Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell August 2016




Montag 08.08.2016
Höchsttemperatur heute 25,1 Grad - niedrigste Temperatur 21,9 Grad

Wunden lecken, neu aufstellen
und an La Gomera denken


Inzwischen legt sich die große Aufregung. - Ob nun kontrolliert oder eingegrenzt, die akute Gefahr scheint jetzt an allen Brandfronten erledigt zu sein, auch oberhalb Mazos werden nur noch vereinzelte Brandnester gemeldet. - Glück gehabt? - Auf keinen Fall. Im Gegenteil, es war harte Arbeit und im Verlauf des Feuers seit Mittwochnachmittag liefen die Dinge manchmal gar nicht so, wie man das eigentlich vor hatte. - Natürlich waren es zunächst die heißen Temperaturen und die, nicht mehr im messbaren Bereich befindliche Luftfeuchte, dass in der Nacht vom 3. August zum 4. des Monats sich das Feuer an der El Paso-Front innerhalb von wenigen Stunden so weit ausbreiten konnte, dass eben auch die hohen Zonen der Cumbre Vieja betroffen wurden. - Durch Funkenflug entstanden viele neue Brandherde, eben auch oben auf der Cumbre Vieja und schließlich landete auf diese Art und Weise das Feuer auch auf der Ostseite. - Bei geringeren Temperaturen und deutlicher Luftfeuchte reicht solch ein Funkenflug halt nicht aus, den Kiefernwald zum brennen zu bringen. - Danach kämpfte man gegen eine Vielzahl von neuen Brandherden, ganze zwei Tage lang, immer wenn man eine qualmende Stelle zum "Schweigen" gebracht hatte, tauchten deren zwei neue auf und da waren wir wohl heilfroh, dass so viele Einsatzmittel aus der Luft zugegen waren.

Sicher wird man einige der unternommenen Schritte mit beruhigendem Abstand auch kritisieren können. Nie macht man alles richtig, aber dieses Feuer noch in der Hitzeperiode zu beherrschen, das war schon ein ziemlich gelungenes Unterfangen, auch wenn sehr viel Fläche betroffen ist. - Man spricht jetzt von 4.600 Hektar, an die sieben Prozent der Inselfläche, aber dazu mein immer wieder angebrachter Kommentar: - Die betroffene Fläche bedeutet nicht, dass dort alle Pflanzen, meist eben Kiefern, auch gebrannt haben. Es ist wie ein großer Fleckenteppich und ohne die Bäume gezählt zu haben, schätze ich mal, dass die Hälfte des Kiefernwaldes gebrannt hat. - Dann gibt es auch noch Unterschiede, wie heiß und heftig das Feuer war. Manche Kiefern werden nicht einmal die Nadeln abwerfen, andere schon, die dann bereits diesen Winter wieder sprießen. - Wieder andere brauchen, je nach Regen, zwei bis vier Jahre und es gibt auch Kiefern, die sich überhaupt nicht erholen, allerdings ist die Zahl derer gering. - Viele andere Pflanzen sterben ganz und deren Platz nimmt dann zukünftig die Kiefer ein. Dieser Baum hat sich über die Jahrtausende auf diese Art und Weise von den Gipfeln bis in die unteren Zonen der Insel ausgebreitet. Die Diskussion, ob denn die Kanarische Kiefer nur Heiliger Baum der Kanaren ist, oder eben auch ein durchtriebenes Stück Eroberer, die ist zwischen Forstingenieuren und Biologen längst offen.

Heute noch haben wir Erholungspause. Das Wetter begleitet die Feuerwehrleute hilfreich, aber ab morgen bereits wird es wieder heiß und darauf sollten wir uns jetzt schon vorbereiten. - Die Arbeit der Politiker wird es jetzt sein, die vielen technischen Mittel, eben auch die Löschflugzeuge und Hubschrauber auf der Insel zu halten. Natürlich damit wir dann die kommenden Tage ein erneutes Ausbreiten der Feuer, oder eben ein ganz neues Feuer, schnell und effektiv verhindern können. - Bis zum Wochenende scheint die kommende Hitzewelle anzuhalten, also sogar länger zu sein, als die hinter uns liegende. Allerdings werden die Höchsttemperaturen wohl ein paar Grade unter der bereits abgerittenen Hitze liegen. - Wir, oder besser die Leute aus La Gomera werden sich mit Ärger an das Jahr 2012 erinnern, als man, trotz vorhergesagter Hitzewelle Löschflugzeuge und Hubschrauber bereits zurück aufs Festland dirigierte, weil lokale Größen das so entschieden hatten. - Gegen Proteste der Bevölkerung und des interessanten Zustandes, welche gesunder Menschenverstand genannt wird. - Es kam, wie es kommen musste, die Feuer wurden durch die erneut einsetzende Hitzewelle und die Winde neu angefacht, und hinterließen damals einen extrem großen Schaden an der Vegetation im Valle Gran Rey und Umgebung.

