06.11.2021 Tag neunundvierzig der Eruption
Samstag 06.11.2021 El Paso 07:00 Uhr
Dauerbetrieb oder Ausverkauf
Wenig Gase, etwas weniger Lava
Wir haben ja Wetten laufen, wann der Vulkan seine eruptive Tätigkeit beendet. - Auf dieser Liste ist heute der erste Tag, auf den ein Wettkandidat gesetzt hat. - So schlecht ist das gar nicht gesetzt, denn gegen Mitte November haben die allermeisten ihre Wahl gelegt. - In der Tat, der Vulkan hat auch seine Aktionen robust verändert und die "Grundlast" deutlich heruntergefahren. - Allem voran die Beben sind deutlich weniger geworden, auch in dieser Nacht wieder. - Allerdings macht der Tremor dabei nicht wirklich mit und auch dem Anschein nach, fließt weiter reichlich Lava aus dem einzigen Auslass im Westen des Kraters. Aber eben nicht mehr so viel, wie noch vorher, das meine ich an dem geringeren Niveau des Lichtscheins der glühenden Lava zu erkennen. - Also nicht gerade wissenschaftlich, aber ich blicke jetzt 48 Tage lang auf den Vulkan und glaube solche Unterschiede erkennen zu können. Den gestrigen Tag über kamen kaum Gase aus einem der aktiven Schlote, heute Nacht flogen wieder glühende Partikel aus dem Hauptschlot, allerdings in deutlich geringerer Menge und auch bei weitem nicht mehr so hoch, wie noch vor einer Woche. - Ab und zu stimmte auch der Schlot mit der Lava mit in das Feuerwerk ein, aber hauptsächlich blies lediglich der Hauptkrater Pyroklasten aus. Nun fragen wir uns natürlich alle hier, stellt nun der Vulkan lediglich sein eruptives Verhalten um, oder wird sein Lichtlein wirklich immer dünner und fader und erlischt dann in den kommenden Tagen? - Geht es rein nach den Beben, dann wird es eng um die Eruption, aber es kann genau so gut sein, dass plötzlich der Druck unter uns wieder steigt und damit auch die Gase wieder mehr von unten an die Gesteinsschichten "anklopfen" müssen. - Wir werden äußerst aufmerksam die Datenlage verfolgen und dem Vulkan ganz deutlich aufs stinkende Maul blicken.
Es gibt keine neuen Zerstörungsmeldungen aus der Nacht, wie es scheint schichtet sich weiter Lava auf Lava. - Die heißen Stellen sind erneut die zentrale Lavazunge, welche als einzige bis zum Meer reicht und der südliche Teil. - Rund um La Laguna ist es deutlich ruhiger, der Norden ist friedlich im Moment. - Ein paar Fumarolen erinnern an die Gefahr und gestern, immer wenn starker Wind aufkam, tanzten bis zu drei Windhosen über die von Lava bedeckte Zone. - Ich habe es nicht hinbekommen, Fotos davon zu machen, frage mich aber, warum gerade über der Lava so viele kleine Tornados entstehen. - Hat sicher was mit der Hitze und Thermik zu tun. - Da sind wir beim Wetter und das bleibt uns hold und endlich hat es ein Hoch über dem Nordatlantik mal geschafft, sich gegen ein, von Westen her anbrausendes Tief, durchzusetzen. - Der Wind kommt also weiter, im Tal auch in heftigen Böen, aus Nordost oder Ost und weht die Gase und auch die Asche hinaus auf den Atlantik. Dabei werden die Bewohner des Aridanetals zum Teil sandgestrahlt, also sollte man sich beim Aschefegen dann doch vielleicht mit einer Schutzbrille bewaffnen. - Die spanische Marine schickt jetzt richtige Landungsboote, in einer Größe, die auch LKW und damit Fracht aufnehmen können. - Die werden von einem Mutterschiff vor der Küste Puerto Naos ausgebootet und sollen so die Arbeiter für die Bananenplantagen absetzen und danach auch die Fracht aufnehmen. Soldaten, die was besseres zu tun haben als Krieg, im Dienst der Gemeinschaft, was für ein schöner Tag.
