24.10.2021 Tag sechsunddreißig der Eruption
Sonntag 24.10.2021 El Paso 06:30 Uhr
Wo geht all die Lava hin?
Oben Zirkus, unten Dampf
Die Geschichte mit weniger Aktivität tagsüber hatten wir ja schon und auch schon wieder verworfen. - Rein subjektive Angelegenheit und dann kommt die nächste große Frage, wo geht die Lava denn seit drei Tagen hin? - Es fließen weiter große Mengen aus einem Schlot an der Nordflanke. - Vier Schlote können wir insgesamt sehen, der little helper Robin eingeschlossen, spucken die anderen Gas, Dampf, Staub und Asche. - Im Verhältnis meint man, es käme sehr viel mehr Gas als anfänglich und in Relation dazu, weniger Lava. - Betrachtet man den Tremor allerdings, dann bestätigt sich das nicht, aber dort erkennen wir auch einen ständigen Wechsel zwischen hoher Aktivität und ruhigeren Phasen. - Die Ablaufrinne, der fast geschlossene "Tubo vulcánico", mit dem die meiste Lava abtransportiert wird, scheint zu klein geworden zu sein. - Immer wieder schwappen große Mengen an Lava über und verschanzen dabei die Ablaufrinne nur noch weiter. - Gestern sah es für Stunden so aus, als würde sich eine weitere Austrittsöffnung für Lava im westlichen Teil des Kraters öffnen. - Dort floss auch Lava heraus, allerdings strömte diese auch wieder in den nördlichen Ablaufkanal. Kurze Zeit später war der neue, kleine Schlot auch wieder geschlossen. - Das "Weiße Zeug" ist auch wieder aufgetaucht, als pulveriger Auftrag unterhalb der Gasschlote und da noch keine Proben gezogen wurden,weiß man auch nicht wirklich, aus was das besteht. - Nächste Erklärung lautet: Schwefelige Verbindungen die aus den Fumarolen der Umgebung stammen und vom Wind in bestimmte Formationen und Ecken getragen wird. - Geben wir uns mal damit zufrieden, denn in dem Satz steckt auch das wichtige Wort Wind. - Noch hadern wir ein bisschen mit der Zuverlässigkeit des Passats und in der Tat, es hat sich immer noch kein stabiles Hoch auf dem Nordatlantik aufgebaut, welches uns dauerhaft und ohne Störungen den Nordostwind schicken und schenken könnte. - Aber bislang hat es funktioniert: Seit drei Tagen ist keine neue Asche nördlich des Kraters mehr runter gekommen und dort wohnen 95% aller Menschen auf der Westseite.
Jetzt steht die Frage noch aus, wo geht denn die Lava im Moment hin? - Tagsüber erkennen wir sowieso keine fließenden oder glühenden Ströme. - Nachts ganz wenige, seit drei Tagen auch wieder scheint der gesamte Komplex mindestens ins Stocken, wenn nicht gar zum Stehen gekommen sein. - Lediglich in der Zone östlich von Todoque, konnten wie heute Nacht glühende Lavabrocken sichten, die anderen Zonen, auch in La Laguna, waren ohne jegliche sichtbare Glutnester ganz im Dunkel gelegen. - Aber wir sehen den Feuerschein der abfließenden Lava auf der Nordseite und die ersten, vielleicht 500 Meter der Lava den Weg nach Westen einschlagen, welcher letztendlich ins Meer führen sollte. - Es wird vermutet, dass seit Tagen nun, also seit der Schreckensnacht von La Laguna, 20.-21.Oktober, die meiste Lava in ein sehr umfangreiches Tunnelsystem unter der zum Teil schon stark abgekühlten Oberfläche fließt. - Das klingt zunächst mal gut, weil ungefährlich und noch besser wäre es nun, wenn das ganze Zeug die Fische im Atlantik erschrecken würde und nicht uns. - Allerdings befürchtet man nun, dass diese Lava wie ein Reservoir in allen vier bekannten Zungen neuen Druck aufbaut und schließlich dazu führen könnte, das die jetzt fast zum Stehen gebrachten Flüsse wieder neuen Schwung erhalten. - Was für diese These spricht, sind die weißlichen Fumarolen, welche man tagsüber an einigen Stellen auf der, scheinbar bereits erstarrten Oberfläche, der diversen Lavazungen sehen kann. - Da bislang erst einer dieser Lavaströme das Meer erreicht hat, ist auch kaum damit zu rechnen, dass der ganze Druck, der "hinten" vom Krater her mit flüssiger Lava aufgebaut wird, sich ins Meer entladen kann. - Leider sind die Daten, außer dem ständig sinkenden Ausstoß von CO2 (gestern 623 Tonnen) nicht wirklich mit hoffnungsvoller Anmut bekleidet, das Ding steht auf Dauerlauf und drückt von hinten so viel Lava rein, dass es vorne irgendwann wieder rauskommen muss. - Irgendwie denke ich jetzt gerade an eine fette Mettwurst, die kunstvoll in Schweinedarm gepresst wird und dem unvorsichtigen Fleischergesellen vorne wieder aus der Pelle spritzt. - Es wird Zeit, dass ich Frühstück bekomme…
So sieht unregelmäßiger Arbeitseinsatz aus. - In der Tat spüren wir auch die vielen Veränderungen. - Mal kracht und jodelt es, mal ist ganz ruhig, mal steigen fade weiße Qualmfahnen auf, mal dicke schwarze Schwaden, die mehrere Kilometer hoch steigen
Quelle: IGN
An Bodennähe Nordost, das ist schon mal gut, aber in den oberen Luftschichten stecken viele Überraschungen. - Grafik vom besten Wetterportal aller Zeiten: Wetterzentrale
No name, no shame
Vulkan zu verschenken, nur Selbstabholung!
