04.11.2021 Tag siebenundvierzig der Eruption
Donnerstag 04.11.2021 El Paso 06:30 Uhr
Der Todgeweihte ist erstaunlich munter
Glühende Lava vom Krater bis zum Meer
Niemand hat gesagt, das olle Ekel hört sofort auf zu spucken. - Wir wissen doch, oder besser glauben, nachts sei der Vulkan immer virulenter als tagsüber. - Diese, äußerst unwissenschaftliche These, traf auch gestern, also zum wiederholten Male zu. - Warte erst die Nacht ab, sagte mein Nachbar Pedro noch zu mir, der gerade von seinem Abendspaziergang kam und unsere Arbeiten in Sachen Asche inspizierte. So kam es dann auch. - Allerdings mit schwerem Fauchen und einem Grummeln, welches an Gewitter erinnerte. Nicht ganz unbekannt, aber in der Kombination "Fauchgrummeln" dann doch wieder neu. Die Daten auf dem Tremor geben das auch gleich wieder, allerdings besagt die Anzeige auch, dass die Aktivität nicht zu altem Glanz zurückgefunden hat, sondern lediglich mittlere Werte spiegelt. Also doch ein bisschen angeschlagen, aber immerhin, kein starkes Beben mehr, das kommt erst wieder, wenn ich diese Nachricht hochgeladen habe. - Vielleicht sollte ich einfach warten damit, oder gleich ganz aufhören. - Gut, an mir liegt das nicht, vielleicht hat einer seine Linsen nicht aufgegessen aber es war uns doch sowieso allen klar, dass dem Kerl nicht mit einem Schlag beizukommen ist. - Aber warten wir den Tag mal ab, dann kommen die neuen Werte in Sachen Deformation und Gasemissionen und danach erst werden wir unsere kleine Niederlage komplett eingestehen. - Oder auch nicht, wer weiß das schon. - Die Lava fließt weiterhin in großer Menge aus dem einzigen, für uns einsehbaren Schlot, nach Westen ab. - Der Kanal führt leicht nach Süden und dann breitet sich das fließende Gestein weit aus und einiges davon verschwindet in Lavaröhren, welche die schreckliche Fracht weit nach unten transportieren, ohne viel Temperatur zu verlieren. - Das meiste allerdings schiebt sich an der Oberfläche Richtung Meer und türmt dabei immer höhere Lavazungen auf, welche heute Nacht wieder mal fast den gesamten südlichen Inselhorizont eingenommen haben. - Für uns sichtbar vom Krater bis hinab dorthin, wo Todoque sich mal stolz präsentierte.
Von den ehemals vielen Inseln, welche sich mitten in dem, inzwischen 3 Kilometer breiten Lavastrom befunden haben, sind die meisten inzwischen weg. - Aufgefüllt und manch ein Hausbesitzer hatte wochenlang gehofft, sein Anwesen bliebe verschont, aber leider sind in den letzten Tagen noch viele Hoffnungen unter Lava verschwunden. Die meiste Bewegung und die meiste Gefahr konzentriert sich im Moment weiter auf den Süden der betroffenen Zone.- Der Norden ist so gut wie überhaupt nicht aktiv, allerdings darf man dieser Ruhe nicht trauen, denn weiter zeugen Fumarolen über der erstarrten Lava von der Hitze, welche sich unter der ersten Kruste befindet. Weiter runter und bis ins Meer schafft es auch dieser neueste Versuch noch nicht, überhaupt ist da was krumm bei dieser Eruption. - So viel Lava wie nie zuvor, vier große Zungen bewegen, oder bewegten sich bis knapp vor den Atlantik und dann plötzlich bleiben drei der vier Vorstöße gen Ozean stehen. - Zum Teil nur hundert Meter vor dem Ziel. -Die "Lavaautobahn", also der schnelle, am besten unterirdische Transport der Lava vom Krater bis zum Meer hat nur etwas mehr als anderthalb Wochen funktioniert. - Vielleicht liegt es auch mit daran, dass die von der Lava belegten Fläche derart in die Breite gegangen ist und damit so enorme Schäden an Gebäuden und Infrastrukturen anrichten konnte. - Dinge, die wir nach dem Ende der Eruption wohl näher betrachten werden. - Gute Nachricht kommt vom Wetter, passatähnlicher Wind ist da. - Passatähnlich schreibe ich, weil mir noch die Kraft und die Konstanz fehlt, das einen echten Passat zu nennen. - Kommt aber wohl noch und schon merkt man die deutlich bessere Luft und der ganze Dreck wird jetzt nach Süd-Südwest hinaus aufs Meer getragen. - Das bedeutet auch, dass der Flughafen heute sicherlich wieder angeflogen werden kann. - Beende kleine Geschichten immer mit einer positiven Aussicht. Das habe ich mal gelernt und ich weiß schon gar nicht mehr von wem eigentlich.