Einer meiner "vulkanologischen Berater" (man hört sich das solvent an...) hat mir ein interessantes wie schonungsloses Video eines Gespräches unter God- und Pensionsfathers of Canarian Vulcanos geschickt. - Juan Carlos Carracedo und Val Troll sitzen nach einer Visite des Vulkans im Auto und parlieren trefflich. Keiner von beiden verrät uns in dem Gespräch das Datum des Endes der Eruption, aber sie kommen zu einer klaren, wie ebenso drastischen Einschätzung der Situation für die Bewohner des südlichen Teils der Insel. - Zusammengefasst ist es der Preis für die wunderschöne Zeit und Lage, die wir im Aridanetal verbringen dürfen, dass wir alle paar Jahrzehnte von einem Vulkan heimgesucht werden. - Wer so viel verlangt, im Paradies wohnen zu wollen, der muss eben auch was dafür riskieren. - Man sollte halt irgendwie die Angelegenheit mit den Versicherungen mittel- oder langfristig klären, dann wäre das schon ein akzeptables Ding, nur alle 50 Jahre verschüttet zu werden. - Wie gesagt, aus dem Gespräch zusammengeklaubt und natürlich haben die Beiden recht. Allerdings fürchte ich mal, dass keine Versicherung, auch das jetzt greifende staatliche Konsortium, auf die Dauer solche Schäden bezahlen will. - Eigentlich wollte ich ja vor dem Ende der Eruption nicht über die möglichen Konsequenzen spekulieren, die wir alle für die Zukunft zusammentragen müssen, aber ein bisschen klingt das nach der Vertreibung aus dem Paradies. Es sei denn, man kann es sich leisten. - Auf jeden Fall wird das Paradies ein bisschen teurer und enger. - Darum schielen viele Leute heute schon gen Norden der Insel, Immobilienmakler und Touristikmanager inbegriffen und auf El Hierro soll es auch wunderschön sein. - Auch Mist, war da nicht auch mal was mit einem Vulkan?
Wann hatten wir das mal. - Eine ganze Nacht auf einer Seite Beben...
Quelle: IGN
So kann man es auch ausdrücken
Quelle:Volcano Discovery
Der Tremor ist zwar deutlich geringer geworden, allerdings geht das nicht parallel mit dem Nachlassen der seismischen Aktivität in rund 10 Kilometer Tiefe
Quelle: IGN
Samstag 06.11.2021 El Paso 19:00 Uhr
Den Umständen entsprechend hervorragend
Die ersten Leute fallen von den Dächern
Man kann es nicht genug hervorheben, der Vulkanausbruch, so zerstörerisch er auch gegenüber unserer Infrastruktur war, hat bislang keine Menschenleben gefordert. - Nicht mal Verletzte gab es bislang, zählt man die so genannten Kollateralschäden nicht mit. - Die gab und gibt es nämlich wohl und jetzt erfahren wir auch, dass es, neben Covid, ein neues Bild in der Notaufnahme des Krankenhauses gibt. - Knochenbrüche, Abschürfungen und Prellungen haben deutlich zugenommen und besonders in den letzten Tagen. Das hat was mit dem Wetter zu tun, denn endlich sehen viele Menschen den Zeitpunkt gekommen, sich um die Dächer ihrer Häuser zu kümmern. - Der Wind bläst recht zuverlässig aus Nordost-Ost und so ist in den kommenden Tagen nicht damit zu rechnen, dass erneut Ascheregen im Tal droht. - Also rauf auf die Dächer und runter mit dem Staub und da wir nach den knappen sieben Wochen Vulkan schon nicht mehr ganz so fit auf den Beinen sind, fallen einige dieser Dachspezialisten einfach wieder runter. - Mir ist das fast ein paar Mal passiert, aber ich habe ja inzwischen meine eigene Geschwindigkeit gefunden und konnte mich immer wieder stabilisieren. - Manche Leute standen auch noch nie auf ihrem Dach und sollte es sich um ein steiles Giebeldach handeln und man das System mit den, meist locker aufgelegten Mönchen nicht kennen, dann ist das ein gefährliches Unterfangen. - Leider sind die Spezialisten für solche Aufgaben knapp im Moment, weiß gar nicht warum, also muss man das meistens selber machen und da ist äußerste Vorsicht angesagt. - Wir können uns auch Zeit lassen, der nächste Regen ist nicht vor Mitte des Monats angezeigt und das auch noch nicht reif für eine genaue Vorhersage.
