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13.11.2021 Tag sechsundfünfzig der Eruption
Samstag 13.11.2021 El Paso 07:00 Uhr
Kaum noch Gase aber immer noch Lava
Nichts gehört und nichts gespürt diese Nacht
Ich habe trotzdem nicht gut geschlafen. - Vielleicht war es zu ruhig und wir haben uns schon an das Wimmern, das Wummern, das Brausen, das Heulen und unser eigenes Zähneklappern so gewöhnt, dass Stille im Tal jetzt nicht gerade Schlaf fördernd wirkt. - Macht nichts, wir werden uns auch an die Zeit nach dem Vulkan gewöhnen, Menschen schaffen das. Wir sind wohl nah am Ende der Karriere des namenlosen Unholds und wer jetzt erst kommt, den Vulkan zu gucken, der tut mir ein bisschen leid. - Sicher, die Lava fließt weiterhin gut sichtbar nachts die ganzen 7 Kilometer vom Krater bis zum Meer, aber die großen Gasfahnen und das musikalische Gesamtkunstwerk scheinen vorbei zu sein. - Kaum noch sieht man pyroklastisches Material über den Kraterrand gelangen und wenn es dann einmal eine Fontaine gibt, dann reicht diese nicht mal mehr 50 Meter in die Höhe. Der Druck ist wohl raus und auch der Bebenschwarm in der Tiefe vor nunmehr 3 Tagen war wohl nicht in der Lage, den Druck wieder aufzubauen. - Heute Nacht gab es erneut einen solchen Bebenschwarm, aber viel kürzer und kompakter. 14 Beben, alle innerhalb von 15 Minuten und mit Stärken von 2,6 bis 3,3 in den bereits bekannten Tiefen zwischen 30 und 40 Kilometer, danach wieder Ruhe. - Ob dort die "Stühle hochgestellt" werden, oder der Nachschub für den Kuhkopf zusammengestellt wird, letztendlich wissen wir das nicht, aber nach der Erfahrung von vor drei Tagen, erleben wir solche Ereignisse jetzt deutlich ruhiger. Nimmt man diese tiefen Beben raus, dann gab es zwischen 18:00 Uhr und jetzt 06:00 Uhr nur ein einziges seismisches Ereignis noch in unserem Raum, ein Beben 2,1 unter Fuencaliente um kurz vor eins.
Wir bleiben dennoch etwas angespannt, wenn auch viel zuversichtlicher. - Ich habe seit vorgestern wieder begonnen, meinen Garten zu bestellen und war hoch erfreut, dass zumindest ein Lieferant der landwirtschaftlichen Szene doch noch Setzlinge bestellt hat. - Endlich konnte ich wieder Zwiebeln pflanzen und überhaupt, den halben Garten habe ich inzwischen umgepflügt. - Mit der Guataca, nicht mit dem Motorpflug und mal sehen, ob die nun eingearbeitete Asche zusammen mit dem abgelagerten Kompost für Freude im Rattattattatouille sorgt. - So nennen wir unser Alltagsgericht nach Garten aufräumen. - Alles was da irgendwo an einem Pflänzchen hängt, aber kein eigenständiges Gericht mangels Masse abgibt, das wird zu einem leckeren Eintopf verkocht, der ähnlich vor 40 Jahren bereits in linksverkrusteten Kommunen die ausdiskutierten Synapsen wieder zum Leuchten brachte. - Vergangenheitsbewältigung? - Ja, aber ich meine doch den Vulkan und was da noch alles an Arbeit auf uns wartet, bis wir wieder Aridane-Alltag erleben können. - Aber noch schickt der, fast schon ruch- und geruchlose Dreckskerl weiter Lava auf den Weg und wir wundern uns über das Missverhältnis zwischen mangelnder äußerlicher Aktivität und den weiter breiten Strömen an zerstörerischem Material, welche immer noch aus Tacande in Richtung Atlantik fließen. - Immerhin die letzten Tage auf einem Weg, welcher Häuser und Siedlungen nicht berührt. - Aber unten an der neu geschaffenen Landzunge an der Playa Nueva, dort breitet sich die Lava nun weiter nach Süden aus und vernichtet dabei äußerst produktive Bananenplantagen. - Der Gashahn ist schon fast abgedreht, jetzt muss noch einer kommen und den Lavanachschub kappen. - Oder ist da immer noch mehr auf dem Weg nach den Beben in der Tiefe?
