27.09.2021 Tag neun der Eruption
Montag 27.09.2021 El Paso 07:30 Uhr
Lava auf dem Weg zum Meer
Ab 02:00 Uhr gut geschlafen
Das Leben ist kein stiller Weg. - Meine Familie ist wieder bei mir, nachdem wir professionelle Amateure beschlossen haben, uns an den Vulkan zu gewöhnen. - Die Kinder müssen heute wieder weg, Arbeit und so unerbitterlicher Kram. - Mal sehen, ob das heute per Flugzeug geht, wie angekündigt, oder ob sie morgen ganz früh das Schiff nehmen müssen. - "Wenn der Vulkan kommt, dann kommen wir auch" sagten beide noch letzte Woche, haben Wort gehalten und uns beigestanden. - Gestern Abend machte der Vulkan wieder reichlich Krach und schleuderte Gase und glühende Gesteinsbrocken unvorstellbar hoch in den Himmel. - An Schlaf war kaum zu denken, so nah wirkte das Gewittergrollen. - Allerdings nahm dieser infernalische Krach plötzlich am frühen Morgen ab und wir konnten doch ein paar Stunden schlafen. - Auf der Grafik kann man dieses nächtliche Eingeständnis des Vulkans wunderbar nachlesen. - Leider muss zunächst offen bleiben, ob das auf ein Abnehmen der generellen Aktivität deuten lässt, oder ein Ausdruck für störungsfreien Transport von Gasen, pyroklastischem Material und Magma ist. - Ich meine, die Feuersäule über dem Hauptkrater sei nicht mehr so hoch, wie noch gestern, allerdings versteckt der dunkle Qualm Teile der herausgeschleuderten Glut. - Im Moment hört sich das wie ein Gewitter deutlich weiter weg an und Explosionen hat es ab 02:00 Uhr auch keine mehr gegeben. Hat natürlich auch immer was mit der Windrichtung zu tun, wie laut man Geräusche wahrnehmen kann. - Süd bis Südwest im Moment, in den Höhen auch kräftig, was zunächst für das Aridanetal eine Entlastung bedeutet, sowohl was den feinen Auswurf, den wir immer wohl fälschlich als Asche bezeichnen, als auch die Gase angeht. - Südwest könnte auch dem Flughafen gerade noch dienlich sein, allerdings wäre reiner Westwind nicht so gut.
Der Kern Todoques mit der Kirche, dem Nachbarschaftsverein und auch dem Consultorio sind nun unter einer ungewöhnlich dicken Lavaschicht verschwunden. - Es gibt reichlich Videos, auf denen der Fall des Kirchturms zu sehen ist und die Lava ist fast so hoch wie dieser. - Wir haben ja gestern noch lernen dürfen, dass diese frische Lava schneller ist, was man auch durchaus merkt und nun zieht der Lavastrom weiter gen Meer und ist wohl bereits auf Gemeindegebiet Tazacortes angelangt. Dort hat man nun reagiert und den Ortsteile San Borondón (gibt es wirklich, nicht nur die sagenumwobene Insel) Marina Alta, Marina Baja und la Condesa eine Ausgangssperre auferlegt, da man Gefahr durch austretende Gase für die Bevölkerung vermutet. - Könnte natürlich auch die Vorstufe für eine Evakuierung sein, aber so weit sind wir noch nicht. - Ob und wann nun die Lava auch das Meer erreicht, das können wir natürlich von unserem Standort aus nicht vorhersagen. - Allerdings ist die Lava mit bis zu 80 Metern pro Stunde jetzt sehr schnell geworden. Darauf wartet nun auch das Forschungsschiff "Ramón Margalef" des Ozeanografischen Institutes (IEO) welches gestern an unserer Westküste angekommen ist. - Die möchten die Auswirkungen von Lava auf die Meeresfauna- und Flora beobachten, sollte es denn zu dem erwarteten Showdown südlich der Playa Nueva kommen. - In dem ganzen Geschehen um den Vulkan sind jetzt die Opfer der Brandkatastrophe im Aridanetal aus dem August irgendwie komplett untergegangen. - Wir erinnern uns doch noch an diese, ebenso erschreckende Geschichte, welche allerdings nur ein paar Stunden dauerte, aber auch mit dem Verlust vieler Häuser endete. - Bei weitem nicht so vieler wie jetzt, aber für das Feuer interessiert sich jetzt niemand mehr und ich kann nur hoffen, dass die Geschädigten in Sachen Brand, die gleiche Zuwendung erhalten, die wir jetzt für die Geschädigten des Vulkans aufzubauen versuchen.
Die neueste Version der Karte von Copernicus ist da, klicken Sie auf das Bild und wählen dann aus
Hier der Tremor von gestern und wie er spät am Abend zu schriller Stärke zurückgefunden hat
Jetzt die neueste Grafik, fast könnte man meinen, der Spuk geht zu Ende
Beben finden im Moment eher im Süden der Insel statt, noch bewegt sich also was unter der Cumbre Vieja
Montag 27.09.2021 El Paso 08:20 Uhr
Plötzlich alles ruhig, sollte das bereits das Ende sein? - Wir wagen es noch nicht, daran zu glauben
Montag 27.09.2021 El Paso 10:00 Uhr
Bitte noch nicht feiern
Sondern nur bessere Laune haben
Das Leben ist kein Schülerball. - Alles was wir bislang wissen, dass momentan hinter der Cabeza de Vaca keine Eruption mehr stattfindet. - Auch der Tremor ist fast gänzlich verschwunden, allerdings nur fast. - Was nun beunruhigt ist, dass weiter im Süden der Insel, etwa auf der Höhe El Remo und Mendo, aber noch weiter oben, verstärkt Beben stattfinden. - In nur 2 Stunden an die 20 Beben zwischen 2,0 und 3,2 deren Hypozentren alle ziemlich genau auf 10 Kilometer Tiefe gemessen wurden. - Also etwa dort, wo auch der Beginn des Schwarmbebens vom 12.9.2021 die ersten Auffälligkeiten stattfanden. - Noch eine Woche vor der Eruption. - Das heißt weder, dass es zu einem erneuten Ausbruch kommt, noch dass es bereits vorbei ist. - Wir dürfen sicherlich zunächst erleichtert sein, da diese Eruption doch eine Pause bis Ende gefunden hat, aber die vulkanologische Krise unter La Palma und damit auch auf, die ist noch nicht vorbei. - Bleiben Sie weiter aufmerksam und hören weiter auf die Ratschläge der vielen Spezialisten und Ordnungskräfte, die wir hier auf der Insel haben und denen es zum großen Teil zu verdanken ist, dass trotz eines heftigen Vulkanausbruch in bewohntem Gebiet es bislang keine Verletzten oder gar Tote gibt.
