01.12.2021 Tag vierundsiebzig der Eruption
Mittwoch 01.12.2021 El Paso 06:30 Uhr
Es blitzt, es donnert, es brennt, es qualmt, rummst und kracht
Aber niemand geht neuen Most holen
Man muss verdammt abgebrüht sein, bei dem Krach schlafen zu können. - Immer mal wieder weggenickt, wenn Jaulen und Türenklappern das zugelassen haben. - Explosionen bereits ab Abend und dann die ganze Nacht durch, mit nur ein paar Pausen. Angefangen allerdings hat die Nacht mit einem riesigen Jet, sicher über 200 Meter hoch, aber ich war zu genervt, das zum hundertsten Male fotografieren zu wollen. - Außerdem hatte ich gerade geschrieben, am Krater dümpelt es so vor sich hin… So läuft das halt und dennoch bin ich zuversichtlich und das gleich aus zwei Gründen. - Die Explosionen stammen wahrscheinlich von Wasser, welches ins "System" eindringt, ins Kondukt, wie das immer so schön heißt und das bedeutet aber auch, dass weniger Druck vorhanden ist, sonst könnte das Wasser nicht eindringen. - Zweiter Grund für Zuversicht, als bräuchte ich so was, die Beben finden weiterhin fast ausschließlich in der flachen Zone statt, unter 30 Kilometer herrscht seit Stunden Ruhe. - Noch. - Wahrscheinlich, bis ich dieses Traktat hochgeladen habe, dann erinnert sich höchstwahrscheinlich jemand, dass man den Barthel wieder losschicken muss, den Fusel zu holen, sonst geht die Fiesta nicht endlos weiter. - Und genau darauf will ich hinaus: Irgendwann muss nämlich dem Rüpel vom Kuhkopf die Munition ausgehen, mit der er so wild und zerstörerisch um sich wirft. - Und der gute Stoff, der liegt weiter unten und wenn der hoch kommt, dann hört man das und sieht das vor allem im Seismogramm. - Wenn man jetzt hoch zum Vulkan blickt meint man, das hört niemals auf, aber weiter unten im Tal, also da wo die Zerstörung dann wirkt, da ist alles dunkel. - Im Bereich Paraíso und oberhalb des Industriegebietes, da fließt, oder steht die Lava glühend herum, kommt aber nicht wirklich weiter und was gestern noch bei Cruz Chica glühte, das ist jetzt um diese Uhrzeit auch wieder in dunkles und damit gnädiges Schweigen gehüllt.
Muss ich es wirklich jeden Tag wiederholen? - Ich vermute und nehme an, ziehe Schlüsse aus meinen Beobachtungen und behaupte nicht, dass ich recht habe. - In einem Haushalt mit drei Frauen und acht Katzen lernt man mit diesem Umstand umzugehen… Wir sollten nicht so sehr auf sein arrogantes Gehabe mit dem geschmeidigen Jet achten, den der Soziopath da mehrere Hundert Meter hoch werfen kann, sondern wir sollten wirklich die Tendenzen beobachten und auf die Schwachstellen gucken, und die liegen halt bei der Logistik. - Zu jeder Zeit der Eruption konnten wir nachts auf dem riesigen, inzwischen 1.100 Hektar großen Lavafeld, mal mehr, mal weniger Glut beobachten, welche sich oft über den gesamten Horizont erstreckte. - Jetzt ist lediglich im oberen Teil, nicht mal einem Fünftel der Strecke, stockende Glut zu erkennen und das deutet für mich darauf hin, dass weniger und/oder deutlich zähere Lava fließt. - Das kann sich alles schnell wieder ändern, da müssen nur die Beben in der Tiefe wieder beginnen und das Spiel aufs Neue mit frischem Magma aufputschen, schon geht die Orgie der Zerstörung weiter. - Aber das muss nicht so sein, nicht nur wir sind müde, sondern auch der Schläger und vielleicht ist diese Runde ja schon seine letzte. - Wenn nicht, auch nicht der Weltuntergang, im Einstecken war wir immer schon die Größten und dann raffen wir uns halt wieder auf und arbeiten auf den nächsten Gong hin. - Ist ja schließlich kein Beinbruch so ein Vulkanausbruch, viel schlimmer wäre doch, die FDP würde Minister in die Regierung schicken…
Noch sind es nur Beben im flachen Bereich
Quelle: IGN
Der Tremor reagiert deutlich auf die vielen Beben und Explosionen
Quelle: IGN
Mächtig was los unter der Insel. - Aber eben fast alles oben in der Galerie, da wo der gute Stoff eigentlich herkommt, unter 30 Kilometer Tiefe, da rührt sich gerade nichts
Quelle:Volcano Discovery
Am Krater heute ganz früh. - Das kleine Flackern, welches man gestern am alten Krater noch als ehemaligen Schlot für Lava wahrnehmen konnte, ist im Moment gar nicht mehr zu erkennen
