Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell Dezember 2016




Freitag 16.12.2016
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Bekommt die Pamir einen neuen Liegeplatz?
Stühlchen wechsele dich in der Geschichte


Wenn ehemalige Helden auf die Seite geräumt werden, warum auch immer ehemalig, dann wird meist Platz für neue Helden. - Als Deutscher hat man natürlich reichlich Erfahrung im Umtopfen von Denkmälern und Straßenschildern, aber immerhin, ich bin die erste Generation Deutscher, die ohne Krieg und weitere "Ent-fizierung", von was auch immer, ausgekommen ist. - Bislang, denn auch wenn ich furchtbar erkältet bin, also als Frau hätte ich einen kleinen Schnupfen, habe ich vor, noch ein paar Jahre weiter zu machen und sogar irgendwann mal Rente zu beziehen. - Man merkt also, auch Deutsche haben noch Träume und vielleicht wäre es nicht passend, irgendwelche Plätze und Straßen nach Norbert Blüm zu benennen. - Hier beginnt man gerade Erfahrung zu sammeln mit dem Stühlerücken für Denkmäler und dem, meist Rückbennen von Straßen. Die meisten "Calle Reals" hier hießen mal Generalissimo Franco, oder nach einem seiner treuen Soldaten und das ändert man hier eben auch gerade, seit dem es ein Gesetz gibt, welches alles rund um Francisco Franco aus dem Tagesbild ins Museum verfrachten will. - Dabei tut man sich nicht immer leicht, der Generalissimo hat keinen Weltkrieg verloren und auch keinen Genozid angezettelt, aber nur N24 würde es wagen, eine Schurkentabelle aufzustellen und eben Leuten wie Pol Pot, Hitler, Stalin, Seehofer, aber auch Franco oder Honecker eine Leitzahl des Bösen anzuheften. - Zumal wir ja auch wissen, dass Geschichte immer von den Siegern, und niemals von den Verlierern geschrieben wird und Freiheitskämpfer aus unterschiedlichen Blickwinkeln auch Partisanen oder Terroristen sein können. Also ich fühle mich wirklich überhaupt nicht in der Lage, eine solche Reihenfolge abzuheften.

Das "Ley de la Memoria Histórica" aus dem Jahr 2007 versucht so auch vorsichtig vorzugehen, und einen Unterschied zwischen notwendiger Geschichtsauffassung und öffentlicher Würdigung der Leute rund um die Franco-Diktatur zu wahren, aber das ist nicht leicht. - Das Hauptargument gegen die Entfernung von Franco-Dingen lautet oft: Das war doch ein Teil unserer Geschichte, also sollte man doch den Straßennamen so lassen, oder dieses oder jenes Wappen an diesem oder jenen Ort hängen bleiben. - Dagegen eben steht nun das Gesetz, an und in öffentlichen Gebäuden darf das nicht mehr sein, aber diese Bilder, Namen und Büsten kommen ins Museum, und nicht auf den Schuttabladeplatz. - Eigentlich diskutiert man um jedes Teil, so auch um die Büste des Blas Pérez González, Palmero aus Santa Cruz de La Palma und Minister für interne Angelegenheiten (de Gobernación, später de Interno) unter Franco, dessen Büste bis Anfang dieses Jahres auch noch den Platz vor der nördlichen Hafeneinfahrt schmückte. - Der hat aber doch viel Gutes für La Palma gemacht, so hallte es durch die Medien, aber die Büste ist weg und nun sucht dieser Platz eine neue Bestimmung und einen neuen Namen. - Loli, meine Lieblingspolitikerin, die hat mal ziemlich schlau gesagt, nie wieder sollte man eine Straße nach Menschen der Zeitgeschichte benennen, denn es ginge ihr ziemlich auf den Keks, während ihrer Amtszeiten immer wieder Straßen umzubenennen. - Auf der Suche nach nun, geschichtlich unverfänglichen Personen oder Dingen, die man später nicht wieder austauschen muss, fallen mehrere Namen, darunter auch der, des deutschen Frachtseglers Pamir, welcher 1957 südöstlich der Azoren im Hurrikan "Carrie" versank.