Der Vulkan spuckt heute den ganzen Tag bereits dicken, schwarzen Qualm aus, der Asche über das eigene Lavafeld legt. - Es scheint fast so zu sein, als käme der schwarze Qualm mit der Asche allesamt aus Robin, dem kleineren Vulkankegel im Südosten hinter dem Hauptkrater. - Auch kommt weiter reichlich Lava aus dem bereits seit Wochen nun bekannten Schlot auf der Westseite des Hauptkraters. - Zwar scheint es, nicht nur nach dem Betrachten des Tremors, weniger als die Wochen zuvor zu sein, aber wir wollen nicht weniger Lava nicht weniger Beben, sondern gar keine Lava mehr und gar keine Beben. - Damit sind wir beim Thema der letzten drei Tage, welche ja diesen signifikanten Wechsel im Verhalten des Vulkans am stärksten anhand der deutliche geringeren seismischen Bewegungen demonstriert. - Auch heute wieder, weniger Beben, aber wohl schon auf dem gleichen Niveau wie gestern. Das ist nicht schlecht, alleine dieses Stabilität reicht heute auch wieder aus, einen Treffer für uns zu markieren. Die anderen Werte sind gleich geblieben, sowohl die Geschichte um die Ausgasung und ebenso der Tremor zeigt keine weiteren Änderungen. - Auffallend ist ein erneuter starker Anstieg des Bodens im Raum Jedey, wo die Station LP03 10 Zentimeter nach "up" meldet. - Aber auch das kennen wir bereits, schon zweimal gab es dort solch starke Anstiege, da diese Messstation sehr nah am aktuellen Ausbruchsort liegt. Wie auch in beiden Episoden zuvor erwarten wir für morgen bereits wieder ein Nachlassen der Deformation. - Beunruhigend wäre das, wenn die anderen Messstationen ebenso Anstiege aufweisen würden oder die Beben erneut stark zugenommen hätten. - So aber bleibt das wohl ein sehr lokales Ereignis, geschuldet der besonderen Lage der Messstation.
Vom Krater aus fließt auch heute wieder die Lava auf Lava, bald wird man ein bisschen ungeduldig, wie lange denn so etwas gut gehen kann. - Auf beiden Seiten des großen Lavastroms würden sofort wieder Häuser und Anwesen zerstört und deutlicher Schaden angerichtet, was eben in den letzten drei Tagen, mit ganz wenigen Ausnahmen, nicht geschehen ist. - Wir sind auf einem guten Weg und wir müssen wohl geduldig bleiben, so ein ganz einfaches und schnelles Ende wird uns dieses Monster wohl nicht gönnen.
Der Tremor bleibt im unteren Drittel. - Man kann auch hier ganz gut die ausgedünnten Beben erkennen
Quelle: IGN
Die berühmte Tremor-Amplitude und die X-Achse für ein U...
Quelle: IGN
Weniger Beben drückt Volcano Discovery so aus
Quelle:Volcano Discovery
10 Zentimeter an einem Tag, wäre beunruhigend, aber inzwischen wissen wir ja warum und morgen wird das wohl wieder nach unten gehen
Quelle: IGN
So sah das heute den ganzen Tag aus
Immer noch reichlich Lava am Fuß des Kraters
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