Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell 17.10.2021 Vulkanausbruch

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Vulkantagebuch



17.10.2021 Tag neunundzwanzig der Eruption


Sonntag 17.10.2021 El Paso 07:00 Uhr

Der, der nicht genannt werden darf, feuert aus allen Rohren
Vier Wochen und immer noch kein Erbarmen


Das Leben ist kein Bahnsteig 9¾. - Arbeitsname Olaf und warum zur Teufelin haben alle Vulkane männliche Rufzeichen? - Die Nacht fing ziemlich ruhig an, der zweite Schlot im Süden schien ja zunächst gute Arbeit zu verrichten. - Im Laufe der Nacht nahm die Aktivität des Vulkans dann wieder deutlich zu und ab Mitternacht feuert der Vulkan aus allen Rohren und schickt unverschämt viel Lava in den nördlichen Strom. - Enrique scheint noch der einzige zu sein, welcher einen etwaigen Überblick hat, wann, wo und wie welcher Lavastrom noch aktiv ist, oder wieder zu fließen beginnt. - Ein stärkeres Beben gegen kurz nach zwei Uhr machte uns dann alle wach und wir mussten mit ansehen, wie in der unteren Region Camino Cumplido (eine obere Region gibt es nicht mehr) erneut rot glühende Lava ihren vernichtenden Zug weiter fortsetzte. - Gestern noch gab es Hoffnung, der dortige Fluss sei zum Erliegen gekommen, aber der viele Nachschub an Lava hat eben auch diese Hoffnung zunichte gemacht. - Um diese Uhrzeit gibt es noch keine neuen Karten und es ist auch noch dunkel, also müssen wir abwarten, bevor wir genau wissen, wo sich denn nun die Spitze des Lavazugs befindet und welcher Seitenarm aktiv ist. - Ein Lavafluss scheint sich in Richtung Atlantik zu bewegen, was uns dann ein bisschen Hoffnung schenkt. Es könnte sich eine neue Lava-Autobahn bilden, welche dann vom Krater bis zum Meer die Lava direkt schickt, ohne eben sich weiter an die Ränder auszubreiten. - Das hat mit dem Hauptstrom ein paar Tage recht gut funktioniert, bis eben dann der "verdammte" Schlot an der Nordflanke des Unaussprechlichen die Hauptrichtung der Zerstörung verändert hat. - Den neuen Schlot im Südosten konnten wir heute noch nicht beobachten, allerdings scheint immer noch keine Lava dort auszutreten, so wird das wohl keine Entlastung für La Laguna bieten.

Die Daten sind schnell abgehandelt. - Weniger Beben, auch weniger in den großen Tiefen. - Diese sind allerdings meist von höheren Magnituden unterlegt. - Ein paar Beben jetzt auch knapp unter der 10 Kilometer-Marke, allerdings kann man daraus noch keine generelle Tendenz der Hypozentren nach oben basteln. - Epizentren bleiben weiter rund um den Nambroque verteilt, hauptsächlich in den Gemeindegebieten Mazo und Fuencaliente. - Deformationen wie gestern Abend, noch keine neuen Daten, ebenso wenig über das ausgeschiedene SO2, welches immer in der Pressekonferenz der Pevolca genannt wird. - Da habe ich nun die Frage, wo geht das denn alles hin, da die Luftmessstationen uns fast immer allerfeinste Luft versprechen. - Leider scheint die Station ein El Paso überhaupt nicht mehr zu senden, oder aber der Kollege, welcher den Strom wieder einschaltet, der arbeitet erst Montag wieder. - Auffällig ist, dass oft trotz ziemlich stinkiger Luft, die Stationen nur eine geringe Verunreinigung anzeigen. - Oft ist der SO2-Wert in Puntagorda gar höher als bei uns im Tal. - Gut, wir wissen um die komplizierten Windströmungen, wenn die Westseite in Lee ist, aber gestern Morgen zum Beispiel, konnte ich kaum glauben, gute Luft zu atmen. Leider bleibt das Wetter weiter absolut unvorhersehbar. - Kaum Wind und wenn, dann dreht der immer wieder und schickt die Asche und den Qualm mal hier oder dort hin und die Inversion hält das ganze stinkige Zeug auch noch gut am Boden fest. - Frühestens Mitte kommender Woche haben wir eine Chance auf eine Rückkehr unseres geliebten Nordost-Passats und auch da können wir uns noch nicht sicher sein, dass der "Beste aller Winde ever" sich nicht erneut von einem garstigen Tief aus Westen beeindrucken lässt. - Hier ein Video vom Cabildo Insular und TicomSolucions, 13 Minuten Suchspiel, wo bin ich und wo war mein Haus. - Nicht für Leute mit schwachen Nerven und Eigentum in der betroffenen Zone