Das wird ja auch oft beklagt, was wollen denn die ganzen Politiker dort. Die zeigen sich, um sich zu profilieren und betreiben Wahlkampf auf Kosten der Einsatzkräfte, welche gleichzeitig ihr Leben riskieren. - Dieser Vorwurf mag für einige gelten, aber die Politik muss eben die Mittel zur Verfügung stellen und Einsätze einleiten und wenn es eben nur die Entscheidung ist, dieses Feuer aus der Stufe eins, zur Stufe zwei zu erklären. Also von Inselsache zur Angelegenheit der Kanarischen Inseln, um eben mehr Kräfte zur Verfügung zu haben. - Und natürlich stehen die nicht mit der Feuerpatsche oder dem Schlauch in der ersten Reihe, aber die machen viele Dinge in Sachen Nachschub und Koordination möglich, und das gehört eben auch dazu.

Ich kehre ab morgen auch wieder zum Alltag zurück. Morgens ein Gastbeitrag, vielleicht wollen Sie ja was über die Tage des Feuers schreiben, oder einen "Fulanito", und dann abends wieder meine Alltagskolumne. - Natürlich wird es in den kommenden Wochen immer wieder über Folgen oder Neuigkeiten über dieses Feuer geben. Aber ich muss auch alle neu dazugekommenen Leser warnen, wenn es nicht gerade brennt, dann sind wir eine ganz ruhige, langsame und vielleicht sogar Gott sei Dank langweilige Insel und ich werde mich in Alltagsthemen ergehen. - Lokalpolitik, die Einweihung einer Telefonzelle, Katzen, kaputte Waschmaschinen, Friseurgespräche, Bauernregeln sowie Zwergenaufstände zu Skandalen getrieben. Und als Höhepunkt gibt es dann ein überfahrenes Huhn in Tijarafe! - Und eben nicht nur was passiert, sondern auch warum. - Also, jeder wie er will, und das ist gut so.


Montag 08.08.2016 09:30 Uhr - El Paso - Westseite - 540 m Höhe
Temperatur 23 Grad - Niederschlag 0 mm - Luftfeuchte 38 % - Luftdruck 1017 hPa

Chapeau Maikel Chacón!
Die richtigen Fragen stellen


Gestern Abend senkte sich noch die gnädige Wolkenglocke über die Insel und brachte kühle und feuchte Luft ins Tal. - Im Süden und bei uns in El Paso scheint jegliche Gefahr nun erledigt und in Mazo meldete man gestern spät noch, dass man nun auch so weit sei, die Feuer als "perimetrado", also eingegrenzt bezeichnen zu können. - Bei dem Wetter war das zu erwarten, auch wenn wir noch keine ganz frischen Nachrichten aus dem Osten der Insel haben. - Heute hilft uns das Wetter ganz gewichtig, aber ab Dienstag wird es bereits wieder heiß und dann stehen wir vor den gleichen Gefahren, welche immer bei solchem Wetter auftreten. - Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass wir die kommende Hitzewelle besser in Sachen Waldbrand überstehen, bei der Menge an Hubschraubern, Löschflugzeugen und Personal von außerhalb ist es kaum möglich, dass uns neue Brandherde überraschen können. - Nun sollten wir aber auch hoffen, dass es auf den anderen Inseln nicht anfängt zu brennen, sonst muss man diese große "Luftmacht" hier auf der Insel auflösen. - Später im Laufe des Tages werden wir sicher ausführliche Neuigkeiten über den Verlauf der Nacht in Montes de Luna und Tigalate erfahren, jetzt zu einem anderen Thema.

Es gibt ja einen Verdächtigen, welcher für das Feuer verantwortlich zu sein scheint. Ein junger Deutscher, der hier sein ein paar Monaten in der Landschaft südlich Jedeys wohnt und wohl irgendwie in die Kategorie Totalaussteiger bis Hippie zu lokalisieren ist. - Wenn man denn überhaupt Kategorien abstecken will. - Der junge Mann scheint das Feuer verursacht zu haben, da er sein benutztes Toilettenpapier verbrannt hat. - Das ist ihm wohl außer Kontrolle geraten und wenn man alles über den Fall gelesene zusammenträgt, dann war es wohl er selbst, der Hilfe gesucht und die Autoritäten verständigt hatte. - Hier wäre die Frage anzubringen, warum konnte sich das Feuer dann trotzdem derart ausbreiten, obwohl doch sofort Alarm geschlagen wurde, dass wir heute vor einem der flächenmäßig größten Waldbrände sprechen müssen? - Ich weiß nicht, ob man das noch eingehend ermitteln wird. Auf jeden Fall sitzt dieser junge Deutsche, dessen Vorname mit Scott angegeben wird, in Untersuchungshaft und wartet auf sein Verfahren, wegen Delikte gegen die Umwelt, und hier wohl in irgendeinem Grad der Fahrlässigkeit. - Aber das ist Sache der Juristen.

