Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell 12.10.2021 Vulkanausbruch

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Vulkantagebuch



13.10.2021 Tag fünfundzwanzig der Eruption


Mittwoch 13.10.2021 El Paso 07:00 Uhr

Schütteln und weitermachen
Wer fegen kann ist privilegiert


Das Leben ist keine Kehrschaufel. - Er bläst, er bläst. - Was irgendwie nach Moby Dick riecht, könnte man auch unserem Vulkan zurufen. Gestern Nacht gab es zwei Stunden mit richtig Krach, aber den Rest der Nacht hat er uns fast auffällig in Ruhe gelassen. - Wenn die Gase ohne Störung entweichen können, weil der Schnabel eben mal gerade geworden ist, oder einfach weniger ankommen, dann ist es ruhig. - Auch jetzt, und heute Morgen bin ich fast hochgeschreckt, vor lauter Ruhe. - Schnell raus, ob das Ding vielleicht aus ist, aber die Enttäuschung ist groß bis erwartet: Er bläst. - Es gibt keine direkte Relation zwischen den Geräuschen und der Menge der Lava, welche ausgestoßen wird. Der untere Strang der neuen Lavazunge scheint über Nacht auch nicht sehr viel weiter gekommen zu sein. Es ist im Dunkeln schlecht bis unmöglich einzuschätzen, auf welcher Höhe der Lavafluss sich gerade befindet. - Allerdings scheint der Camino Cumplido nach wie vor nicht eingenommen zu sein, aber das Gelände weiter südlich. Das bitte mit Vorsicht aufnehmen, alle Karten und Aufnahmen sind noch nicht frisch und es ist noch dunkel draußen.

Über Nacht gab es erneut ein paar Beben weniger. - Ein Ausreißer mit einem Hypozentrum von 4 Kilometer, der Rest der Beben bewegt sich aber weiterhin strikt im zweistelligen Bereich, ohne jegliche Tendenz flacher zu werden. - Deformation gleich geblieben, Tremor nimmt leicht wieder zu, bleibt aber in einem niedrigen Bereich. - Ich kann zwei Gasfahnen erkennen heute Morgen, aber auch am Hauptauslass der Lava scheint Gas mit zu entweichen, zum Teil schleudert das Gemisch diese mehrere Hundert Meter hoch. - Ab und zu zucken Blitze in der Aschewolke, aber mir ist es nicht gelungen, solch ein Ding einzufangen mit der Linse. - Ich habe auch keine Geduld für so etwas und wieder viel vor heute.

Es geht wieder den Kampf gegen die Asche aufzunehmen und meine Frau bremst mich bereits, wohl wissend, dass wieder neue Asche fällt und die Arbeit oft mehrfach gemacht wird. - Wir haben aber so viele Dächer, meist alte Giebeldächer mit Mönch und Nonne belegt und die sind absolut schwer von der Asche zu reinigen. Ist aber wichtig, denn sollte es regnen und die Ablaufkanäle verstopft sein, dann staut sich die Asche und damit auch das Wasser und kann rechts und links unter die Ziegel gelangen und damit auf die Innenseite des Dachs. - Also immer wieder mit dem Besen rauf, die Kanäle frei fegen und mancher Nachbar kennt mich schon nur noch von oben herab mit dem wichtigsten Utensil auf dieser Insel, wohl noch wochenlang. - Dabei blicke ich ab und zu in Richtung La Laguna und sehe das kurze Aufflammen eines Hauses, den Minutenbrand, bevor die Lava das selbst gelegte Feuer gnädig überdeckt. - Wir sind privilegiert. Wir haben noch Dächer die wir fegen und pflegen können und das mindeste dabei ist, dass uns die Arbeit ordentlich ins Schwitzen bringt. - Jede Krise hat ihre Therapieformen und an einem Besenstiel kann man sich prächtig festhalten.


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Seit Tagen etwa das gleiche Bild, keine Veränderungen in Epi- und Hypozentren, man hat sich eingebebt...




Mit gutem Willen meint man eine zarte, abnehmende Tendenz der Anzahl der Beben erkennen zu können Volcano Discovery




