Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell August 2016




Dienstag 23.08.2016
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Der Fluch einer Weltsprache
Unzufrieden mit den Personalentscheidungen im Tourismus


Der Tourismus in Spanien und auch besonders hier auf den Kanaren boomt. Noch niemals zuvor besuchten mehr internationale Gäste diese Inseln und das gilt wohl auch für La Palma, auch wenn wir natürlich noch keine Jahresendzahl haben. - Allerdings fällt uns auf, dass dieser touristische Aufschwung kein paralleles Bild beim Absinken der Arbeitslosenzahl spiegelt, man hatte sich an der Front eigentlich mehr versprochen. - Zwar sinkt die Zahl, der als ohne Arbeit gemeldeten Menschen auch hier auf den Kanaren spürbar, aber betrachtet man eben die kolossalen Zuwächse im Tourismus, dann fällt da wohl eine Schere auf, welche nach Erklärung sucht. - Politik und Presse fragen da nach, aber eben auch selbst ausgebildete Leute in Sachen Tourismus, denn immerhin gibt es in Spanien das Studienfach Tourismus. Eine Art Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Tourismus, aber viele Abgänger klagen, sie würden, trotz der boomenden Lage in dem Sektor keine entsprechende Anstellung finden, sondern man würde es immer wieder erleben, dass Ausländer die leitenden Posten bekämen und nicht "Eigengewächse".

Das ist natürlich ärgerlich. Warum tut man sich dann solch ein Studium mit mindestens vier Jahren an, wenn dann oft, auf dem Papier weniger gründlich ausgebildete Leute, den Arbeitsplatz bekommen. - Aus der Branche bekommt man eine deutliche Antwort und die lautet, Fremdsprachen sind wichtiger als Herkunft oder akademische Grade. Hier muss wohl vor der eigenen Tür gekehrt, oder die eigene Nase kräftig gerubbelt werden, denn genau hier liegt unser ganz eigenes Problem. - Natürlich nicht nur im Tourismus, aber eben auf dieser Ebene fällt das ganz besonders kräftig auf, Spanien und manche Kanareninseln noch deutlicher, hängen stark vom internationalen Tourismus ab. Wer da nicht die Sprache des Gastes, also des Kunden spricht, der steht auf verlorenem Posten. - So weit ist uns das auch selber klar, seit dem Tourismus aus der Baedeker-Ära mit Knigge-Bügelfalten sich zum Industriezweig gemustert hat, erwartet keiner mehr, dass der wohltemperierte Besucher sich bitte der Landessprache bemühen sollte.

Den Luxus, der in vielen Momenten bei uns auf der kleinen Insel noch zu finden ist, dass sich bemühte Reisende versuchen mit Hand, Fuß, Langenscheidt und Übersetzung-App in Landessprache Speis, Trank und Informationen holen wollen, der nimmt deutlich ab. - Vielleicht sollte man davon schon mal Fotos machen, für das Archiv, aber so drastisch ist das sicherlich auch noch nicht, denn immer da, wo große Ströme fließen, da entstehen auch kleine Nischen, in denen sich Gegenbewegungen konsolidieren können. - So wie wir in zwischen Häuser ohne Fernseher oder WiFi-Anschluss angefragt bekommen. - Aber das sind Nischen, da wo Volkswirtschaft in großen LETTERN geschrieben wird, da sind sehr gute Sprachkenntnisse im Tourismus ein Muss. Fast hätte in "must" geschrieben und hier hinken wir eben mit unserem schulischen, wie auch universitären Sprachunterricht deutlich hinterher. - Dabei müssen wir uns die Frage stellen, wie ist es denn möglich, dass jeder Schüler hier auf den Kanaren mindestens 12 Jahren Englischunterricht erhält, wenn er bis zum Abitur die Schulbank drückt, aber dann auf Engländer oder andere Internationale losgelassen, keine verständliche Konversation betreiben kann.

