sind m.E. nicht schlecht, da die Schlote relativ tief liegen (also nicht oben auf der Cumbre selbst) und die Lava ziemlich ungehindert austreten kann. Bei höher gelegenen Schloten gibt es eher Überraschungen, siehe 1949. Aber letztlich wissen wir nicht, was noch kommt... Es ist schon tragisch, dass die Lava nicht ein paar km weiter südlich ausgetreten ist, denn da ist ja alles deutlich weniger besiedelt. Aber letztlich ist das alles nichts, mit dem man nicht hätte rechnen können, denn die Insel ist der in historischer Zeit aktivste Kanarenvulkan.




Erste Eidechsenspuren auf frischem Lavasand




Kurz vor Acht, eine der Rauchsäulen über Todoque muss wohl die Kirche sein








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