Sie kennen den Winkel schon, an der Palme meines Nachbarn vorbei gezielt





Mittwoch 13.10.2021 El Paso 18:00 Uhr

Kleine Wunder, große Zerstörung
Weiter bangen an der nördlichen Front


Der Vulkan will bislang einfach nicht bei Spar kaufen. - Auf dem Bild unten sieht man, wie sich die nördlichste Lavazunge fast provokant um den großen Sparmarkt im Süden La Lagunas herumwindet. - Eigentlich war der Lavazug direkt auf dem Weg dorthin, aber nicht immer läuft die Lava geradeaus. - Dann gestern der Schreck, die Lavazunge biegt auf den Camino Cumplido ein, stoppt aber dann nach vielleicht einhundert Meter. - Kleine Wunder, auf der Seite, Zerstörung auf der anderen, denn weiter südlich legt sich die Lava ohne Zögern über alle Häuser, Felder und Infrastrukturen. - Auch wissen wir nicht, ob das kleine Wunder Cumplido hält, aber immerhin besteht Hoffnung in der Ecke. - Hilfreich hierfür die Nachricht, dass nun im südlichen Teil des Kraters wieder Lava fließt. In die Lavazunge kommt also wieder Bewegung und ein Teil der Lava, welche sonst im Norden abgeflossen wäre, wohl dorthin gelangt ist. - Der Heilige Sankt Florian gerät also auch wieder in Entscheidungsnotstand. Die gemeldete südliche Aktivierung können wir aber von unserem Standort aus nicht verfolgen, wir können nur den nördlichen Teil sehen. Der Krisenstab meldet, dass der mittlere Lavafluss, welcher bislang als einziger in den Atlantik gelangt ist, nicht weiter von nachfließenden Lava versorgt wird. - So konzentriert sich nun die Gefahr auf die Außenbereiche der Zunge und das bislang fast ausschließlich am nördlichen Rand. - Im nördlichen Bereich steuert der Lavafluss jetzt auf den Camino Cabrejas und die Callejón la Morea zu. - Der Tremor sagt uns aber gleichzeitig, dass die Lavamenge nicht abnimmt, also wird es an beiden Seiten in den kommenden Tagen noch kritischer.

Der Vulkan selbst war heute relativ ruhig, ein paar Episoden mit "Gewitter", aber ansonsten scheinen die Gase ohne große Obstruktionen aus den Schloten zu kommen. - Wieder ein paar Beben weniger, ob sich da schon ein "Trendchen" erkennen lässt, das wage ich noch nicht zu sagen. - Die stärkeren Beben, heute sogar eines von 4,4 die finden in Tiefen über 30 Kilometer statt, zählen also eigentlich nicht zur logistischen Unterstützung der jetzigen Eruption. - Die Deformation nimmt bei LP03 zu, bei LP04 ab, auch daraus lässt sich kein Trend basteln. - Noch bleiben also die "Stammdaten" der Eruption konstant, mit der kleinen Hoffnung, das Abnehmen der Anzahl der Beben zwischen 10 und 14 Kilometer könnte ein Hinweis sein. - Das Wetter spielt weiterhin nicht mit, kein Azorenhoch, keine klare Windrichtung, es kann jederzeit zu Smog komme oder Ascheregen überall im Tal.

Pedro Sánchez war heute wieder auf der Insel und hat versprochen, noch sehr viel mehr Militär nach La Palma zu schicken. - Diese Soldaten sollen das Gewehr gegen Schaufel und Schubkarre tauschen und direkt der Bevölkerung dabei helfen, die Schäden des Vulkanausbruchs zu beseitigen der mindestens zu lindern. - Weiter heißt es, heute würden die ersten Ersatzwohnungen an Familien übergeben, deren Haus von den Lavamassen verschluckt wurden. - Hierzu hat der Spanische Staat ja auf dem Markt Wohnungen und Häuser aufgekauft, um denjenigen zu helfen, welche ihren Erstwohnsitz verloren haben. - Zusätzlich gibt es eine finanzielle Spritze von rund 30.000 Euro, es kann also zunächst weiter gehen. - Ob genügend Wohnraum für alle zur Verfügung gestellt werden kann, das wissen wir nicht, auch weil der Vulkan noch nicht abgelassen hat, weiteren Wohnraum im Aridanetal zu zerstören. - Eben zeigt mir meine Frau ein Video im Spiegel Online, in dem es heißt "Los Llanos de Ariadne" sei evakuiert worden. - Wir wissen nicht so genau, auf welchem Kontinent "Los Llanos de Ariadne" liegt, aber Los Llanos de Aridane ist auf keinen Fall evakuiert, dafür besteht auch kein Anlass. - Es geht wohl um die 700 Menschen, welche gestern aus Cruz Chica und Las Martelas evakuiert wurden, und diese Siedlungen gehören zum Gemeindegebiet Los Llanos. - Ein bisschen mehr recherchieren, bitte nicht ganz so heiß wie Lava die Nachrichten einfach rausjagen.




Heute ist OpenStreetMap wieder schneller als die anderen Anbieter




Der stärkere Tremor lässt darauf schließen, dass mehr Magma aus der Tiefe gefördert wird




Die Grafiken von Volcano Discovery gefallen mir heute besonders gut, sind es doch weniger Beben geworden



Die Lava fließt zunächst rund um den Sparmarkt, mal sehen, wie lange das gut geht









Familie Ingrid & Mathias Siebold
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