08.12.2021 Tag einundachtzig der Eruption
Mittwoch 08.12.2021 El Paso 07:00 Uhr
Eine ruhige Nacht
Keine Asche mehr und hoffen auf den Passat
Fast hätte ich verschlafen heute. - Alles war so ruhig, kein spürbares Beben und auch die Katzen haben, warum auch immer, heute früh nicht an der Tür gekratzt. - Ist ja auch schon wieder Feiertag und der Kerl in der Aschekluft am Kuhkopf scheint sich auch daran zu halten. - Es gab nachts einen "Jet", allerdings klein und leise und wer sich noch an die Anfänge der Eruption erinnert, als aus drei oder vier Schloten Gase strömten und Fontänen von mehreren Hundert Meter in die Luft schleuderten, der ahnt es schon, der Alte kann nicht mehr richtig. - Allerdings entdecke ich mit grüblerischen Sorgen da vier Beben in der Tiefe der Insel und der Nacht. - Zwischen 3 und 5 Uhr rumpelte es viermal in vier Gemeinden, in Stärken von 2 bis 2,4 mbLg und wir hatten uns doch eigentlich darauf geeinigt, solche Ereignisse nicht mehr auf dem Beobachtungsmenü zu haben... - OK, alles kleine Beben, zwischen 22 und 35 Kilometer Tiefe und Epizentren die es bisher kaum gegeben hat, also doch wieder einfach als Einzelereignisse abhaken? - Sicher, aber dennoch spüre ich inzwischen schon deutliche Anspannung, wenn ich die Seite vom Instituto Geográfico Nacional aufrufe, welche doch unsere Zukunft in bunten Punkten und ein paar Lettern darstellt. - Alles drum herum deutet darauf hin, sollte kein weiterer Nachschub an Magma aus der Tiefe kommen, dann sehen wir inzwischen dem Vulkan beim langsamen Sterben zu. - Ganz ohne Mitleid, das hat er nicht verdient, denn immer noch geht scheußliche Gefahr von dem Monster aus. Betrachten wir nur die letzte Lavazunge, welche schnell und präzise durch wunderschöne Wohngegenden schnitt. - Ob das nun besonders weh tut, so kurz vor Schluss sein Haus doch noch zu verlieren, ich höre da unterschiedliche Dinge. - Nicht vergessen werde ich ein Gespräch mit einem Freund, der im Camino Cumplido seine Häuser verloren hat, nachdem es Tage lang unsicher war, bis die Lava sich dann doch entschloss, das alles platt zu machen. - Er ist erleichtert gewesen, als es "endlich" klar war, dass die Häuser weg sind, die Unsicherheit davor sei unerträglich gewesen. - Ich verzichte gerne darauf, solche Erfahrungen machen zu müssen, und schäme mich erneut, über das Aschefegen zu klagen.
Aber ich bin alt genug, auch in Scham zu klagen und ein bisschen böse und schlecht bin ich sowieso. - Wir hatten aber gestern Abend schon wieder Nordostwind, zumindest in Böen und auch wurde es deutlich heller um die Kraterspitze, so dass wir heute eher ohne weiteren Ascheregen davonkommen werden. - Danach wird der Passat wieder das meiste davon in die Luft heben und uns sandstrahlen und was sich dann in den Ecken und Winklen angesammelt hat, das erledigen die flinken Besen. - Interessant sind die Beobachtungen im Garten. - Manche Pflanzen lieben die, inzwischen eingearbeitete Asche, andere murkeln vor sich hin und wieder andere sind komplett eingegangen. - Die Kiwis leiden schrecklich, ich fürchte um Totalverlust und der Franchipani, unser "Hausbaum" auf der Terrasse, der hat lauter weiße Pickel auf den Blättern, gerade so, als seien das Verletzungen von den scharfen Partikeln. - Die Kartoffeln schießen in die Höhe, vielleicht aber auch, weil sie sich mehr als sonst nach dem Licht recken müssen, da es öfter bedeckt ist als sonst. - Auch das kommt natürlich vom Vulkan, sei es die dunkle Wolke, oder eben der viele Wasserdampf, der auch das Sonnenlicht stiehlt. - Kohl liebt Vulkanasche, Paprika nicht und wer es schafft, Frisée- oder Endiviensalat unter Wasser so lange zu rubbeln, dass der Aschestaub weg ist, der Salat aber noch knackig, der erlebt auch einen Gaumenschmaus in Sachen Blattsalaten. - Ich habe gleich nachgelegt und neue Setzlinge produziert, allerdings nur noch glatte Sorten und bei den Bohnen, welche gerade die Köpfchen aus der Erde stecken, da weiß ich noch nicht, wohin die Reise geht. - Allerdings sind im Moment kaum noch Schädlinge unterwegs und auch die Eidechsenpopulation ist stark dezimiert. - Gut für den Bio-Garten, schlecht für die Biodiversität, aber wer die Natur ein bisschen kennt der weiß, die erholt sich schneller, als wir neue Häuser in Flusstälern und an Vulkanhängen bauen können.
Das sind die bunten Punkte, welche unsere Zukunft bestimmen
Quelle: IGN
Der Tremor bleibt bei niedrigen Werten und arbeitet im Sollbereich
Quelle: IGN
Die Tremor-Amplitude zeigt im Grunde ein paralleles Bild dazu
Quelle: IGN
Leider ist es im tieferen Bereich noch nicht ganz sauber
Quelle:Volcano Discovery
Enrique zeigt wieder ein paar Details mehr als die sonst üblichen Kartenzeichner
Quelle: Volcanes y Ciencia Hoy
Erbsen, Kohl, Salat, Rüben...