Darüber hinaus kann man hier Abitur mit einer einzigen Fremdsprache machen und der Deutschunterricht im Tourismusstudium ist, bei allem gebührenden Respekt, nicht wirklich gut zu gebrauchen. - Natürlich kann man hingehen und sagen, jeder muss selbst für seine Fremdsprachenausbildung sorgen und viele machen das auch und besuchen Sprachschulen. Oder nehmen gar Privatunterricht neben der schulischen Ausbildung, aber wir müssen uns wirklich fragen, ob so etwas denn der Sinn der Sache sein kann. - Sicher liegt es mit daran, dass die allermeisten Sprachlehrer in der Schule keine Muttersprachler sind. Das alleine ist schon ein großes Problem, aber darüber hinaus gibt es auch noch ein gewaltiges Missverständnis über den Gebrauch von Sprache allgemein. - Es ist hier üblich, sogar gut gesehen, auch von den obersten kastilischen Sprachenwächtern durchgewunken, dass man Anglizismen, und überhaupt Wörter aus anderen Sprachen so ausspricht, als wären diese heimisch. - Ein Produkt aus dem Wissen, Spanisch ist eine Weltsprache und assimiliert sich gerne und schnell und das macht man am Besten, in dem man alles aufnimmt und auf Spanisch bügelt. - Ganz böse Zungen, meist spanische, die lange im Ausland gelebt haben, die sagen auch: Warum lernen Spanier in der Schule eigentlich Englisch? - Damit sich irgendwann zwei Spanier in einer Fremdsprache miteinander unterhalten können, welche allerdings nur Spanier verstehen können…

Auf der einen Seite verständlich und sicher auch das Anrecht einer Weltsprache. - Den Engländern geht es ja nicht anders, allerdings sprechen vielen von denen wenigstens einigermaßen Englisch… Auf der anderen Seite macht solcher Umgang mit der eigenen und fremden Sprachen natürlich unsensibel für andere Töne und Feinheiten und genau da wird wohl der Unterschied zu suchen sein. - Nun könnte man natürlich den Firmen, oder hier den Hotelgruppen den Vorwurf machen, warum nehmt ihr diese Leute nicht und gebt ihnen intensiven Sprachunterricht? Oder warum schickt ihr eure Angestellten nicht für eine gewisse Zeit ins Ausland, damit die "Weltsprachler" auch die Eigenheiten und Feinheiten anderer Sprachen aufnehmen können? - Die Hoteliers grinsen bei solchen Vorschlägen nur, warum sollen die denn einen von hier einstellen und ihm Russisch beibringen, wo es doch ganz viele Russen gibt, die Spanisch sprechen und das lässt sich auch auf die allermeisten anderen Sprachen ausdehnen. - Das nenne ich eben den Fluch einer Weltsprache, dem übrigens die meisten englischsprachigen Länder der Welt genau so, wenn nicht sogar noch heftiger unterliegen. - Da man schulisch wohl nicht wirklich reagieren will, oder das aus welchen Gründen auch immer, gar nicht für notwendig oder angebracht hält, mindestens den Englischunterricht auf den Schulen zu verbessern, wird das Motto für alle jungen Leuten hier nach der Schule oder auch noch der Universität sein: Erst mal weg, den Mief abschütteln, neue Töne atmen, neue Stimmen aufnehmen und irgendwann dann kommt man zurück und hat den Fluch der Weltsprache abgeschüttelt und ist auch in der Lage, gegen internationale Konkurrenz auch locker zu bestehen. - Und wir beklagen uns darüber, dass die jungen Leute alle von der Insel verschwinden ihr Glück woanders zu suchen? - Wo war noch die eigene Nase, ja, da über dem Mund? - Ein bisschen ist es doch so, dass wir die jungen Leute nicht ausreichend mit Mitteln ausrüsten, sich in der Welt außerhalb unseres Bananengeltungsbereiches selbstverständlich bewegen und verständigen zu können.





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