Mittwoch 01.12.2021 El Paso 16:00 Uhr
Den ganzen Tag über Explosionen
Bislang keine Beben mehr im tiefen Bereich
Pssst! - Den alten Herren nicht wecken und dabei meine ich nicht mich. - Ab und zu kommt eine schwarze Wolke aus dem alten Krater und auf der Westseite steigt grauweißer Rauch dort auf, wo fast anderthalb Monate lang der produktivste Lavaschlot lag. - So lange dort der Qualm noch aufsteigt müssen wir annehmen, dass da auch noch Material heraus kommt. - Das könnte auch erklären, warum in der Mitte der Lavazunge glühendes Material zu sehen ist, ohne dass der jetzt aktive Nordschlot da irgendwas hinliefern würde. - Es wird vermutet, dass es vom Hauptkrater eine aktive Lavaröhre gibt, welche den ersten Kilometer wohl unterirdisch das glühende Gestein transportiert. - Auch an den neugeformten Deltas im Atlantik kommt Lava an, allerdings sehr wenig. - Der Nordkrater schiebt weiter eine Lavazunge Richtung La Laguna an, allerdings sehr langsam und inzwischen nicht mehr neben der "Colada 8" sondern darauf. - Das könnte zum Vorteil für La Laguna dienen, und sowieso auf dem Weg dorthin richtet so der neue Lavafluss keinen Schaden an. - Der Lavanachschub aus dem Nordkrater schwankt stark, mal fließt in Dreierkolonnen das Material über den Abhang des Hochplateaus, über welchen das Material zunächst fließen muss, mal nur ein Strang, der auch keine Eile aufzuweisen hat.
Den ganzen Tag über gab es laute und zum Teil sogar heftige Explosionen im Krater heute und die gehören eben auch zu unserem Thema, welches die Nachschubprobleme des Vulkans angeht. - Der Krisenstab will davon noch nichts wissen, allerdings müssen die ja auch viel vorsichtiger sein als wir Beobachter im Schreiberlingstatus, denn die tragen schließlich echte Verantwortung und werden sich eher auf Lippen und Zunge beißen, bevor die ein Wort des hoffnungsvollen Optimismus auch nur säuseln werden. - Phreatomagmatische Explosionen, ich habe drei Tage an dem Wort geübt, eben wenn Magma mit Wasser in Verbindung kommt und das ist eben bei uns vielfach im Inselinneren vorhanden. Sollte der Druck nun nachlassen im Fluss der Gase und dem flüssigen Gestein, dann kann Wasser in den Kondukt eindringen und dabei entstehen dieses Explosionen, da sich nun ganz plötzlich das Wasser in Dampf verwandelt und dabei um ein tausendfaches an Volumen gewinnt. - Das kann dann auch zu den vielen Beben beitragen und sowieso, den Tremor und damit auch die Tremor-Amplitude zum tanzen bringen. Damit sind wir wieder bei den Beben und kommen zur wirklich guten Nachricht, die allerdings noch keinen nachhaltigen Charakter besitzt. - Das letzte Beben, welches unter 30 Kilometer Tiefe gemessen wurde, das fand gestern Abend gegen 21:10 statt und seit dem findet die ganze seismische Musik in der flachen Region von 10 bis knapp 20 Kilometer statt. - Daraus schließen wir nun, dass sich im Moment noch kein neuer Magmaschub in den Tiefen formiert, um unseren Vulkan weiter am Arbeiten zu halten. - Das würde dann natürlich dazu führen, dass in den oberen Schichten irgendwann nicht mehr genügend Druck herrscht, damit das restliche vorhandene Magma auch noch austreten kann. - Ohne den Nachschub aus der Tiefe ist auf die Dauer keine Eruption zu halten. - Aber bitte, wir sind da noch komplett in der Hoffnungsphase, allerdings stützt die sich eben auf die Beobachtung, dass die letzten Magmaschübe jedes Mal von geringerer Kraft und Dauer waren. - Sollte es also so weitergehen, keine, oder nur vereinzelte Beben unter 30 Kilometer, dann sieht es gut aus, dass es ein Weihnachtsfest auf La Palma ohne quarzende und spuckende Böse Onkelz gibt.
Unheimlich viele Beben in der Region um 10 - 15 Kilometer Tiefe
Quelle: IGN
Der Tremor sieht aus wie zerpflückt, nicht zuletzt auch wegen der explosiven Phase fast den ganzen Tag lang
Quelle: IGN
Analog dazu steigt auch die gemittelte Tremor-Amplitude wieder deutlich an
Quelle: IGN
Volcano Discovery drückt das so aus
Quelle:Volcano Discovery
Hauptkrater und links davon der neue Star der Schlünde. - Die Lava muss zunächst über ein Hochplateau fließen, um dann Richtung Paraíso ins Tal zu gelangen.
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