Noch sehen wir keine Tendenz der Beben Richtung Oberfläche, aber irgendwas bewegt sich weiter unter der Cumbre Vieja und hat im Moment das Ventil an der Cabeza de Vaca nicht mehr in Gebrauch
Der Tremor ist fast vollständig zum Erliegen gekommen, aber nur fast
Montag 27.09.2021 El Paso 20:00 Uhr
Der Vulkan hat die Arbeit wieder aufgenommen
Bislang allerdings höchst unmotiviert
Das Leben ist keine Tarifverhandlung. - Den Tag über spuckte der Unaussprechliche vielleicht alle Viertelstunde ein großes Paket schwarzen Qualm aus seinem Hauptschlot, jetzt gegen 19:00 Uhr plötzlich begann das Donnergrollen erneut und man konnte wieder eine Flammensäule erkennen, welche heiße Gase und glühendes Gestein ausgeworfen hat. - Von unserem Standort aus könnte man meinen, das kam alles aus einem Schlot im hinteren, also von uns aus südlichen Teil des Kraters, aber wir können das nicht genau bestimmen. - Vorsichtig meine ich ebenso Lava erkannt zu haben, an der uns bereits bekannten Stelle im nördlichen Teil. - Allerdings in einer geringeren Heftigkeit in einem Vergleich zu gestrigem Treiben. Der Vulkan scheint zumindest angezählt. - Weitere seismische Bewegungen, welche allerdings noch nicht lokalisiert wurden, stimmen uns nicht so zuversichtlich. Wie es scheint, ist nur die Lieferkette des Magma unterbrochen. - Wieder können wir auch an dem Seismogramm des IGN erkennen, dass der Tremor bereits vor dem der eigentlichen Eruption begonnen hat. 17:05 beginnt sichtbar erneut das Zittern, aber die erste Eruption mit Feuer und Gestein begann gegen 19:00 Uhr. - Die Bodendeformationen bleiben stabil, weisen höchstens eine kleine rückgängige Tendenz auf.
Wie das nun in den kommenden Stunden oder Tagen weitergeht, das wissen wir nicht, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass wir noch weitere Tage oder gar Wochen mit dem Vulkan zu tun haben. - Es ist aber auch nicht falsch, sich Hoffnung zu machen, vielleicht haben wir ab jetzt mit einem weniger aktiven und explosiven Vulkangeschehen als zuvor. Der Lavastrom zieht weiter Richtung Meer, der heutige Stillstand tagsüber hat nicht zu einem Anhalten der Lava geführt. Vor ein paar Stunden wurde der Strom südlich der Montaña Todoque gemeldet, noch etwa 600 Meter Luftlinie vom Meer entfernt. - Bei 40 bis 60 Meter in der Stunde wird es also nicht mehr lange dauern, bis die erste Lava ins Meer gelangt.
Der Flugverkehr konnte heute wieder nicht aufgenommen werden, morgen will man es erneut versuchen. - Die Windrichtung war heute den gesamten Tag über Süd-Südwest und es herrscht zusätzlich auch noch leichter Calima. - Heute Nacht noch soll der Wind auf Nordost drehen, was dem Flughafen dann sehr dienlich wäre. - Ich habe heute den Tag über unsere Kinder so richtig ausgenutzt, wir haben die vielen Dächer vom vulkanischen Sand befreit. - Sagen wir eher, versucht zu befreien. - Wir haben keine Flachdächer, sondern alles Giebel mit Mönch und Nonne und bei den alten Dächern, welche bereits mit Flechten und Moosen bewachsen sind, ist das eine ganz schöne Plackerei. - Aber morgen fahren die Mädels ja wieder nach Gran Canaria, so mussten die heute noch mal richtig ran. - Das Wehklagen über die doofe Arbeit den Staub, Asche und Sand von den Dächern zu bekommen ist auch ein Luxusruf, denn wir haben noch Dächer, von denen wir was fegen können. - Viele andere würden da gerne mit uns tauschen. - Wir bleiben weiterhin gespannt und aufmerksam, aber der stinkende Kerl dort am Kuhkopf ist nicht unverwundbar und irgendwann geht dem auch dauerhaft die Puste aus. - Nachtrag gegen 20:15. - Jetzt kann man wieder große Mengen Lava erkennen, welche zumindest aus dem nördlichen Schlot austritt. - Auch der Krach und das Zittern haben wieder deutlich zugenommen.
Mal ein paar Stunden ohne Tremor, allerdings nicht ohne seismische Bewegungen
Kurz nach Reaktivierung gegen 19:00 Uhr
Volles Programm wieder ab 20:10 Uhr
Heutiger Arbeitsnachweis, die Besen werden knapp auf La Palma
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