Immerhin versucht es Enrique weiterhin, uns Überblick zu verschaffen. Danke dafür
Quelle: VolcanesYCienciaHoy




Insgesamt weniger Beben, die dicken Klopper sitzen alle ganz tief
Quelle: IGN




Die Zahl, Magnituden und Tiefen der Beben chronologisch aufgearbeitet
Quelle:Volcano Discovery





Wer noch einen Beweis braucht, dass es zwei Ausbruchsstellen gibt: Bitte sehr
Quelle: Dr. Andreas Klügel





Sonntag 17.10.2021 El Paso 17:30 Uhr

Ein Ständchen zum Geburtstag
Reggaeton ist nichts dagegen


Nach einem ziemlich ruhigen Morgen mit reichlich Westwind und daher keiner neuen Asche bei uns, meldete sich der Unbenannte mittags mit deutlichen Drohungen. - Wummern, Explosionen, Zittern, fast wie in den besten Zeiten, als wir wirklich Angst bekommen haben. - In der ersten Woche, als die Gewöhnung an einen Vulkan noch nicht wirklich gegeben war. - Allerdings war sein eigenes Geburtstagständchen nicht so kraftvoll wie noch an dem denkwürdigen Freitag den 24.9.2021. - Ein bisschen gedrückte Stimmung scheint den üblen Täter zu zwicken, ganz so kraftvoll waren weder die Explosionen, noch das Wummern um die Fenster im Kitt vibrieren zu lassen. - Ist er alt geworden? - Es hat allemal gereicht, um den sonntäglichen und calimabedingten Mittagsschlaf zu verhindern, aber Mitleid hatte ich nicht wirklich. - Dann lade ich mir die neueste Grafik des Tremors aus der Geo-Schmiede des IGN herunter und mit ein bisschen Fantasie und Hoffnung sinkt die Wucht des Tremors dort auch für weniger Gläubige sichtbar. - Leider bleiben Beben und die Deformation stabil, von den Gasen war heute bislang noch nicht wieder was zu erfahren. - Der dichte Qualm, eine unangenehme Mischung aus Asche, Schwefel, CO2, Wasserdampf und Calima, machen eine genauere Beobachtung der Ausschüttungen am Vulkan unmöglich. - Man kann sie nur ahnen, die Gasfahne und die pyroklastischen Partikel, welche jetzt am späteren Nachmittag wieder ohne größere Lärmbelästigung aus dem Schlot gelangen. - Lava kann man so gut wie gar nicht erkennen, allerdings lehren uns die früheren Beobachtungen, dass feiner weißer Rauch den Fluss der Lava direkt aus dem Krater bezeugt. - Aber ich könnte schwören, oder vielleicht auch nur hoffen, das sei viel weniger, als noch heute Nacht.

