Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell August 2016




Samstag 06.08.2016 17:30 Uhr - El Paso - Westseite - 540 m Höhe
Temperatur 34 Grad - Niederschlag 0 mm - Luftfeuchte 5 % - Luftdruck 1020 hPa
Höchsttemperatur heute 36,8 Grad - niedrigste Temperatur 27,6 Grad

Alle Aufmerksamkeit gilt nun dem "Cabrito"
Das Zicklein macht Zicken


Bei den Mittagsnachrichten habe ich doch tatsächlich noch eine Feuerzustandseigenschaft unterschlagen. - Es gibt auch noch "estabilizado", also stabilisiert, und das kommt ganz knapp vor kontrolliert. - Ich weiß nicht, ob diese ganzen Ausdrücke beim Feuerwehrlatein wirklich vorkommen, aber die zuständigen Politiker und Verantwortlichen bedienen sich eben solchen Ausdrücken, um nicht "beim Scheißen erwischt" sagen zu müssen. - Westseite, ohne Probleme, aber bei der Hitze ist das völlig in Ordnung, wenn man nicht von kontrolliert spricht. - Bei Fuencaliente spricht man allerdings bereits von "perimetrado", also das Feuer in seine Schranken verwiesen und alle pinkeln nun gleichzeitig drauf.

Diese beiden "Fronten" sind also nicht mehr die große Sorge. Nun schickt man alle Flugzeuge und Hubschrauber zum Zicklein, zum Cabrito, denn rund um den Berg sieht es noch gar nicht so wunderbar aus. Nicht mal "acotado" aber nach Zeugen von dort fliegen im Minutentakt Helikopter und Löschflugzeuge an. - Dort entzünden sich durch Funkenflug immer wieder einzelnen Flächen und machen es den Löschkräften nicht so ganz einfach, jedes kleine Brandnest direkt zu bekämpfen. - Hier merkt man nun eben die hohen Temperaturen und die geringe Luftfeuchte. Unter normalen Umständen, also mit Nordostpassat bei 22 Grad und 60% relativer Luftfeuchte würde der Funkenflug es nicht schaffen, ein Feuer zu entfachen, aber im Moment ist das halt so, denkt man auch nur an ein Streichholz, dann brennt es bereits im Wald. - Gute drei Stunden hat man noch, das Zicklein dort oben in Mazo zu beruhigen und die tun dort alles, damit das gelingen kann. Viele Einsatzkräfte sind nun bereits seit Mittwochnachmittag unterwegs und haben manchmal nur ein paar Stunden auf Bänken oder schnell aufgestellten Lagern geschlafen. So ist es sehr hilfreich, dass bereits heute Morgen Feuerwehrleute aus Fuerteventura und Tenerife zur Ablöse der, meist erschöpften Kräfte hier angekommen sind, sowie eben die Soldaten der UME aus Sevilla, welche auch noch frisch sind. - Der große Kamov-K32 Hubschrauber musste zurück nach Tenerife, um anstehende technische Untersuchungen über sich ergehen zu lassen. - Natürlich fehlt die dicke Dusche hier, aber es wäre schlimm bis unvorstellbar, falls uns noch solch ein Helfer vom Himmel fällt, bloß weil man so wichtige Dinge wie die anstehende Wartung des Apparates einfach verschoben hätte.

Dann erzähle ich Ihnen noch die Geschichte von Diego, seinem Bruder und den Polizisten der Guardia Civil und wie man denen ein Schnippchen schlägt. - Diegos Familie hat ein Haus in Tacande gebaut, schon fertig, auch mit Holzpergola, und man wollte in den kommenden Wochen einziehen. - Diego ist also seit Mittwoch Nacht dort oben, hat Schläuche bereit gelegt, einen Generator und Pumpen und hat in den vergangenen Tagen das Grundstück und den Garten verteidigt, und das mit Erfolg. - Es wäre vermessen oder vielleicht übertrieben zu sagen, ohne seinen Einsatz wäre das Haus verbrannt. Aber sicher wäre der Garten zu Grillkohle geworden und wenn sich Glut an einem Holzfenster oder der Pergola sammelt, dann kann das auch ganz schnell in die Hose gehen.

