16.10.2021 Tag achtundzwanzig der Eruption
Samstag 16.10.2021 El Paso 07:00 Uhr
Laying Duck, Chasing Tiger oder Stinkender Bär
Auf der Suche nach dem Südschlot
Gestern Nacht noch wütend und Lava speiend, jetzt brubbelt der Vulkan vor sich hin, macht auf lahme Ente. - Man weiß eben nicht so recht, was man von dem Monster am Kuhkopf halten soll. - Stinkender Bär auf jeden Fall, es ist wieder äußerst Dicke Luft und langsam kommen mir die wunderbaren Werte der Messstation Dos Pinos wundersam vor. - Die Station in El Paso hat gleich vorsorglich noch vor Mitternacht mit dem Hochladen der Daten aufgegeben. - Dabei dürfen wir uns wirlich nicht beklagen in Sachen Datenlage. Sowohl das IGN, als auch die anderen Institute, bemühen sich nach Kräften, allen einen transparenten Überblick zu verschaffen. - Klar, dabei passieren auch Fehler, es sind viele Menschen daran beteiligt, die alle mal irren können oder Batterien werden schwach oder irgendwo klemmt das Netz. - Nie zuvor allerdings waren wir derart gut mit öffentlichen Daten versorgt wie jetzt. - Auch sind Manipulationsvorwürfe gegenüber den Instituten ohne jegliches Fundament. - Warum sollten die uns auch irgendwelche Daten vorenthalten? - Ist es denn nicht schon schlimm genug was für jeden dort im Tal sichtbar geschieht? - Darüber hinaus, es arbeiten so viele Menschen an diesen Daten, dass vorsätzliche Manipulationen immer auf irgendwelche Whistleblower stoßen würden. - Man kann auch alles im internationalen Rahmen erneut kontrastieren. Ich erwähnte es gestern ja bereits, wir stehen unter deutlicher Überwachung der gesamten geologischen Weltelite. - Allerdings geht es allen gleich, keiner weiß wirklich, was denn die kommenden Tage oder vielleicht Wochen passieren wird, man kann nur die Daten, die Beobachtungen und Auswertungen zusammenpacken und daraus mögliche Szenarien entwickeln. - Als Grundlage dienen dann immer die, fast ebenso gut überwachte Eruption in El Hierro und die historischen Vulkangeschichten der Insel, welche aber mehr auf Erzählungen und weniger auf Datenmaterial basieren. - Eben noch Chasing Tiger, jetzt Laying Duck und wenn ich in den Süden blicke, kann ich ein Band glühender Lava erkennen, aber nicht genau lokalisieren, wo das denn ist. - Ich habe den Eindruck, es sei nicht die nördliche Front, die da glüht, aber zwischen Qualm, Dunkelheit und subjektiver Einschätzung bin ich mir einfach nicht sicher.
Sicher hingegen scheint, dass sich im Südosten des Kraters ein neuer Schlot aufgetan hat. - Bilder von Herbert Schaar und Dr. Andres Klügel haben das ja auch bereits seit Tagen verfolgt. - So blühte gestern Abend auch noch eine riesige Asche- und Wasserdampfwolke kilometerweit in den Himmel. - Wohl genährt aus dem neuen Schlot und eben sich auflösenden Sperrschicht der Inversion. - Übereinstimmend wird berichtet, dass dieser Schlot Asche, Dampf und Gase ausstößt, allerdings wissen wir von Lava noch nichts. - Es besteht ja dabei die Hoffnung, dass sich ein neuer Strom Lava aus dem Südteil des Kraters auf die bereits erstarrte Lavazunge der ersten Eruption legen würde, und so weiteres Material ohne große und neue Zerstörung abtransportieren könnte. - Das wird noch von keiner Seite bestätigt und meine Beobachtung einer Glutfront, dort wo ich die alte Lavazunge vermute, ist bitte nicht als Bestätigung zu werten. - Wir müssen also abwarten, ob die gebeutelte Nordfront Entlastung erhält, auf jeden Fall kann ich heute Morgen kein glühendes Lavaband dort erkennen, wo gestern noch die Zerstörungslaune des Vulkans rund um den Camino Cumplido gewütet hat. - Die Daten bleiben nahezu unverändert. - Die Beben haben wieder etwas zugenommen, egalisieren damit die gestrige Abschwächung und nun ist plötzlich die Anzahl der tiefer liegenden Ereignisse wieder rückläufig. - Kein Wunder, dass sich die Spezialisten dazu nicht richtungweisend äußern wollen. - Deformation, LP03 gibt leicht nach, LP04 steigt leicht an und die Gasemissionen erreichen in Sachen SO2 fast täglich neue Höchstwerte. - Wir müssen das Tageslicht und neue Bestätigungen abwarten, ob meine noch kaffeelosen Beobachtungen im morgendlichen Dunkel und Smog denn irgendwie Hand und Hoffnung haben. - Auf jeden Fall, im Tal ist weiter Dicke Luft, bleiben Sie im Haus wenn irgendwie möglich.
Kennen Sie schon das neue Gesellschaftsspiel im Aridanetal? - Magnituden raten. - Wer näher dran ist darf den anderen zum Ascheschippen nach draußen schicken...