Quelle: IGN
So sieht "Fauchgrummeln mit partiellen Donnerschlägen" auf der Tremor-Grafik aus. - Allerdings sind die Werte nur noch im mittleren Bereich
Das ist die Station in Los Llanos, welche gestern noch apokalyptische Werte in Sachen PM10 gemeldet hat. - Jetzt kann man den Einfluss des Nordostwindes bereits ablesen und auch genau, wann dieser "elysische Wind" eingesetzt hat. - Hier nennt man den Passat: "Vientos alisios" - Genau darum! Quelle: Cabildo Insular
Dieser Ausschnitt zeigt ungefähr den Bereich vom "Cogote" bis nach Todoque, also von uns aus direkt nach Süden
Donnerstag 04.11.2021 El Paso 17:30 Uhr
Lava auf Lava
Der Wind tut, was er soll
Auch die heutige Partie verlieren wir erneut mit 1:3 gegen den Vulkan. - Nur unser Torschütze ist ein anderer. - Es gibt heute weniger seismische Bewegungen und es ist schon über 24 Stunden her, dass uns ein Beben über 3,6 geschüttelt hat. - Tremor bleibt mittelstark, ist also nicht wieder zu voller Stärke zurückgekehrt, auch wenn der Krach am Vulkan das manchmal andeuten will. - Gasemissionen, SO2 leicht angestiegen, CO2 ebenso. - Deformation an der Station LP03 gleichbleibend, das sind die drei Treffer des Vulkans. - Dennoch ist heute ein guter Tag, da es kaum weitere Verluste an Infrastrukturen und Häusern gibt. - Die Lava fließt, weiter in großen Mengen aus der Westseite des Kraters und begibt sich direkt auf die Mitte der großen Lavazunge. - Dort verschwindet ein Teil in den Untergrund, und viel zieht weiter hinab Richtung Todoque. - Auf dem heutigen Drohnenfoto bei "Open Data La Palma" ist das sehr gut zu erkennen. Dort wo diese Lava fließt, richtet sie keinen weiteren Schaden an. Allerdings baut sich so natürlich ein immer weiter steigender Lavastock auf, der irgendwann einfach umflossen werden muss, da auch Lava nicht aufwärts fließt. - Es ist also nur eine Frage der Zeit, wann wieder die Ränder der Lavazungen mit neuen Vorstößen belastet werden. Weiter aber bleibt der Fokus in der Mitte und im südlichen Bereich der betroffenen Gebiete, La Laguna träumt weiter vom Wunder, zumal der frei stehende Kirchturm mit dem Kreuz immer noch wie eine Warnung an den Vulkan aufrecht sich gegen diesen richtet. - Wäre ich gläubig, oder besser, könnte ich glauben, ich würde einen riesigen Aufriss um diesen kreuzigen Stinkefinger machen, der sich so trotzig und aufrecht gegen den Vulkan richtet.
