12.12.2021 Tag fünfundachtzig der Eruption
Sonntag 12.12.2021 El Paso 06:30 Uhr
Stinker willst du ewig leben?
Wenig Wind - Dicke Luft
Die dritte Nacht jetzt ohne feurigen "Jet". Er taugt also langsam nicht mal mehr für das Fotoalbum und fast tut es mir leid für die vielen Zaungäste, welche eigentlich gekommen sind, das Ding dort Feuer spucken zu sehen. - Es rumpelt ab und zu noch unter uns, allerdings eher sporadisch und in geringen Magnituden. Unter 30 Kilometer lediglich 3 Ereignisse in den letzten 24 Stunden, also weit ab von Schwarm und Barthels Most, von "unten" ist da im Moment nichts unterwegs. - "Oben" liegt aber wohl noch genug herum, um den Tremor am Leben zu halten und der zeigt ja nichts weiter an, als den Magmafluss der sich am Kuhkopf Luft verschafft. - Es fließt also weiter die Lava wie gehabt aus der Westflanke des Kraters und ich kann optisch keine Veränderung der Menge zu gestern feststellen. - Es ist zwar viel weniger als noch vor einer Woche, aber gegenüber den letzten Tagen scheint die Menge gleich geblieben zu sein. - Die größte Masse an Lava zieht, netterweise muss man sagen, in unterirdischen Vulkanröhren bis an den Hang unterhalb Las Norias und stürzt dann hinab auf die alte Lavazunge, welche von der Eruption des Nambroque/San Juan im Jahr 1949 ins Meer gelegt wurde. Ziel der Lava dort scheint die Gegend von Las Hoyas zu sein, noch nördlich des Leuchtturms, welcher an der Westspitze der, jetzt alten Lavazunge, erstes Land anzeigt. - Dort hätte im Jahr 2006 bereits ein Hotel eröffnet werden sollen, eines der "Princess-Gruppe" und manchmal ist unser vorausschauendes Wesen doch einfach durch nichts zu ersetzen. - Unsere Weisheit in solchen Dingen stammt zwar meist aus simpler Unterlassung, aber ich glaube ja immer schon, dass man gar nicht alles machen muss, was man auch machen könnte. - Dort unten ist man jetzt natürlich ganz gespannt, wie viel Lava denn noch auf das vorgelagerte Delta fließt. - Alles Banane dort unten und mit die produktivsten Plantagen und ob man das jemals wieder neu urbar machen wird, wer weiß das schon. - Bis La Bombilla ist es noch ein Stückchen, und auch wenn wir noch kein Ende der Lavaeruption benennen können, es müsste schon noch verdammt lange weiteres Material fließen, dass diese Siedlung dort erreicht würde. - Aber wir wissen ja nie, was dieser Vulkan noch alles in der Schublade hat, auch wenn er nun seit Mitte November bereits Schwächen offenbart.
Der Wind ist eingeschlafen über Nacht und somit arbeitet der Passat nicht so, wie wir das eigentlich wollen. - Es stinkt seit gestern am späten Abend bereits wieder nach diesen berühmten faulen Eiern und ein Blick auf die Messstationen im Aridanetal bestätigt das auch gleich, es herrscht wieder Dicke Luft. - Besonders in Los Llanos und Tazacorte sind die SO2 Werte sehr hoch, etwas geringer in El Paso und so hoffen wir doch heftig darauf, dass der versprochene Wind ganz schnell auch wieder kommt. - Ascheregen muss nicht unbedingt sein, im Moment spuckt der Vulkan fast nur Wasserdampf und eben SO2 aus, aber sollte der Wind nicht schnell wieder kommen und erneut Asche austreten, dann kann der Sonntag doch noch erneut zum Aschersonntag werden. - Je zahmer der Vulkan da in der Gegend herum stinkt, um so lauter werden jetzt natürlich die Fragen und Diskussionen, wie es denn weitergehen kann. - Wie schnell doch die Warner und Zauderer wieder in den Hintergrund rücken, sobald das Donnergrollen des Vulkans verloschen ist. - Oder das der Ahr… Kaum noch jemand stellt inzwischen die Frage, ob man denn erneut in der gefährdeten Zone überhaupt Siedlungen und Infrastrukturen errichten sollte. - Es scheint eher darum zu gehen, jetzt bereits Claims abzustecken und den Rausch, öffentliche Mittel, die im Moment anscheinend deckellos fließen, in die eigene Partitur einzuarbeiten. - Es erinnert ein bisschen an aufregende Zeit der Niedervereinigung dieses hochinteressanten Landes im Zentrum Europas, als auch die Haie und Geier sich die besten Stücke schnappten und den Rest einfach liegen ließen. - Man nannte das witzigerweise dann die "Neuen Bundesländer". - Allerdings ist ja die Aufgabe des Neoliberalismus, fast hätte ich frevelnd FDP geschrieben, Gewinne bereits unter sich zu verteilen, noch bevor andere diese erwirtschaftet haben, also sind wir wohl in bester und dauerhaft feiner Gesellschaft. - Hinten runter fallen dann auch immer wieder die gleichen Leute, aber gut, es muss auch immer die anderen geben, sonst könnten ja die Privatkanäle auch keine weiteren Entwürdigungsformate mehr anbieten. - Und das am frühen Sonntag, bei mir noch vor dem Frühstück…
Nichts, worüber wir uns im Moment Sorgen machen sollten
Quelle: IGN
Wieder ein ganz klein bisschen dünner, aber es könnte doch bitte auch ein bisschen schneller gehen
Quelle: IGN
Neben einem eher kleinen Lavastrom, der sich mittig auf der bereits liegenden Lavazunge schlängelt, ist die einzig aktive Front momentan ganz im Süden. Dort fließt Lava den Abhang nach Las Hoyas runter und bedroht viele weitere Bananenplantagen
Quelle: IGME - CSIC
Dicke Luft, hier zum Beispiel in Tazacorte
Quelle:Cabildo Insular
Sonntag 12.12.2021 El Paso 17:00 Uhr
Wer gibt ihm die Zigarette danach?