Auf der Insel hat sich allerdings ziemlicher Zorn gegenüber diesem jungen Mann aufgebaut und irgendwie spielt sogar seine Nationalität eine Rolle. Manch einer wird sich über die Zeit sogar noch für seine missglückten Kommentare in den so genannten sozialen Medien ärgern, aber so laufen die Dinge eben, seit dem jeder überall Knödel absondern und teilen darf. - Die Geschichte lief ziemlich einseitig ab. Niemand, oder sagen wir kaum jemand machte sich Gedanken um diesen Scott, der wohl mit niemandem gesprochen hat, als mit der Polizei und dem Staatsanwalt und wohl noch nicht einmal einen Anwalt will, Hilfe vom Konsulat, oder der eigenen Familie. - Heißt es, wir wissen es ja nicht. Man erfährt was, bastelt daran herum, aber ob das alles wirklich so ist, das wissen wir nicht. - So blickt auch Maikel Chacón vorsichtig hinter eine andere Seite an Fragezeichen und unter seinem Artikel hebt er auch extra hervor, dass sein Aufsatz auch nur aus Erzählungen Dritter, eben meist Polizisten, zusammengetragen wurde. - Ganz vorsichtig, ohne Anspruch auf Richtigkeit oder gar diesen ominösen Schwebezustand, welcher Wahrheit genannt wird.

Allerdings reißt dieser, inzwischen extrem häufig gelesener und auch kommentierter Artikel von Maikel Chacón, endlich den Blickwinkel auf und lässt eine andere Annäherung an diesen jungen Deutschen zu. - Maikel führt auch die anderen Waldbrände auf, für die es auch Verdächtige gab, oder gar klare Schuldige, die zum Teil sogar verurteilt wurden, zu kurzen Bewährungsstrafen. Nie aber wurden die mit Handschellen abgeführt, und deren Foto auch nie durch die Presse gezogen. - Maikel bezweifelt in seinem Artikel nicht die Schuld des jungen Deutschen, die scheint wohl auch nicht mehr anzuzweifeln sein. Allerdings zeichnet Maikel ein mögliches anderes Bild eines Schuldigen, als es uns allen vielleicht sogar lieb ist. - Das Bild eines verletzten jungen Mannes. Der angesichts seines fahrlässigen Verhaltens nicht nur einen der größten Waldbrände der letzten Jahre verschuldet hat, sondern es steht ja auch immer noch der Tod des Mitarbeiters der Umweltbehörde als unerträgliches Schuldgewicht an. - Man könnte Maikel vorwerfen, er würde Sympathie für Scott erzeugen wollen, aber das stimmt nicht. Er lässt lediglich zu, dass Scott nun einen Namen hat und wohl irgendwie kein pyromanisches Monster ist, das neben Wälder verbrennen auch noch kleine Kinder frisst. Er lässt den Blick zu auf einen eher harmlosen Zeitgenossen, der einen, mindestens dummen Fehler begangen hat und unter diesem wohl auch selbst gewaltig leidet. - Was uns hier in der Nachbarschaft in Gesprächen noch aufgegangen ist, wie oft die allermeisten von uns, mich eingeschlossen, schon ganz nah an solchen Katastrophen standen. Wir aber einfach nur Glück gehabt haben und wir unseren Umgang mit Unkraut verbrennen, oder der Kippe aus dem Fenster werfen, angesichts der Waldbrände der letzten Jahre wohl einfach geändert haben. - Dieser junge Deutsche dort, der hat kein Glück gehabt, die Insel damit auch nicht. Es ist eines der vielen Fragezeichen dieser Welt, warum eine solche Fahrlässigkeit gerade dem passiert, der sonst keiner Fliege einen Flügel knickt. Viele anderen aber, die weggelaufen wären oder sind, angesichts ihres Fehlers wohl niemals zur Rechenschaft gezogen werden. - Großer Artikel von Maikel Chacón, auch mutig, angesichts der Wut vieler Leute hier auf der Insel, aber das unterscheidet eben Presseartikelverteiler von Journalisten und Maikel zumindest hat nicht zum ersten Mal bewiesen, dass er ein Großer seiner Zunft ist. - Chapeau Maikel!





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