Quelle: IGN
Veränderungen in Sachen Anzahl, Magnituden und Hypozentren
Quelle:Volcano Discovery
Diese Messstation steht auf dem Dach der Casa de la Cultura, da ist wahrscheinlich jemand über das Kabel gestolpert oder die Putzfrau hat den Router rausgezogen um den Staubsauger zu füttern... Quelle: Cabildo Insular de La Palma
Gestern Nacht, reichlich Lava aus dem Nordstrom, die sich auch in die nördliche Zunge ergießt
Quelle: Dr. Andreas Klügel
Das Lavamännchen, erneut in Erscheinung getreten, nachdem Herbert Schaar das schon vor Tagen beobachten konnte
Quelle: Dr. Andreas Klügel
Aus dem reißenden Lavafluss auf dem Bild von Andreas Klügel ist dieses Rinnsal heute Morgen übrig geblieben
Samstag 16.10.2021 El Paso 19:00 Uhr
Südöstlicher Schlot bringt (noch) keine Entlastung für La Laguna
Calima und Qualm sorgen für allerlei Verwirrung
Jetzt am späten Nachmittag lässt uns die nachlassende Inversion ein bisschen freier atmen. - Plötzlich taucht blauer Himmel über uns auf und viel vom Dunst und Qualm kann endlich nach oben abziehen. - Oben schiebt ein sanfter Wind die Asche und den Dampf gen Osten, also ist der Flughafen wieder dicht, und sicher nicht nur heute. - Endlich kann man auch den viel besprochenen zweiten Schlot erkennen, der sich südöstlich vom Hauptkrater befindet, sicher 400 Meter entfernt. - Also nicht mehr an der Flanke des bisherigen Krater, es hat sich sogar schon ein kleiner eigener Kegel gebildet. - Was da aber rauskommt, das ist hauptsächlich Wasserdampf und Gase, ein bisschen Asche und wohl gar keine Lava. - Der neue Schlot liegt ja auch höher als der bisherige Auswurf der Lava, welcher weiterhin den nördlichen Lavafluss nährt. - Aber nicht wirklich gut, wie es scheint, in der Ecke Camino Cumplido, südliches La Laguna, kommt die Lava nur noch sehr langsam voran. - Der untere Teil des nördlichen Stroms ist aus unserem Blickfeld bereits nicht mehr erkennbar hinter dem südlichen Teil der Montaña La Laguna. Er zieht wohl Richtung Westen, also nach unten und den Atlantik. - Das wäre dann die vierte Zunge, welche sich dem Meer nähert, aber nur eine hat es bislang geschafft, den Ozean auch zu küssen. Die drei anderen sind immer auf dem Weg dorthin verhungert. - So oft hat der Krater am Kuhkopf seinen Auswurf verändert, und die Hoffnung, dass nun der südöstliche Schlot die Lava wieder auf den Hauptstrom werfen könnte, die hat sich bislang nicht erfüllt.
Datensalat. - Keine Veränderungen in Sachen Beben, vielleicht nicht mehr ganz so viele wie noch gestern, aber wenn überhaupt, minimale Änderung. - Die Bodendeformationen gehen, sowohl in der LP03 als auch in der LP04 zurück, was durchaus auf den neuen Schlot deuten kann, welcher zusätzlich Druck aus dem System lässt. - Zumindest eben was die Gase angeht. - Schwefeldioxidausschüttung von heute habe ich nichts finden können, aber signifikative Änderungen hätte man uns wissen lassen. - Es bleibt nun völlig offen, ob der neue Schlot zum wirksamen Werkzeug im Verlauf der Eruption werden kann, oder sich irgendwann einfach wieder zur Ruhe begibt, wie das schon mehrfach im Verlauf des Ausbruchs geschehen ist. - Mehrere Fumarolen an der Westseite des "alten" Kraters könnten auf eine bevorstehende erneute Umformung des Kegels deuten, da können wir nur hoffen, dass eine eventuelle neue Öffnung nach Westen nicht auf explosive Weise geschieht. - Der Tremor zeigt keine wirkliche Veränderungen an, variiert in bekannter Weise im unteren bis mittleren Niveau. - Zum Gesellschaftsspiel in Sachen Magnitudenraten gibt es nun auch noch eine Dreierwette, wer die Stärke, das Hypozentrum und die Gemeinde richtig hat, der gewinnt eine goldene Lavalampe, Modell Olaf. - Apropos Namen. - Aus autochthonen Kreisen wird kolportiert, dass man doch den spuckenden und fluchenden Terroristen vom Kuhkopf auch ohne Namen lassen könnte. - Negieren, als die höchste Form der Bestrafung, so wie "nicht mal ignorieren" ja auch die totale Vernichtung von Trollen bedeuten kann. - Also der, über den man nicht spricht, der Namenlose, der Unaussprechliche und da fällt mir gerade ein, da waren wir doch schon mal ganz am Anfang mit beschäftigt. - Allerdings gehe ich davon aus, dass sich die ökonomisch orientierte Bewegung hier durchsetzen wird und wohl einen werbungsfähigen Namen vergeben wird. - "Tajogaite" ist ja von Anfang an als Favorit gehandelt worden, was allerdings nicht ganz einfach von Mitteleuropäern richtig ausgesprochen werden wird. - Das wäre beim Vulkan ohne Namen natürlich deutlich einfacher.
Der "Arbeitsnachweis" des Vulkans. - Anfänglich wirr und schwankend, dann der halbtägige "Schlaf" am 27.9.2021 und seit dem der Dauerlauf mit geringeren Schwankungen.
Quelle: IGN
Kurzeitig konnte man mal auf den Vulkan blicken. - Schlot Nummer 1 der bisherige Hauptlieferant für Gase, Dampf und Partikel, jetzt macht ihm Schlot Nummer 2 da Konkurrenz. - Allerdings können wir keine Lava in und um den neuen Schlot erkennen
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