Der alte Mann und die vorletzte Salbung
Ja, er hat noch mal was hoch bekommen. - Schon heute Morgen konnte man komische Geräusche im Inneren des Kraters feststellen, aber äußerlich war nichts zu erkennen, außer dichter und fetter Wasserdampfwolken. - Die Daten alle fit und wir haben uns daran gemacht den Parkplatz unserer Ferienhäuser regendicht zu machen. - Wie das geht, verrate ich Ihnen vielleicht ein anderes Mal, nach dem Regen, und nur, wenn das so funktioniert hat, wie wir uns das gedacht haben. - Bei der Kaffeepause noch vor Mittag konnten wir dann einen kleinen Anstieg im Tremor beobachten, noch ohne dass wir irgendwas am Krater feststellen sollten. - Dann aber ging es los, fast wie in besten Zeiten, also Ende September. - Dichte schwarze Wolken und ein Grunzen in heftigster Manier, und meine Frau meinte nur ganz richtig, das kommt uns nur so laut vor, weil wir es schon gar nicht mehr gewohnt waren, dass uns der Vulkan anbrüllt. - Nach fast drei Tagen ohne "Jet" jetzt eine dicke Überraschung. - Eine dreiviertel Stunde dauerte das, ziemlich genau mittags, dann war die Seniorenveranstaltung des Vulkans wieder vorbei und der Tremor sank sogar so weit ab, dass man sich bereits ernsthafte Sorgen um den alten Racker machen musste. - Der Tremor ist zwar wieder angewachsen, bleibt jedoch deutlich unter den Werten vor der punktuellen Reaktivierung heute Mittag. - Jetzt kommt er langsam wieder ins Gleichgewicht und nun müssen wir abwarten, ob er nicht nur gehustet hat, sondern auch gespuckt und damit meinen wir natürlich mehr Lava als sonst die vergangenen Tage. - Tagsüber kann man das ja schwerlich erkennen, aber am Verteiler erkenne ich nur leichten Qualm, nicht aber irgendwelche auffälligen Lavaansammlungen. - Aber ich kann natürlich nicht alles einsehen von unserem Standort aus.
Äußerlich erkennen wir am Krater jetzt weniger grauweißen Rauch dort, wo der Schlot für die Lava ist, über dem Krater weiterhin Wasserdampf. - Die Asche ist hinaus aufs Meer gezogen, ohne dem Tal noch eine Ohrfeige verpasst zu haben und es mag komisch klingen, aber ein solcher punktueller Ausbruch an Furie ist ein gutes Zeichen für uns. - Aus anderen Ereignissen auf den Kanaren wird immer wieder berichtet, dass einige der Vulkane sich mit mehreren solchen kurzen Episoden heftigster Aktivität verabschiedet haben. Bei aller Vorsicht, da unser Vulkan dann doch ein ganz besonderes Biest ist, die vorletzte Salbung mag ja näher als erhofft sein, aber vertraue niemals einem Vulkan, das haben wir doch bereits schmerzhaft gelernt. - Die Explosionen am Schluss der heutigen Vorstellungen erinnerten an die von eingedrungenem Wasser. Es kann natürlich auch sein, dass der Vulkan nach dem Absinken des Drucks über viele Tage sich auf einen Schlag von der großen Menge angesammelten Schlacke befreit hat, was auch die vielen pyroklastischen Bomben erklären würde, die der alte Stinker da heute aus sich heraus geschleudert hat. - Ob das nun alle paar Tage vorkommt, oder er nun langsam in sich zusammensackt, das weiß ich natürlich nicht, das werden wir die kommenden Tage oder gar Wochen mitbekommen. - Die Daten sind allesamt ohne Auffälligkeiten. Die Beben in kleiner Anzahl und schwach, die Deformation stabil, Gas SO2 ebenso und der Tremor hat eben diese extremem Ausschläge erlebt, welche sich jetzt wieder normalisieren. - Meine Frau meinte auch nur, der macht das bloß, damit du wieder was zu schreiben hast. - Wie wahr, wie wahr…
Solch eine Zeichnung hatten wir noch nie im Tremor seit Beginn der Eruption
Quelle: IGN
Die gemittelte Tremor-Amplitude macht ähnlich wirre Sprünge
Quelle: IGN
Endlich wieder ein aktuelles Bild in Open Data La Palma, welches leider auch die prekäre Situation in Las Norias aufzeigt und wohin die Lava jetzt unten auf der alten Lavazunge des Nambroque/San Juan zieht
Quelle: Open Data La Palma
Heute gegen Mittag in wilder Hatz
Gleiche Episode aus Tacande festgehalten
Quelle: Herbert Schaar
Der Krater nach dem "Vorfall", rechts eine Öffnung, aus der immer viel Qualm kam der den Fluss der Lavarinne anzeigte. - Jetzt so gut wie überhaupt nicht mehr zu erkennen. Links, also Richtung Norden, Tacande, neuer Rauch. Detail auf dem folgenden Bild:
Wir können nicht erkennen, ob das Lava ist, die übergelaufen war, oder Reste von pyroklastischen Bomben, welche dort auskühlen
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