Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell 28.10.2021 Vulkanausbruch

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Vulkantagebuch



28.10.2021 Tag vierzig der Eruption


Donnerstag 28.10.2021 El Paso 07:30 Uhr

Höchst produktive Nacht
Zumindest aus Sicht des Vulkans


Bei Heulen und Zähneklappern hilft es meist, das Maul fest zu halten. - Ebenso verfahren wir, wenn der Unausprechbare wieder mal das Tal mit Explosionen heimsucht. - Geschickt angebrachte Keile oder mehrfach gefaltete Beipackzettel der vielen Psychopharmaka zwischen Tür und Angel oder Fenster und Rahmen, schon lockt ein ruhiger Schlaf. Doof natürlich, wenn man gleich nach der Prozedur wieder auf die Toilette muss oder seinen Tipp abgeben, wie stark denn das letzte gespürte Beben war. - Irgendwann aber klappert nichts mehr und man gibt sich dem Schlaf hin. - Meist bis zum nächsten Beben ab 4,5 - das ist etwa so die Grenze des ungetrübten Schlafes. Ab dem Wert rufen die Synapsen wieder zum Krieg gegen die Unbilden der Natur und locken sogar die letzten Reste Adrinalin aus den Drüsen. Spät am Abend half dann noch Robin gewaltig, das ganze Gas loszuwerden und manchmal hatte man sogar das Gefühl, der kleine Helfer übernimmt so langsam die Alpha-Position im Kratergefüge. - Von der Größe her noch lange nicht, aber was Gasfontainen in den Nachthimmel angeht, da ist der Kleine schon ganz groß. Nicht einsehen können wir, ob und wie viel Lava Robin auf den Weg in den Süden schickt und ob überhaupt noch dieser Strom, welcher gestern bis nördlich des Cogote gelangte, noch unterwegs ist. - Das hat auch damit zu tun, dass der Hauptkrater jede Menge Lava produziert und über eine, nach Süden gerichtete Rinne auf die Region leitet, welche mal Alcalá und Paraíso war. - Früh am Morgen, eigentlich zu einer noch unanständigen Zeit, konnte man dann als faden Feuerschein sogar die glühende Lava vom Vulkan bis nach Todoque erkennen. Nur als Annahme gehe ich davon aus, dass diese Lava sogar die neue Landzunge im Atlantik weiter füttern konnte. - Davon ein Foto zu machen, gelang mir nicht, viel zu wenig Licht geht von den schmalen Streifen aus und ich habe so mein Limit, was die Fotokunst anbelangt. - Allerdings klappt das mit dem ersten Kilometer ab Krater, da fließen solche Unmengen an Lava, dass selbst meine Krüppelkameras diese Lícht noch einfangen können. Betrachten wir diese riesigen Lavaströme als Bestätigung der vielen seismischen Bewegungen und der, vorgestern so sprunghaft angestiegenen Bodendeformation. - Denken wir aber auch einen Moment darüber nach, was passieren würde, wäre diese Masse an Lava weiter in den nördlichen Strom geflossen und auf La Laguna hereingebrochen. - Konjunktive sind allerdings gefährliche Werkzeuge und führen oft auf dunkle Pfade.

Die Nacht gab es so viele oder wenige Beben, wie fast immer in den letzten Tagen. - Kaum Beben in großen Tiefen, keine Rekordmagnitud. Weiter ist der Bereich höchst aktiv, aus dem, nach allen Spezialisten unisono, der Drink gerührt oder geschüttelt wird, aus dem unsere Eruption am Kuhkopf das Material nimmt. - Weitere Daten sind um diese Uhrzeit nicht wirklich zu erwarten, aber es muss ganz einfach Veränderungen heute auf den Karten geben, denn so viel Lava, wie heute Nacht nach Westen geflossen ist, kann nicht einfach unter die alte Lavazunge gekehrt werden. Seit nunmehr zwei Stunden gibt es keine Explosionen mehr und die Türen und Fenster wackeln selbst ohne Keile nicht weiter, gerade so, als wäre doch was dran, dass der Unbenannte Befleckte doch lieber nachts kräfiger auf den Putz haut, als tagsüber. - Ja, ich weiß auch, das sind komplett subjektive Empfindungen, der Kerl kennt kein Tag und keine Nacht und auch keine Freunde. - Na ja, Hauptsache der kennt irgendwann ein Ende!