Zwei Historiker und ein Zeitungsverleger bringen diesen Vorschlag nun unter die Leute und diese, mögliche Ehrung hat weniger mit dem Untergang des Schiffes zu tun als mit den, fast 6 Jahren Liegezeit in Santa Cruz de La Palma während und nach des Ersten Weltkriegs. - Die Viermastbark, damals unter Kapitän Max Jürgen Heinrich Jürs, wurde vom Ausbruch des Krieges mit einer Ladung Salpeter überrascht und floh aus Furcht vor britischen U-Booten auf die Kanaren. - Jürs zog La Palma schnell Tenerife vor und so lag die Pamir vom 4.10.1914 bis 4.3.1920 im Hafen unserer Hauptstadt. In diesen fast 6 Jahren lebte die Besatzung als Gast der Insel und es gab mehr als Verbrüderungen zwischen Insulanern und den Palmeros. Von mehreren Eheschließungen wird berichtet und einer oder zwei der Besatzungsmitglieder verblieben für immer auf dieser, so gastfreundlichen Insel. Allerdings bereits verstorben. Auch wenn ein Schiff auf See sein sollte und nicht im Hafen liegen, muss es doch wohl die beste Zeit für den schmucken Segler gewesen sein. Die "Pamir" ging 1920 als Kriegsbeute nach Italien und fast sank das Schiff beim Ablegen aus dem Hafen, als wollte sie gar nicht weg. Die "Pamir" war nach so langer Liegezeit kaum noch seetüchtig und musste erst auf Tenerife wieder flott gemacht werden. Im Hafen von Hamburg lag das unglückliche Schiff bis 1924, die Italiener hatten kein großes Interesse an der "Pamir". Schließlich wurde das Schiff mehrmals verkauft und fuhr die meiste Zeit Waren zwischen Neuseeland und Europa hin und her.

Als Übersetzer für einen Filmemacher hatte ich vor etwa 10 Jahren auch das Glück, einen Nachkommen eines Besatzungsmitglieds der Pamir kennenzulernen, allerdings ist wohl aus dem Filmprojekt über die Pamir auf La Palma nichts geworden. - Viel bekannter, der erst von ein paar Jahren gezeigte Film über die letzte Fahrt des Schiffes, schade, dass man den Untergang lieber verfilmte, als die gute Zeit der Besatzung auf der Insel. - Ob man aus den 6 Jahren Aufenthalt hier auf La Palma auch die engen Verbindungen der Insel mit Deutschen filtern darf, das muss ich mal dahingestellt lassen, aber es fällt eben auf, dass die allermeisten europäischen Ausländer, und das seit Jahrzehnten, auf der Insel Deutsche sind. - Es gibt sicher Schlimmeres, und auch die meisten unserer Landsleute wissen gar nicht um die lange Aufenthaltsdauer der Pamir auf La Palma, so könnte dort am Hafen unserer Hauptstadt der ideale Platz für eine Erinnerung an diese Geschichte sein. - Jetzt kann man nur hoffen, dass die Historiker nicht die "Falschen mit dem richtigen Vorschlag" sind, denn oft gehen Projekte in die Binsen, wenn es politische Vorbehalte gegen die Förderer gibt. - Mindestens José López Mederos, einer der Historiker mit dem Vorschlag für die Pamir, gehört halt dem sozialistischen Lager an und damit wäre zu befürchten, dass nun von anderer politischer Seite Gegenvorschläge kommen, nur weil diese kommen müssen. - Ein Denkmal für die Pamir hier auf La Palma, als Erinnerung daran, dass man auf unserer Insel meist weit weg von allem Stress und Trubel Europas ist, das wäre doch eine sehr passende Angelegenheit und mal sehen, ob das denn wahr werden könnte.




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