|
28.09.2021 Tag zehn der Eruption
Dienstag 28.09.2021 El Paso 06:00 Uhr
Mehr Lava, weniger Explosionen
Neue Phase der Eruption
Fahr vorsichtig mein Kind! - Kommt gleich hinter, die Rente ist sicher, auf der nach unten offenen Dichterskala der Sinnlosigkeiten. - Meine Frau und ich sind jetzt wieder alleine zu Hause mit den acht Katzen. Diese haben den Vulkanausbruch bislang erstaunlich gut überstanden, kommen eher mit unseren dauernden Rhythmuswechseln nicht so klar. Auch die Augen und die Pfoten, obwohl sie den ganzen Tag durch die Vulkanasche laufen, sind bislang unverletzt.
Die gestrige Pause des Vulkans scheint eine neue Phase der Eruption eingeleitet zu haben. - Da der Tremor für Stunden weg war, konnte man wieder beobachten, was sich denn seismisch sonst noch so unter der Insel tut. Keine größeren Beben mehr, klar, das Ventil am Kuhkopf ist wieder offen. Aber betrachten wir die Stunde von 16:00 bis 17:00 Uhr, also knappe zwei Stunden vor der Reaktivierung, dann fallen uns viele rhythmische Ausschläge auf. - Enrique von VolcanesyCienciaHoy meint damit die deutlichen Hinweise erkannt zu haben, dass das System sich auflädt. - Klingt einleuchtend, wurde anschließend ja auch bewiesen und jetzt sprudelt Lava aus der nördlichen Austrittsöffnung in einer Menge, die wir bislang nicht beobachten konnten. - Ob die südliche Öffnung auch Lava transportiert, das können wir von hier aus nicht beurteilen, es ist aber anzunehmen. - Gleichzeitig hat man das Gefühl, dass etwas weniger Gase und pyroklastisches Material ausgeworfen werden, auf jeden Fall im Verhältnis zur Menge der Lava. - Auch meinen wir, die Eruption gehe nun ruhiger vonstatten, mit weniger Explosionen und Rhythmuswechseln und meinen das auch auf dem Seismogramm von heute Morgen bestätigt. Dieses zeigt die Amplituden des Tremor geringer als noch die Tage zuvor, obwohl ein Vielfaches der Lavamenge ausgeschüttet wird.
Unterschiedliche Meldungen gibt es zum Zug der Lava ab Todoque. Hieß es zunächst, die Lava sei südlich am Ort in Richtung Meer unterwegs, gibt es jetzt Hinweise darauf, dass es nördlich an der Montaña Todoque vorbei geht. - Um diese Uhrzeit gibt es noch keine neuen Informationen und ich kann von unserem Standort aus nicht erkennen, wo nun dieser Lavastrom ab Todoque zieht. - Was wir erkennen können ist, dass nun, nach Beginn der neuen Phase, das Band der glühenden Lava viel länger geworden ist. - In der Nacht können wir jetzt glühendes Material vom Krater bis oberhalb Todoque erkennen, ohne dass diese sich so weit abgekühlt hätte, um nicht mehr an der Oberfläche zu glühen. - Schneller und heißer geht es jetzt also voran und ich wage keine Voraussage, wann die Lava ans Meer gelangt, allerdings bin ich mir jetzt ziemlich sicher, dass die Insel im Westen anbauen wird.
Spendenkonten können Sie HIER einsehen
Hier kann man die Pause des Unaussprechlichen gut erkennen
Details zwischen 16:00 und 17:00 Uhr mit den deutlichen, rhythmischen Marken
Der Tremor von heute, weniger Ausschläge, dennoch mehr Lava
Dienstag 28.09.2021 El Paso 17:30 Uhr
Oben Stromboli, unten Hawaii
Unser Transvulkan
Das Leben ist kein Neutrum. - Tajogaite (Tachogeite, das ch ein bisschen schweizerisch ankrachen lassen) nennen nun manche den "Volcán de la Gran Mierda" und das soll wohl endemisch sein und vorsichtig übersetzt, gespaltener Berg bedeuten. - Also Montaña Rajada auf kastilisch und einen solchen Hügel haben wir ja schon und wenige Hundert Meter oberhalb ist eben die erste Spalte der jetzigen Eruptionsstelle entstanden. - Ich glaube allerdings, das ist noch nichts offizielles, aber wenn man eben weiter denkt, als nur bis zum Ende des Ausbruchs, dann muss man das Stück besser verkaufen als nur große Scheiße und Katastrophe. - So weit sind wir nicht, wahrscheinlich noch lange nicht. - Wir dürfen ja nicht nur die Zeit der heißen Eruption rechnen, dann werden Tage der Unsicherheit kommen, ob man denn dem Frieden bereits trauen kann und dann muss zunächst unsere Infrastruktur wieder hergestellt werden, bevor man Marketingexperten auf den Plan ruft. - Manchmal gönnen wir uns halt solche Träume von später mal, ist wichtig für die Moral.