Die Luft ist, Dank des Windes, wieder deutlich besser. - Allerdings bekommt jetzt Fuencaliente Teile des Drecks ab, aber das meiste Zeug zieht aufs Meer hinaus und düngt den Atlantik. Allerdings steht das Hoch noch nicht wirklich dort, wo es hingehört und es kann auch heute und Morgen erneut zu Ascheregen und Problemen mit der Atemluft im Aridanetal kommen aber nicht mehr in der Intensität, wie noch vor einer Woche. Am Samstag dann erwarten wir richtigen Passat mit "Brisa" im Aridanetal und wer dann nicht gesandstrahlt werden will, der sucht sich eine ruhige Ecke in Westlage, am besten unter einer großen Pergola. - Damit werden aber auch wieder viele Dächer vom Wind gefegt und das hilft generell, allerdings wird es dann auch erneut Ascheverwehungen auf den Straßen geben. - Regen im Tal wird wohl nicht fallen, da ist man gnädig mit uns, denn nach wie vor sind wir noch nicht so weit, bereits Regen verarbeiten zu können. - Dafür muss noch sehr viel mehr Asche weg, besonders von den Dächern und abschüssigen Straßen, welche sonst für grausame Überraschungen sorgen könnten. - Im Osten und Norden wird es wohl regnen, die übliche Geschichte um den Passat, allerdings ist bei denen auch viel weniger Asche gefallen, also sollte das von dem Standpunkt aus kein Problem sein.
Inzwischen gibt es politischen Streit um die Spendengelder. - El Paso will schon loslegen und die erhaltenen Spenden an die Geschädigten im Ort ausbezahlen, Los Llanos, Tazacorte und die Inselregierung wollen zunächst eine komplette Liste der Geschädigten erstellen und dann Gelder bereit stellen. - Für El Paso stellt sich die Geschichte auch einfacher dar, da es kaum anzunehmen ist, dass noch mehr Gelände auf deren Gemeindegebiet beschädigt wird. - Die Zahl der Geschädigten wird also in El Paso nicht weiter ansteigen, oder nur noch marginal und so denkt unser Bürgermeister nicht im Traum daran, weiter mit der Auszahlung der Spendengelder zu warten. - Das gibt Ärger mit den anderen Parteien und besonders eben Los Llanos, da El Paso wohl auch mehr Spenden erhalten hat pro Kopf an Geschädigten als Los Llanos und Tazacorte. - Allerdings muss ich hier unserem Sergio zustimmen. - Die Spender wollen und wollten ja, dass dieses Geld so schnell wie möglich bei den Leuten ankommt und wenn man nun warten will, bis klar ist, wie viele Menschen wirklich vom Vulkan geschädigt wurden, wird noch eine ganze Weile Zeit ins Land gehen. - Auch gibt es, leider wieder einmal, Probleme mit der Buchführung in Sachen Geschädigte. - Das muss wohl komplett neu aufgezogen werden, irgendwie taugt unsere Bürokratie weder im Alltag, noch bei Vulkanausbrüchen. - Also, raus mit den Spendengeldern und an die Leute, dafür ist das Geld da und dafür haben die Menschen so reichlich gespendet.
Heute weniger Beben und sowieso, weniger "Dicke Klopper"
Quelle: IGN
Der Tremor ist zwar wieder deutlich angestiegen, bleibt aber dennoch sichtbar unter den Werten vom letzter Woche
Quelle: IGN
Die gemittelte Tremor-Amplitude gibt das so wieder
Quelle: IGN
Gut zu erkennen, Lava auf Lava
Quelle: Open Data La Palma
Vom besten Wetterdienst der Welt: Frisch auf den Tisch, ab Samstag, Wind vom Feinsten
Quelle: Wetterzentrale/GFS
Aus dem Archiv. Das war die Nacht des 19.10.2021, als wir alle dachten, La Laguna geht komplett unter. - Der Kirchturm steht heute noch so da!
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