Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell Juni 2016




Sonntag 05.06.2016
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Wir sind jetzt offizielle Gutmenschen
Zwei syrische Waisenkinder auf La Palma angekommen


Drei Länder in Europa haben keine rechten Protestparteien. So zumindest sagt es uns das meistgelesene online-Nachrichtenmagazin in Europa und diese drei Länder seien Portugal, Irland und Spanien. - In der Tat, rechts von der PP wächst irgendwie gar nichts, wie das in Irland oder Portugal aussieht, das weiß ich nicht. Aber hier gibt es in der Tat nichts, was nach Pegida, AFD oder Seehoferischem Bootvollpopulismus riecht. - Neulich gab mir ein Mitteleuropäer eine Antwort auf dieses iberisch-irische Phänomen: "Ihr habt ja auch keine Flüchtlinge" und schon sind wir mitten in einer Diskussion, die eigentlich gar nicht zu führen ist. - Was stimmt dabei ist, über die Balkanroute kommt so gut wie niemand nach Spanien oder Portugal. Allerdings gab es vor vielen Jahren die Kanarenroute. In den Jahren 2004 bis 2007 kamen jährlich weit über 30.000 Flüchtlinge aus Westafrika auf die Kanaren und dazu unzählige jeden Tag über die Meerenge von Gibraltar nach Südspanien. - Böse Zungen behaupten ja, es läge an der Krise, dass keine weiteren Flüchtlinge mehr nach Spanien kämen. Hier gäbe es ja nichts mehr zu holen, also gehen die Flüchtlingsströme woanders hin.

Das stimmt natürlich so nicht. Aus Syrien oder dem Irak ist es einfach ungeschickt über den Atlantik zu flüchten und ich wage auch keine Prognose, was hier geschehen würde, wenn weit über eine Million Flüchtlinge die Grenzen Spaniens überschritten hätten. - Auf der anderen Seite zeichnet sich ja auch das schräge Bild ab, dass genau Länder oder Regionen, in denen es wenig Flüchtlinge gibt, noch robuster nach Rechts tendieren. - Pauschalisierungen oder Bauernschläue helfen uns da also auch nicht wirklich weiter. - Die Angst vor allem Fremden ist legal, allerdings nicht besonders zeitgemäß und noch weniger smart. Bei allen Erklärungen, was man denn eigentlich vor wem schützen will, zeichnet sich fast immer auch ein unendlich krudes Bild von angeblichen Werten oder Traditionen, welche durch dauernde Wiederholung meist noch mehr an Aussage verlieren. - Keine Frage, das Ziel sollte sein, dass irgendwann niemand mehr flüchten muss, fragt sich halt nur, was wir bis dahin machen und wie diese Aussage mitten in Homs ankommt.

Ich bin auch Flüchtling. Wirtschaftsflüchtling sogar, aller reinster Natur. Manchmal schiebe ich die politische Verfolgung als Sozialist im Bayrischen Wald vor, aber das glaubt mir schon lange niemand mehr. - Danach kam noch mal eine Welle Tschernobyl-Flüchtlinge auf die Insel, in Wirklichkeit allerdings waren die meisten auf der Flucht vor sich selbst. Inzwischen gibt es ein neues, äußerst interessantes Phänomen, es gibt jetzt Flüchtlings-Flüchtlinge! - Die wollen aus Deutschland weg, weil dort zu viele Flüchtlinge sind. - Es liegt mir fern, das zu bewerten, das steht mir überhaupt nicht zu. Darüber hinaus ist es ja auch ethisch nicht vertretbar, wenn man Handlungen bei anderen kritisiert, die man selbst auch gemacht hat. - Als man die Angelegenheit mit den vielen Flüchtlingen aus den stillgelegten arabischen Diktaturen noch europäisch regeln wollte, da verpflichtete sich Spanien, auch 20.000 Flüchtlinge aufzunehmen. - Natürlich nur, wenn die anderen Länder das auch machen würden, also fühlt man sich jetzt auch nicht in der Pflicht. - La Palma bot weit über 100 Plätze an, ohne private Haushalte zu befragen, allerdings machte man sich zu keiner Zeit Gedanken darüber, ob man diese Leute denn auch langfristig integrieren wolle, es ging immer nur darum, momentane Zuflucht zu bieten.

Dabei könnte man sehr gut versuchen, in unseren, von Landflucht und Vergreisung bedrohten Regionen im Norden der Insel neue Ideen zu setzen. - Gebt den Leuten eine Scholle, eine Hacke, Saatgut und Wasser und dann schauen wir mal, ob da was draus wird. - Ich bekenne mich ohne Reue dem Gutmenschtum schuldig, ich bin Warmduscher, Ponyhofreiter, Weißweintrinker, Elfenbeinturmkommunist. - Aber ich habe auch eine Erklärung dafür, ich bin Vater. Also muss ich an die Zukunft glauben, sonst würde ich ja meinen Kindern keine gönnen. - Aber ich bin in guter Gesellschaft, La Palma hat nun zwei Flüchtlinge abbekommen und die Geschichte ist so schön, dass einem bereits das Hosianna allein vom Lesen der Überschrift in die Leidkulturdrüse schießt: Zwei syrische Waisenkinder sind auf der Insel und werden vom inseleigenen Sozialdienst betreut. - Vielleicht stellt man die ja auch mal aus. Eine Wanderausstellung durch alle Gemeinde könnte ich mir vorstellen. Wenn die Beiden sich dann auch noch auf spanisch bedanken könnten, wie gut wir doch alle zu ihnen sind, dann würde und das Kreuzschlagen beim wöchentlichen Kirchgang noch deutlich schwungvoller von der Schulter gehen. - Oder sollte das nur Wahlkampf sein, denn das Bild zur Presseerklärung zeigt die "Rote Patricia" Vizepräsidentin des Gobierno de Canarias und Spitzenkandidatin der PSC/PSOE der Kanaren und am 26. Juni wird ja bei uns der Senat und der Kongress neu gewählt. - Könnte es sein, dass man uns da zwei Kuckuckswahlkampfkinder untergeschoben hat? - Wie komme ich nur auf solch böse Gedanken, gerade als man uns zu Gutmenschen erklärt hat, weil wir doch zwei syrischen Waisenkindern aus der Patsche helfen.

Noch aus dem Polizeibericht: Heute am frühen Nachmittag fiel ein Auto mit 4 Insassen von der Hafenmole in Puerto de Tazacorte ins Wasser. - Eine komplette Familie saß im Auto, der Vater und zwei Kinder konnten sich unter der Hilfe von Passanten retten. Die Frau allerdings ging mit dem Fahrzeug unter und konnte erst nach 20 Minuten von Tauchern an die Oberfläche geholt werden. - Sofort eingeleitete Reanimationsversuche der herbeigeeilten Rettungskräfte waren leider erfolglos. - Wie es zu diesem Unfall kam, darüber gibt es lediglich Spekulationen.





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