Dort, wo der Camino Cumplido liegt, also das südliche Einfallstor nach La Laguna, dort kann man zwar ein, manchmal zwei Rauchfahnen erkennen, aber nicht wirklich, ob die Lavazunge dort unangenehme Fortschritte macht. - Auch das vorliegende Kartenmaterial gibt nicht viel dazu her, Sonntag bleibt eben Sonntag, für Vulkane wie Vulkanologen und mir soll es recht sein, verschiebe ich eben den neuen Beseneinsatz auch mal eine halbe Stunde nach hinten. - Forsch soll es allerdings in Sachen "Meerfall" gehen, es heißt, es seien keine 200 Meter mehr für den nördlichsten Versuch, die Lava in den Atlantik zu schicken. - Das könnte also heute Abend noch der Fall sein und was für die Leute weiter oben Hoffnung bedeutet, nämlich ein schnellerer Abtransport der Lava nach unten, bedeutet für die Anwohner Gefahr in Form von Gasen. - Salzsäure bildet sich wohl beim Kontakt der heißen Lava mit dem Salzwasser und in dem Dampf, der da aufsteigt, sollte man besser keine Schnappatmung machen. - So droht manchen Zonen Tazacortes wohlmöglich ein erneuter Stubenarrest, so wie das auch beim ersten Kontakt der Lava mit dem Hauptstrom war, als sich das jüngste Stück Spanien an der Playa de los Guirres bildete. - Da scheint es überhaupt nicht mehr voran zu gehen und wir wissen ja auch warum, der Nachschub an Lava wird momentan komplett im Bau der Nordtrasse verschwendet. - Darum bleibt ja immer noch die Hoffnung, die gestern noch gesichteten Fumarolen an der Westflanke des Kraters könnten eine neue Öffnung in die Richtung bedeuten und dann die Lava auf das alte, bereits oberflächlich erkaltete Bett aus Lava schicken. - Von dem neuen Schlot im Südosten haben wir den ganzen Tag über nichts mehr gesehen oder gehört, von dort erwarten wir also keine Entspannung für die "Nordfront" mehr.

Ein bisschen Statistik noch, die Zahlen stammen von der Inselregierung, Cabildo Insular der La Palma: 750 Hektar Fläche hat die Lava bislang zwischen Kuhkopf und Atlantik bedeckt und der Lavastrom ist 7,2 Kilometer lang und an der breitesten Stelle 2,3 Kilometer stark. - 850 Wohngebäude sind zerstört, 1800 Gebäude aller Art insgesamt. - Rund 1.300 Menschen haben ihren einzigen Wohnraum verloren. Daran kann man auch erkennen, dass eine große Zahl der zerstörten Wohngebäude nicht als einziger und/oder Erstwohnsitz genutzt wurde. - Wie viele neue Wohnmöglichkeiten jetzt tatsächlich für Menschen bereitgestellt werden müssen, die nicht in ihre Häuser zurück können, diese Zahl wurde noch nicht genannt. - Allerdings gibt es darüber hinaus noch viele Menschen, die nicht mehr in die direkte Umgebung der betroffenen Zone zurück wollen oder in der "Klemme" sitzen, da ihr Haus wohl noch steht, aber nicht mehr erreichbar ist. - Eine Schätzung geht davon aus, dass der jetzt tätige Vulkan bereits an die 100 Millionen Kubikmeter Lava ausgespuckt hat, andere Quellen sprechen von 75 Millionen. - Die wichtigste Zahl aber zum Schluss, Null Personen verletzt, null Personen gestorben, man hat also bei weitem nicht alles falsch gemacht! - Einen Überblick, wie viele Haus- und Nutztiere bei dem Ausbruch umgekommen sind, das wissen wir nicht, auf jeden Fall bemüht sich ein Veterinärteam samt Helfer auf dem überdachten Sportplatz an der östlichen Einfahrt nach Los Llanos um versprengte Haustiere. - Nutztiere sind eher in El Paso untergekommen, auf der Koppel, wo sonst jedes Jahr der Viehmarkt stattfindet, Cruz de Las Canales.




Müde oder einfach nur mal einen Gang runterschalten
Quelle: IGN




Solche Karten bekommt nur einer hin: Enrique
Quelle: VolcanesYCienciaHoy








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