Aber die Guardia Civil hat Auftrag, bei denen heißt das wohl Befehl, niemanden dort in die Gegend zu lassen. - Aber Palmeros lassen sich nicht aus dem Haus verscheuchen, wenn es hinter dem Haus brennt und so drohte die Polizei Diego bereits, wenn er nicht bald verschwände, dann würden sie ihn mitnehmen und eine Strafe aufbrummen. - Schließlich rief er seinen Vater an, man verabredete sich und der fuhr hoch und holte Diego ab. Zeigte sich dabei einsichtig den korrekten Beamten, dass er nun endlich ihren Befehlen gehorchen würde. - Macht er auch, nur im Kofferraum saß Diegos Bruder und kletterte im passenden Moment und unentdeckt raus. Der passt nun auf das Haus auf und keiner hat´s gesehen. Ich bin mir sicher, dass in vielen Autos, die nach Tacande oder San Nicolas fuhren, so einige Kofferräume mit Personal gefüllt waren. - Wir hoffen alle darauf, dass man morgen die Straße von El Paso nach San Nicolas auch offiziell wieder aufmacht, es gibt viel zu putzen und zu erledigen dort oben und jedes Mal im Kofferraum, das ist unbequem.

Samstag 06.08.2016 13:00 Uhr - El Paso - Westseite - 540 m Höhe Temperatur 32 Grad - Niederschlag 0 mm - Luftfeuchte 5 % - Luftdruck 1020 hPa

Neue Worte braucht das Feuer
Acotado, perimetrado, controlado, extingido


Ich bin mir nicht ganz sicher, ob wir nicht im Jahr 2012 sogar noch weitere Zustandsbeschreibungen über Feuer hatten. - Keine Frage, das Schlimmste ist überstanden. Aber es besteht eben nach wie vor, besonders wegen der enormen Hitze und der extrem geringen Feuchtigkeit die Gefahr, dass der vorhandene Brand sich erneut ausbreitet, oder einfach neue Feuer entstehen. - So viel muss man einfach wissen, auch wenn jetzt das Feuer anscheinend deutlich zurückgedrängt wurde. - Zwei aktive Fronten gibt es noch, in denen auch Hubschrauber oder Löschflugzeuge arbeiten. - Da ist zunächst und primäres Ziel, das Feuer oberhalb der Hauptsiedlung Fuencalientes, Los Canarios. - Das wissen wir aus der Pressemitteilung von Nieves Lady Barreto, Rätin für Raumordnung und Sicherheit im Gobierno de Canarias. Damit als oberste Verantwortliche zuständig für die Koordination der Löscharbeiten und Pressearbeit. - Daher wissen wir auch, dass die Zone um den Berg "Cabrito" auch noch besondere Aufmerksamkeit benötigt und auch dort noch Einsatzmittel aus der Luft am arbeiten sind. - Die Zone "Llano de las Moscas" also nördlich vom Cabrito, wird nur noch von Bodentruppen aus bearbeitet, genau so wie die gesamte Westseite der Insel. - Darum hören wir auch hier im Westen keine Hubschrauber mehr und sehen auch die Canadair-Flugzeuge nicht, da die unterhalb der Gipfel der Cumbre Nueva auf der Ostseite fliegen.