Der Vulkan ist ein bisschen lauter geworden in den letzten Stunden, was auf eine größere Ausgasung hindeutet. - Insgesamt bleibt die Aktivität aber ziemlich gleichmäßig, was auch eine deutlich Änderung zum Verhalten vor der Sinnespause am 27.9. war. Augenscheinlich ist der nördliche Austritt der Lava aktiver als der südliche und darüber erstreckt sich die Kraterspitze, welche weiterhin Gase und glühende Gesteinspartikel ausspiet. - Nicht mehr ganz so hoch, wie vor der Pause, aber weiterhin zeigt sich oben der Stromboli und unterhalb machen zwei Öffnungen auf Hawaii und spucken große Mengen heiße und flüssige Lava. - Effusiv nennt man das wohl in der Fachsprache, aber eben nicht nur, da oberhalb der immer gleiche Schlot weiterhin mit Düsenjägergrollen Gase ausscheidet. - Beides eben und mal sehen, was sich durchsetzt, oder ob unser Vulkan trans bleiben wird. - Hawaiianisch ist uns ja eigentlich lieber, da nicht so explosiv, aber wenn wir eines in den letzten Jahren gelernt haben, uns fragt doch keiner, was wir wollen.
Unklar ist weiterhin, wie es weitergeht nach Todoque. - Auf den letzten Karten zieht der Lavafluss an den nördlichen Rand der Montaña de Todoque, allerdings steigt dort das Terrain deutlich an, also erwartet man doch den Weg südlich an den Hügel vorbei in Richtung Atlantik. - Gegen frühen Nachmittag konnten wir dort dann auch starke Rauchentwicklung ausmachen, so gruselig, dass wir zunächst schon an einen neuen Eruptionsherd dachten, aber es war wohl "nur" das Feuer einer landwirtschaftlichen Genossenschaft. - Das Wetter schickt uns weiterhin unangenehme Schwüle und der Wind bleibt in der Höhe noch weiter aus dem Westen kommend. - Unten dreht es nun langsam auf Nordost und so kann es jeden Moment auch wieder Ascheregen in den diversen Regionen des Aridanetal geben. - Ein Blick auf die Luftmessstation in Los Llanos zeigt uns einzig die Werte an CO als über dem Limit und beim Feinstaub erreichten wir in den Morgenstunden hohe Werte. - Man konnte das auch riechen, bis der Wind wieder drehte und die schlechte Luft aus dem Tal hinaus wehte.
Alle hoffen nun, dass der Lavastrom sich nicht weiter vor und in Todoque staut. - Wenn es vorne nicht weiter geht, hinten aber viel Lava nachströmt, dann breitet sich der Lavastrom zu den Seiten aus und begräbt noch mehr Häuser. - Besser wäre es, es ginge nun endlich weiter hinab in den Atlantik, und die Lava könnte sich dort austoben und die Insel ein bisschen größer machen und nicht nur höher. - Dort, wo man jetzt das Auftreffen der Lava in den Atlantik vermutet, dort ist Steilküste und keine Bebauung, nördlicher Teil der Plava Nueva. - Allerdings befinden sich auf dem Weg zur Kante noch jede Menge Häuser und viele, viele Bananenplantagen. - Jetzt lässt die Hitze etwas nach und ich muss wieder auf Dächer steigen, Asche und Sand zusammenkehren und wenn nichts Außergewöhnliches passiert, dann sehen wir uns morgen Früh wieder.
Dieses Bild ist heute sehr früh entstanden. - Es zeigt, wie weit hinab, mehrere Kilometer, die Lava selbst an der Oberfläche noch glühend den Weg nach Todoque nimmt
Hawaii lässt grüßen
Der Tremor ist nicht sehr stark, man kann auch ein paar seismische Beweungen erkennen. - Im Süden, sechs an der Zahl heute, zwischen 2,4 und 2,9 und alle in über 10 Kilometer Tiefe. - Da pumpt also noch jemand weiter Magma unter die Insel
Die Messstation in Los Llanos war nun anderthalb Tage nicht erreichbar, jetzt müssen wir nicht mehr weiter den Atem anhalten
|