Gebündelt, praktisch, unerklärbar. Kurzer Schwarm an Beben tief unter uns
Quelle: IGN
Der Tremor bleibt aktiv, aber auf ganz niedrigem Niveau und man erkennt gut den Bebenschwarm kurz nach 22:00 Uhr
Quelle: IGN
Na ja, ein Füßchen haben wir schon mal auf den Boden gestellt, aber das wird sicher in der nächsten Stunde korrigiert werden. Oder vielleicht ein bisschen später, denn heute ist Samstag und auch alle Vulkanwächter sind reichlich müde
Fast schon malerisch, Kriegsschiff im Bananenauftrag vor vulkanisiertem Sonnenuntergang
Samstag 13.11.2021 El Paso 17:00 Uhr
Das unspektakuläre Monster in Sachen Lava
Ein Schiff wird kommen - und gehen
Qualm, mal grau, mal weiß, mal dunkel und ganz selten meint man, ein Grummeln aus dem Vulkan hören zu können. - Oder ein Schnauben und dann kann man kurz eine Fontaine schwarzen Rauchs erkennen, welche sich aus dem Hauptkrater hebt. - Ansonsten herrscht Ruhe am Krater und würde man jetzt ein Drehbuch schreiben stünde dort: Es ist ruhig, viel zu ruhig… Das Monster vom Kuhkopf macht auf unscheinbar, schickt aber tagsüber fast unbemerkt weiter reichlich Lava auf den Weg in den Atlantik. - Welch Glück für uns, diese Lavaautobahn jetzt funktionieren zu haben, in all dem Unglück passieren eben auch für uns mal passende Dinge. - So lange das läuft, Lava raus aus dem Krater, runter auf die Autobahn und dann dem Atlantik noch ein paar Hektar Land abtrotzen, so lange können die Anwohner und Hausbesitzer an den Rändern der großen Lavazungen hoffen. - Darauf hoffen, dass eben keine weitere Ausbreitung der bereits vorhandenen Lavaströme nach Süd oder Nord stattfinden und ihre Besitztümer somit unangetastet lassen. - Kaum noch Beben, außer dem fetten Teil heute Morgen knapp vor sieben Uhr, danach noch 3 tiefe Ereignisse und drei flachere und seit 08:22 keines mehr im Umfeld von 10 - 15 Kilometer Tiefe. - All das macht uns natürlich Hoffnung, wie auch die Tatsache, dass die Bodendeformationen, trotz der beiden Schwärme tiefer Beben, nicht angestiegen sind. - Im Gegenteil, auf der meistbesuchten Station LP03 sinkt seit vier Tagen nun der Wert täglich um etwa einen Zentimeter und hat inzwischen den tiefsten Stand seit Eruptionsbeginn erreicht. - Natürlich dürfen wir nicht erwarten, dass die Deformation dort komplett auf den Wert vor der Eruption zurückgehen wird, aber ein paar deutliche Zentimeter weiter nach unten würden uns dennoch sehr gefallen. - Gasemissionen bleiben etwa gleich, sowohl SO2, also auch CO2 sind aber eher in fallenden Werten gemessen worden. - Tremor und die dazugehörende Termor-Amplitude zeigen ebenso weiter für uns positive Entwicklungen an, wäre da eben noch die Sache mit der Lava, die weiterhin in unangenehmen Mengen aus dem Schlot im Westen des Kraters läuft. - Es gibt wieder ein 2:2 heute, Deformation und Beben für uns, gleichbleibende Werte beim Tremor und den Gaswerten zählen natürlich für den Vulkan.
Wer schon länger die Eruption beobachtet, dem ist sicher aufgefallen, dass ein Schiff seit Beginn der Krise meist einsam seine Runden vor der Westküste dreht. Auf und ab, mal fast bis Tijarafe, dann wieder näher unter Land bis knapp hinter El Remo und keiner weiß eigentlich so genau, warum die Punta Salinas dort ihren Dienst versieht. - Ein stolzes und mächtiges Schiff, ein Hochseeschlepper, eingesetzt auch als Rettungsschiff des "Sociedad de Salvamento y Seguridad Marítima meist nur Salvamento Marítimo genannt. - In dieser Aufgabe hat das Schiff mehr als Tausend Flüchtlinge in den vergangenen Jahren aus klapperigen Nussschalen übernommen und so sicherlich vielen Menschen das Leben gerettet. - Jetzt fährt der einsame Schlepper auf und ab vor unserer Küste, seit 2 Monaten bereits und soll wohl einfach nur da sein, falls was passiert. - Ich könnte mir einen interessanteren Dienst wohl vorstellen, aber nicht jeder gehört auf den vordersten Platz in der Gefahr. - Was macht man da auf so einem Schiff, tagein, tagaus und längst sind Vulkan, Landschaft und andere Dinge langweilig geworden und die Motoren sind zum zwanzigsten Male bereits überholt worden und Rost ist auch keiner mehr zu finden. - Die stillen Helden, die einfach darauf warten, dass was passiert, was nicht passieren soll. - Wahrscheinlich wird das Schiff in ein paar Wochen wieder in Las Palmas liegen und auf bedeutendere Einsätze gehen, wenn wieder mal Menschenleben zu retten sind. - Dann erinnert sich hier sicher keiner mehr von uns, dass die ganze Zeit während der Vulkan uns zugerotzt hat mit allem was er kann, ein Schiff draußen vor der Küste aufgepasst hat, dass uns nichts passiert.
Mühsam berappelt sich das Deförmchen
Quelle: IGN
Der heftige Ausschlag nach oben war das Beben der Stärke 5,0 von heute Früh
Quelle: IGN
Kaum noch was los unter der Insel im Moment. - Aber das kann sich auch schnell wieder ändern
Quelle:Volcano Discovery
Die "Punta Salinas" hin...
... und her
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