Über das Feuer auf der Westseite heißt es, "perimetrado". Das versteht man eigentlich auch ganz einfach, das Feuer hat einen Perimeter eingenommen und daraus kommt es nicht weiter. - Ich denke zwar, man könnte hier für die Westseite bereits das Feuer als kontrolliert bezeichnen, denn außer ein paar qualmenden Brandnestern brennt hier nichts mehr, aber das kommt den Verantwortlichen noch nicht über die Lippen. Die Angst, da was voreilig zu verkünden, was dann vielleicht nicht funktioniert, ist riesengroß. - Vorstufe zum Wort "perimetrado" ist meist "acotado", was begrenzt oder abgeschnitten heißt und das soll bedeuten, bis hier hin kommt das Feuer und kein Stück weiter. - Meist nutzt man dieses Wort als erstes Zuckerle fürs Volk, man wischt sich den größten Schweiß von der Stirn und ab dem Moment arbeitet man zuversichtlich weiter. - Das wirklich erhoffte Wort, "cotrolado", kommt meist erst sehr viel später und ich erinnere mich auch noch an die große Feuer 2009 und 2012, als man erst Wochen später die Brände für "extingido", also sogar gelöscht bezeichnete. - Das kommt meist schon gar nicht mehr in die Presse, auch wir sind Kurzzeitsensationalisten. Das mag auch der Grund sein, warum viele gute Vorsätze, die wir uns während solcher Flächenbrände vornehmen, binnen Monats, oder Derby-Frist (Barca gegen Real) einfach wieder in unschuldigem Rauch aufgehen. - Manchmal denke ich schon, dass wir oft nur unter Druck oder in Ausnahmesituationen funktionieren, dann aber wie geölte Blitze und mit Herz und Hirn. Unser wirklicher Feind scheint der Alltag zu sein und mit ihm eben alles Alltägliche.

Ich denke mal, dass wir bis heute Abend die ganzen Feuer hier auf der Insel als "perimetrado" bezeichnen können und mit dem morgigen Abklingen der Hitzewelle und erneutem Anstieg der Luftfeuchte die Dinge deutlich einfacher werden. - Es ist sicher keine Zeit mehr für Alarmismus, auch wenn den Menschen angesichts des Feuers, welches eben auch eine Grundangst ist, immer ein bisschen die Synapsen ankokeln.

Oft kommt auch die Frage, wie kann man sich als Freiwilliger anbieten und das kann ganz einfach sein, in der Nachbarschaft den Schlauch halten. - Wer aber nicht aus der Nachbarschaft kommt, im der sich das Feuer befindet, der geht zur Gemeinde und dort kann man sich einteilen lassen. Zum Brote schmieren, zum Wasser besorgen, als Transporteur für Personal und Material zu den Sammelpunkten der Feuerwehrleute, aber nie, oder so gut wie nie, wird man als normaler Bürger im direkten Einsatz gegen das Feuer geschickt. - Das wollen die Feuerwehrleute auch gar nicht. Die sind ausgebildet und haben kein gutes Gefühl dabei, wenn Leute links oder rechts von ihnen arbeiten, auf die sie vielleicht auch noch aufpassen müssen, weil die keine Ausbildung oder Ausrüstung haben. - Ich erinnere mich noch an Nächte in der Parteizentrale. Damals war unsere Nummer Eins die Bürgermeisterin von El Paso, und wir standen dort, schmierten Bocadillos die ganze Nacht, kühlten Getränke ein und gaben diese aus und fuhren mit unseren Pickups Leute und Material von einer Stelle zu anderen. - Also, wer zukünftig als Helfer dienen will, der geht zur Gemeinde. Und stört sich bitte nicht daran, dass dort wenig Medaillen zu gewinnen sind, sondern es sich meist um Tätigkeiten handelt, welche unsichtbar und in der Dritten Reihe zu erledigen sind. Aber im Gesamtpaket sind die genau so wichtig, wie ganz vorne, da wo das Feuer brennt.

Samstag 06.08.2016 09:00 Uhr - El Paso - Westseite - 540 m Höhe
Temperatur 29 Grad - Niederschlag 0 mm - Luftfeuchte 3 % - Luftdruck 1018 hPa

Ruhe im Westen
Rauchsäule über den hohen Lagen in Mazo und Fragezeichen in Fuencaliente