Sonntag 24.10.2021 El Paso 17:30 Uhr
Robin spuckt Lava und schmeißt mit Steinen
Die Front im Süden ist wieder offen
Ob das nun das Geburtstagsständchen für den, dessen Namen man nicht ausspricht ist, oder eine komplett neue Runde der Eruption eingeläutet wird, das wissen wir noch nicht. - Auf jeden Fall spuckt nun auch der Krater im Südosten Lava und entlässt diese südlich und vielleicht fünfzig Meter höher, als der Schlot des alten Kraters. - Die neue Lavaspur zieht sich nun südlich um den Kegel rum und kommt auch wieder in der Himmelsrichtung des bisherigen Stroms in Richtung San Nicolás. - Dort ist aber alles meterhoch mit Vulkanasche belegt, so dass diese neue Lavazunge nur ganz langsam vorankommt, heißt es. - Mit dieser neuen Aktivität, welche vom kleineren Krater alleine auszugehen scheint, nehmen seismische Aktivität und akustische Begleiterscheinungen stark zu. - Es erinnert an die erste Woche der Eruption, als viele Leute alleine schon wegen des Krachs das Tal verließen. - Der Tremor ist darüber hinaus sehr stark, so dass man still sitzend oder besser liegend meint, das Magma unter der Erde fließen zu spüren. - Es handelt sich dabei eben um Tausende an kleinen Beben, welche man in der Masse dann schon wahrnehmen kann. - Auch die Magnituden der größeren Beben haben zugenommen. Waren bislang die Werte zwischen 2,5 und 3,2 so erreichen viele der Beben jetzt höhere Werte von 3 bis 3,7. - Die Hypozentren weiterhin zwischen 10 und 14 Kilometer, tiefere Beben werden wieder seltener, sind aber meistens sogar noch stärker, also über 4. - Ob nun die vielen und stärkeren Beben damit zu tun haben, dass am Krater wieder kräftiger gearbeitet werden muss, um Gase, Gestein und Lava los zu werden, das vermuten wir einfach mal, ohne dafür Gewissheit zu haben. - Eine weitere offene Frage ist auch, ob nun der Abfluss ein Teil der Lava in den Süden den Druck auf den Norden sinken lässt, oder ob man weiter in La Laguna zu abwarten und schwitzen verdammt ist.
Es ist wieder unangenehmer geworden im Umkreis des Vulkans, zu dem stärkeren Tremor kommen eben auch ab und zu wieder Explosionen dazu, welche die Laune an einem Sonntagnachmittag gleich noch mal heben. - Ascheregen ist auch wieder mit von der Partie gewesen, aber bislang recht moderat, das fege ich morgen auf einer Backe in ein paar Stunden mit meinem angespitzten Therapiebesen zusammen. - Im Moment ist halt wieder Windstille und so schafft niemand diese dunkle, schwarze Wolke über unseren Köpfen weg, die reichlich Asche und Gase mit sich bringt. - Die Daten lauten also wie folgt: Deutlich mehr seismische Aktivität, Tremor füllt fast das gesamte Anzeigefenster aus und im Aridanetal braucht man keine Rüttelbetten mehr. - Die Bodendeformation steigt bei der LP03 erneut leicht an, nimmt aber in den anderen Stationen leicht ab. - SO2 Ausschüttung wieder deutlich geringer, nachdem man gestern noch mit über 30.000 Tonnen um sich geworfen hat, meldet man heute ein Zehntel davon. - Dafür ist wieder mehr CO2 ausgestoßen worden, anstatt der 623 Tonnen, welche für vorgestern gemeldet wurden, erfahren wir in der Pressekonferenz des Krisenstabes von 799 Tonnen gestern. - Es gibt also am Geburtstag des namenlosen Berserkers keine wirklichen Anzeichen, auf welche wir so dringend warten. Darum bringen wir nun auch kein Ständchen aus, allerdings würden wir gerne seine 5 Kerzen für die 5 Wochen ausblasen. - Mit der Gewissheit, damit dem Vulkan mal so richtig gegen das Schienbein getreten zu haben, lasse ich nun den Sonntag selbstgerecht ausklingen…
Fast erklimmt die gemittelte Tremor-Amplitude Höhen wie in der ersten Woche
Quelle: IGN
Auch der fast Anzeigen füllende Tremor erinnert an Zeite noch im September
Quelle: IGN
Der bisherige Krater ist heute zeitweise kaum aktiv, der dunkle Qualm stammt von dem, von unserem Standort aus nicht einsehbaren kleineren Krater, den wir Robin getauft haben. - Der schmeißt jetzt auch mit Lava, allerdings können wir von hier aus nicht sehen, wohin und in welcher Menge. - Vielleicht verrät uns ja der Feuerschein heute Nacht, ob der Süden wieder in Gefahr ist
An den vielen Fumarolen der Flanke setzt sich immer mal wieder das "Weiße Zeug" ab, verschwindet dann aber mit Wind schnell wieder oder wird von neuer Asche abgedeckt
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