Mittwoch 08.12.2021 El Paso 17:00 Uhr
Geht jetzt alles wieder von vorne los?
Oben hui, unten pfui
Irgendwie hatten wir das ja geahnt. - Wenn man schon Angst hat die Daten abzufragen, dann ist irgendwas noch faul und so ist es auch gekommen. - Viele, zu viele Beben unter 30 Kilometer Tiefe machen nicht nur schlechte Laune, sondern weisen eben auch darauf hin, dass der Barthel doch wieder Most gefunden hat, oder ohne Süßkram drum rum, dass wieder Magma aus der Tiefe nach oben kommen kann. - Bis jetzt 15 Beben in Magnituden rund um 3,3 lassen sich halt einfach nicht mehr als Einzelereignisse schönreden und wenn da so viel los ist, dann muss das mindestens einen Grund haben. - Vielleicht sind da wirklich ein paar Beben dabei, welche die berühmten Ausgleichsbewegungen darstellen, die nötig sind, das bereits aufgestiegene Magma zu ersetzen. - Wahrscheinlicher aber ist, dass wieder Magma unterwegs nach oben ist und die Beben halt die Hinweise darauf sind, dass mit aller Gewalt und Druck das Zeug nach oben wandert. - Wohin ist dann auch klar, zu unserem Krater am Kuhkopf, der dann in anderthalb bis zwei Tagen wieder rotieren kann um das Zeug loszuwerden. - Noch fehlt die Bodenerhebung, wohl ein wenig an der Station LP04 und wieder mehr an der LP03 und da die Gasemissionen ja erst mindestens einen Tag später gemessen werden können, fällt dieser Parameter als Früherkennung leider aus. - Ansonsten wäre das noch ein sehr guter Hinweis, schickt doch aufsteigendes Magma das viel schnellere Gas als frühen Boten nach oben. - Noch liegt er fast friedlich da unser scheußlicher Klops und qualmt so vor sich hin, als wäre er auf der Palliativstation für Vulkane im Endstadium. - Man wird uns das alles irgendwann erklären müssen, warum gerade unser Vulkan immer wieder Nachschub aus ganz unten erhält und jeder sonst wie vernünftige Kanaren-Ausbruch nach ein paar Wochen touristische Folklore ist.
OK, es ist noch nicht so weit, auch hier darf immer noch Hoffnung greifen und vielleicht wird das ja gar nicht so wild. - Drei, oder vier Episoden von großen Mengen Magma aus der Tiefe haben wir ja bereits hinter uns gebracht, wobei diese schlecht abzugrenzen waren. - Am einfachsten konnte man das noch erkennen, am fast kompletten Einschlafen der tiefen Beben und gleichzeitig einem explosionsartigen Anstieg der Beben im flacheren Bereich der bekannten Regionen in 10 - 15 Kilometer Tiefe. - Dort scheint das Magma aus der Tiefe zunächst anzukommen und von dort aus dann weiter an die Oberfläche zu steigen. - Im Moment noch sind wir dabei die Lava aus der letzten Episode aus den letzten Novembertagen abzuarbeiten und wie es scheint, kommt da dann doch noch ein Nachschlag hinterher. - Was wir, wieder mal Dank Enrique entdecken konnten sind wunderbare Grafiken, die so viel mehr Inhalt hergeben als die Pressekonferenzen und welche die ganze Zeit bereits vor unserer Nase hingen. - Das IGME (Instituto Geológico y Minero de España) zeichnet nicht nur die uns bereits bekannten Karten, sondern arbeitet auch die von überall her stammenden Daten erneut auf. - So kommen wir auch endlich an, für uns Laien ablesbare Daten des SO2 und einer guten Darstellung der seismischen Ereignisse, welche endlich mal nach Tiefen und Magnituden trennt, so dass wir die Zusammenhänge besser verstehen können. - Auf diesen Grafiken ist noch alles in Ordnung, und inständig bitte ich, es möge so bleiben, aber das, was wir heute auf der Grafik des IGN sehen, das stimmt uns nicht gerade freudig. - Dabei ist der Tag sonst wunderbar, der Passat hat seine Arbeit aufgenommen, der Vulkan ist ruhig und liegt weidwund da und wir sind wieder mal mit dem Aschefegen, zumindest nahe am Haus, fertig geworden.
Unschwer zu erkennen, was meinen Ärger auslöst
Quelle: IGN
Der Tremor noch unberührt von wahrscheinlich erneut aufsteigendem Magma
Quelle: IGN
Das Bild des Südens. - Die meiste Lava fließt jetzt wieder, ohne weiteren Schaden anzurichten mittig auf der alten Lavazunge und dann hinab in den Atlantik. Die Zunge, welche schnell und ohne jede Gnade aus einem Spalt westlich des Friedhofes gequollen ist, scheint nicht mehr aktiv zu sein
Quelle: Cabildo Insular de La Palma
Hätten wir diese Grafiken vom IGME nur schon früher entdeckt
Quelle: IGME
Ich Trottel habe das immer händisch gemacht, um mögliche Zusammenhänge verstehen zu können, voilà!
Wie gesagt, diese Grafiken stammen noch aus der "guten Zeit", also vor Heute...
Quelle: IGME
Wie eine bekiffte Seepocke...
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