In den frühen Morgenstunden kam kräftiger Wind auf, aber für die Westseite wohl ohne die befürchteten Folgen. - Jetzt sieht man leichten Rauch zwischen Tacande und San Nicolas, aber es wirkt nicht beunruhigend. - Nun ist wieder windstill und die Voraussagen gehen davon aus, dass der Wind in den nächsten Tagen keine entscheidende Rolle mehr spielen wird. - Das hört sich gut an. - Heute bleibt es noch heiß und man darf dabei nie vergessen, dass der abendliche Wind vom Meer her nur den unteren Teil der Insel abkühlt. Oben in den Bergen kommt diese, zugegeben nur leichte Erfrischung, nicht mehr an. - Von unserem Standort aus sehen wir jetzt eine hellbraune Rauchsäule südlich der Stelle, wo gestern immer die Canadair-Löschflugzeuge geflogen sind. Aus Mazo hören wir, dass es am "Cabrito" sei. - Es ist also in Mazo, wobei die Rauchsäule nicht dunkel oder gar schwarz ist, was auf heftiges Feuer hinweisen würde. - Der "Llano de las Moscas" dort oben in Mazo, oberhalb des Roque Niquiomo, das war auch bereits im Jahr 2012 eine Stelle, wo sich der Brand hartnäckig hielt und nicht gut bekämpft werden konnte. - Aber man hat mehr Mittel und auch mehr Leute dieses Jahr, da die UME, (Unidad Militar en Emergencias) weitere Soldaten gestern aus Sevilla nach La Palma geschickt hat.

Die ruhige Lage im Westen ermöglicht es ja auch, die Bemühungen auf den Osten zu konzentrieren. Inzwischen spricht man von 12 "medias areras" also Flugzeuge im erweiterten Sinn, und ich habe 3 Löschflugzeuge und 7 Hubschrauber gezählt, die Differenz kann ich Ihnen nicht erklären. - Macht aber auch nichts, es sind sogar noch weitere Hubschrauber unterwegs zu uns und irgendwann wird es eng im Luftraum über der Insel. So früh bin ich auf Pressemeldungen angewiesen, das Radio sendet heute Musik, oder was die dafür halten und ich wage es nicht, um die Uhrzeit meine Quellen anzurufen. Schlaf in den betroffenen Zonen ist ein Luxus, den sich nur wenige geleistet haben.

Querschnitt aus der Presse in Sachen Zone Fuencaliente. - Das Feuer gelangte bis zur Ortsgrenze Los Canarios, aber dort hielten die eingeleiteten Schritte wohl ein Übergreifen auf die bebauten Zonen ab. Mag auch sein, dass die Maßnahmen, die man nach dem Brand im Jahr 2009 in Los Canarias getroffen hat, bei diesem Vorfall gegriffen haben. - Es werden, weder aus Mazo, noch aus Fuencaliente, schwere Schäden gemeldet, lediglich landwirtschaftliche Gerätschaften und Bauten in den Bergen sind wohl Nahrung der Flammen geworden. - Bislang haben die Brandbekämpfer, inklusive der vielen Freiwilligen und der fliegenden Einheiten, allerbeste Arbeit geleistet. - Über allem steht der grausame Verlust eines Mitarbeiters des Umweltamtes, alleine deswegen wird diese Feuerepisode einen anderen Stellenwert bei uns einnehmen, als die Feuer der vergangenen Jahrzehnte. - Die bislang entstandenen Schäden an menschlichem Besitz sind für die Umstände bemerkenswert gering und der Kiefernwald erholt sich ganz von selbst. - Allerdings droht in manchen Zonen bei starkem Regen im Winter nun verstärkte Erosion, das wird aber wohl erst ein Thema im Herbst. - Weiter großes Augenmerk muss man aber auf die vielen verwirrten Tiere legen, welche mal direkt durch das Feuer, vielfach aber auch durch die lauten Hubschrauber verstört wurden und zum Teil nicht mehr nach Hause finden.

Das Wetter für die kommenden Tage: Sonntag Entspannung, runter mit den Temperaturen. Zeit die Brände endgültig zu kontrollieren, allerdings wird es ab Dienstag bereits wieder deutlich wärmer, aber nur für kurze Zeit. Ab Donnerstag erwarten wir dann wieder Azorenhoch mit frischen Wind aus dem Nordatlantik und spätestens dann können wir uns hoffentlich wieder anderen Themen zuwenden.





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