Auch er hat die Schnauze gestrichen voll





Lavamassen ohne Ende fließen hinab ins Aridanetal




Donnerstag 28.10.2021 El Paso 17:30 Uhr

Immerhin besser als die Bayern…
2:2 weil wir Optimisten sind


Heute mal die guten Nachrichten zuerst. - La Palma ist heute besser als die Bayern, denn weniger Beben und ein kompletter Rückgang der Bodendeformation auf Werte vor dem 17 Zentimeter-Sprung, lassen als Endergebnis ein 2:2 dastehen. - Allerdings sind Tremor und Gasemissionen weiterhin hoch, also nur ein Unentschieden und das auch nur eine Momentaufnahme für heute. - Wieder hatten wir heute Morgen den Eindruck, der Vulkan spielt mit uns, denn nachts war er viel aktiver als tagsüber. - Gegen Mittag dann extrem laute Ausgasungen, es scheinen wieder mehrere Schlote verstopft oder einfach zu eng geworden für ein bequemes ausatmen. - Tagsüber können wir sowieso selten die Lava aus dem Krater fließen sehen, wir hatten heute gar den Eindruck, als würde sehr viel weniger davon austreten. - Damit sind wir aber schon beim schlechten Teil des heutigen Tagesablaufes, denn die frische Lava der gestrigen Nacht hielt sich im Süden nicht an bereits verschluckte Gebiete sondern brach in Höhe Camino Aniceto aus und läuft auf geradem Weg nun auf den Abzweig der LP213 auf die Straße nach Tazacorte zu. - Sicher mehr als 30 Häuser waren das heute wieder, die Rauchfahnen im Süden waren Zeugen der erneuten Zerstörung. - Wie weit die neue Lavazunge jetzt schon fortgeschritten ist, das können wir schlecht einschätzen, wir hoffen allerdings dass diese sich wieder zurück auf den bereits zu Beginn der Eruption gelegten Lavapfad begibt. - Im Moment zeigt der Krater sehr wenig Aktivität, aber da wir nichts Gutes von dem, dessen Namen man nicht nennen will erwarten, gehen wir mal davon aus, das ist lediglich ein kurzes Innehalten um uns heute Nacht erneut zu beschießen. - Die lauten Geräusche heute Nachmittag kannten wir in der Güte noch nicht, gerade so, als würde viel Luft stark gepresst durch viel zu enge Röhren gedrückt.

Die jetzt wieder aufgefangene Deformation der Station LP03 schiebt man also auf einen ganz lokalen Hub rund um den Messpunkt zurück. - In Jedey ist diese Station und das kann schon sein, dass eben genau dort, rund um diese Messstation sich Gase gesammelt und punktuellen Druck ausgeübt haben. - Das ist auch insofern wahrscheinlich, da die anderen Stationen in erklärbarer Nähe, LP04 und LP01 diesen Anstieg der Deformation nicht mitgemacht haben. - In Sachen Bananen heißt es heute, jetzt sei auch die zweite Entsalzungsanlage in Betrieb gegangen. Man könnte jetzt die Plantagen von Los Guirres bis El Remo gießen, um die riesigen Anbauflächen dort unten lebendig zu halten. - Da kommt nun die neue Lavazunge, die sich jetzt eben auf den Weg gemacht hat auch wieder zu versuchen, den Atlantik zu erreichen, gar nicht gut. - Sollte die noch weiter südlich gehen, dann könnte die zunächst die beiden letzten Verkehrswege von und nach Puerto de Naos kappen und dann wäre die Zone dort nur noch vom Schiff aus zu erreichen. - Es bleibt also die Wahl, Pest oder Cholera, entweder zittern wir im Norden um La Laguna oder im Süden um die Verbindung nach Puerto Naos. - Immerhin, es gäbe eine Lösung, allerdings scheint die noch nicht wirklich in greifbarer Nähe. - Das wäre ein glattes 4:0 für uns, aber so weit sind wir leider noch nicht.




Das letzte "Vierer" liegt schon fast 24 Stunden hinter uns
Quelle: IGN




Nur eine Momentaufnahme
Quelle:Volcano Discovery




Die Bodendeformation bei der Station LP03 ist wieder zurück zum Ausgangspunkt vor 3 Tagen
Quelle: IGN




Die schlechte Nachricht, wieder pflügt eine zerstörerische Lavazunge durch besiedeltes Gebiet und deckt einen endgültigen Mantel über Häuser, Träume, Besitztümer und Lebenswerke
Quelle: OpenStreetMap







Sammelt der nur neue Kraft, oder hat der einen Hänger?




Tacande meldet, der Südostkrater scheint jetzt auch eingebrochen zu sein


Quelle: Herbert Schaar







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