Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell August 2016




Samstag 20.08.2016
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Wo die Goldenen Kälber wachsen
Lernen von Till Eulenspiegel beim Aufstieg


Mit meinem Vater in den Dolomiten wandern. Es war nicht einfach ihm zu folgen und junge Leute haben eigentlich andere Interessen, als Gipfelkreuze zu polieren. - Immer, wenn wir dann jammerten beim nächsten Aufstieg erzählte unser Vater die Geschichte von Till Eulenspiegel und der Umkehr der Last. Halt wie man selbst einem solchen Schalk noch einen gewaltigen Streich spielen könnte. - Man sagt dieser Figur nach, sie hätte auf Wanderungen bergab gejammert, aber bergauf sei sie fröhlich gewesen und auf die Frage warum, antwortete der Schalk sinngemäß: - Beim Abstieg denke er bereits wieder an den kommenden anstrengenden Aufstieg und beim bergauf gehen schon wieder an den darauf hin folgenden lockeren Abstieg. - Das hat ein gewisse Logik, nimmt aber das Jammern nicht komplett aus der Tour und so schlug mein Vater vor, doch nur geländebedingt Eulenspiegel zu zitieren, eben immer nur bergauf. - Irgendwie ist das alles eben Manipulation und bis wir dahintergekommen sind, was unser Vater uns damit eigentlich wirklich sagen wollte, waren wir bereits wieder beim Abstieg nach Brixen und fantasierten nicht mehr über Eulenspiegeleien, sondern von Spiegeleiern, am besten mit viel Bratkartoffeln und Speck.

Nein, Sie sind nicht im falschem Film oder Buch, sondern es ist Wochenende und da gönne ich mir noch mehr Abgleiten als sonst. - Man schafft übrigens auch den Bejenado mit Eulenspiegeleien einfacher. Aber darum geht eigentlich nicht, sondern um unseren leichtfertigen Umgang mit den hervorragenden Zuwachszahlen in Sachen Tourismus. Darüber, dass es vielleicht brauchbar sein könnte, bei jedem Schritt bereits darüber nachzudenken, welche Folgen dieser denn für den zukünftigen Weg haben könnte. - Aus den inneren Kreisen der Inselregierung heißt es nun: Die internationalen Verbindungen hätten sich in der kommenden Wintersaison gegenüber 2015/2016 verdoppelt. Schnell überflogen kommt das fast hin und wir erwarten sicherlich die beste Wintersaison seit der Jahrtausendwende und könnten sogar die damaligen Rekorde endlich einstellen. - Das ist sehr erfreulich, unsere, chronisch-anämische Inselvolkswirtschaft lechzt nach diesem sauerstoffgetränktem, oder ehrlicher gesagt, geldgetränktem frischen Blut. Auch wenn die guten Zahlen sich nicht komplett gleichmäßig auf die persönlichen Haushalte niederschlägt, auch als nur einigermaßen aufmerksamer Beobachter spürt man schon ein deutlich anderes Tempo, als noch vor 2 Jahren.

Da ist zum Teil auch mehr Spannung und Erwartung unterwegs als wirklicher Zuwachs. Aber das, was man als negative Spirale aus unschönen Zeiten der Krise kennt, das funktioniert auch anders herum, allerdings meist nicht in so schwindelerregenden Geschwindigkeiten, als auf dem Weg nach unten. - Auch hier wäre der partielle Einsatz von Eulenspiegeleien wieder hilfreich, aber erneut scheint kurzfristiger Mitnahmeeffekt stärker zu sein, als langfristige Planung. - Sicher brauchen wir mehr touristische Betten für die kommende Jahre, denn alleine mit den Bananen und Renten wird die Inselvolkswirtschaft austrocknen. Aber den momentanen Ansturm als gottgegebenen Alltag zu werten und die momentanen Zuwachszahlen als Todschlagargument gegenüber warnenden Stimmen zu gebrauchen, ist nicht nur kurzsichtig, sondern auch mittelfristig kurzsichtig und langfristig sogar gefährlich. - Wir verlieren dabei zu oft den Grund der Zuwachszahlen im Tourismus auf La Palma und auch den anderen Kanaren aus den Augen und dem Sinn. Die positiven Zahlen sind nicht Frucht der eigenen Bemühungen oder natürlichen Ressourcen, sondern sind zum allergrößten Teil den geopolitischen Umständen geschuldet und wir sollten hoffentlich davon ausgehen, dass die sich kurz- oder mittelfristig wieder stabilisieren.

Ich kann mich da allerdings auch irren. Das kann ich nämlich besonders gut, aber eindringlicher hinterfragt sind selbst die beruflich Fortschrittsgläubigen skeptisch. Eigentlich sollte man sagen hoffnungsvoll, dass der ungebremst auf Spanien einschlagende Tourismusboom bereits mittelfristig endlich ist. - Also mitnehmen, so lange es Doppelrationen gibt, das scheint die Devise in der "Tourismusindustrie" zu sein. Genau hier müssen wir eben den kleinen, aber nachhaltigen Unterschied suchen, Tourismus auf La Palma darf nie ein "industrielles Produkt" werden, sondern muss unseren Möglichkeiten und Fähigkeiten angepasst bleiben. - Gedanklich unterstützen hierbei könnte uns der Umstand, dass La Palma erst gut anderthalb Jahre nach dem geopolitischen Zielwechsel vieler Pauschalurlauber auf die Kanaren auch vom "Arabischen Frühlingskuchen" abbekommen hat. Erst dann, als die üblichen und konventionellen Ziele auf den großen Inseln hoffnungslos überfordert waren. - Im Umkehrschluss müssen wir zwingend annehmen, dass eine gegenläufige Entwicklung, also eine Entspannung in vielen, heute von Unruhen betroffenen touristischen Destinationen, zunächst natürlich die Reiseveranstalter dazu bewegen wird, die Ausweichquartiere wieder vom bevorzugten Markt zu nehmen. - Auch die Fluggesellschaften werden dann ihre Ressourcen wieder anders einteilen und La Palma als Ziel neu bewerten, und La Palma wohl wieder ins Lager der Fragezeichendestinationen zurückstufen.

Politisch entwickelt man gerade Pläne, welche den Ausbau touristischer Infrastrukturen auf der Insel deutlich vereinfachen soll. Das ist zunächst nichts verwerfliches, da es bislang eigentlich so gut wie überhaupt keine Möglichkeiten gab, auf komplett legalem Weg und vor allem mit Rechtssicherheit auf La Palma touristisch zu investieren. - Die neuen Pläne scheinen allerdings deutlich überdimensioniert, eben in der Art, ohne über die übernächsten Schritte nachzudenken. Aber es gibt ja auch immer noch die Vernunft des Marktes und ob nun wirklich so viele Investoren von herrlichen Zuwachszahlen angelockt sich nach La Palma verirren, das wird die nächste Frage. - Meist allerdings wehen die globalen Entscheidungen fast ohne jeglichen Einfluss über uns hinweg und dann können wir Ananasfarmen in Alaska gefahrlos zulassen. Oder eine Eishockeyliga in Mauretanien gründen und uns dabei ganz sicher sein, dass Till Eulenspiegel seine wahre Freude an uns hätte. - Aber einfach mal darüber nachdenken, wie denn der Schritt nach dem Kommenden sein müsste, das wäre doch schon mal ein Anfang, auch ganz ohne Schalk und Schelm.





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