Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell März 2016




Dienstag 22.03.2016
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Die Ninis und die Nininis
Ich will nicht mehr jung sein

Na gut, vielleicht ein bisschen jünger… Ni-ni heißt auf Deutsch weder-noch, bezeichnet aber auch in der Umgangssprache den gesellschaftlichen Status vieler, unserer Jugendlicher. - Die Ninis sind jene jungen Menschen, welche weder lernen/studieren noch arbeiten und die Nininis sind die, welche weder lernen/studieren noch arbeiten und darüber hinaus auch keinen Bock haben, also keinen Antrieb das Eine oder das Andere zu versuchen. - Unsere jungen Leute hier haben es aber auch nicht leicht. Viele Dinge, die man eben aus dem Elternhaus noch mitbekam, funktionieren so einfach nicht mehr und der Arbeitsmarkt kann so viele ungelernte Kräfte einfach nicht aufsaugen. - Früher, als alles anders war, und nur manches besser, da gab es die Kinder, welche das hinbekommen haben mit dem langen still sitzen, der Disziplin, der Mathematik und auch der Rechtschreibung. Diese wurden halt dann die Akademiker, Lehrer und Beamte und der Rest, der Hummeln im Hintern hatte, oder einfach keinen Bock auf Plutimikation und Grammatatik, der ging mit 15 von der Schule und am nächsten Tag mit dem Vater auf den Bau, wo der Bengel sich dann zunächst als Handlager durchschlug. - Später Militärdienst, dann wieder zurück auf den Bau. Die Mädels heirateten, wohlmöglich einen der Nerds, die studiert hatten, oder verdienten sich als Mägde und in den Läden. - Jeder fand was zu tun, Arbeit gab es immer und überall und wer so gar nicht den Buckel krumm machen wollte, der sparte auf ein Ticket für das Dampfschiff nach Venezuela um dort, mit zum Teil fragwürdigem Schwung, sein Glück zu versuchen. - Jeder Topf findet seinen Deckel, jeder Tropf seinen Nutzen und da ist irgendwas aus der Reihe gekommen und wir wissen nicht genau, wie man das wieder zusammensetzt. - Leider suchen auch wir zunächst immer gleich die Schuldigen, noch bevor wir überhaupt wissen, was denn nun eigentlich passiert ist und ob nicht einfach neue Zeiten auch völlig neue Antworten brauchen.

Überforderte Eltern, die resignieren, desinteressierte Lehrer, die Verantwortung wegschieben und dazwischen verunsicherte Jugendliche, welchen die bisherigen Regeln und Sprüche des Umfelds keine Lösungen mehr für die Zukunft bieten. - Dazu ein völlig kollabierter Arbeitsmarkt, welche hier auf den Inseln die Jugendarbeitslosigkeit auf Quoten über die 50% Marke hebt. Gerade eben die gewerblichen Arbeitsplätze, welche man sonst ohne besondere Ausbildung belegen konnte, die sind verschwunden, oder werden von besser ausgebildeten Menschen besetzt, welche eben in ihrer eigentlichen Qualifikation keinen Posten gefunden haben. - Viele flüchten aus La Palma, nicht nur auf die großen Nachbarinseln, sondern aufs Festland oder in den "Treffpunkt London", wo viele junge Palmeros bereits zu finden sind. - Allerdings schaffen das auch nur die besser ausgebildeten und diejenigen, welche es einfach drauf haben. Andere kommen zurück, oft mit weniger Erfolg im Rucksack, meist noch desillusionierter, als sie aufgebrochen sind. - Es passiert aber durchaus auch jungen Leuten mit Ausbildung, dass man hier keinen entsprechenden Posten bekommt, so werden aus "preparados" (gut vorbereitete Leute) "pre parados" (pre Arbeitslose) und nach dem Versenden von 150 Lebensläufen ohne Rückmeldung, kommt oftmals das dritte "Ni" ganz einfach aus Verzweiflung. Ich weiß auch keine Antwort auf die Frage, wie man denn das alles lösen kann, aber ich weiß zumindest, wann wir die großen Fehler begangen haben. - Das war in der Zeit, als man uns unbegrenztes Wachstum versprach. Als der Tanz um das Goldene Kalb zur gesellschaftlichen Massenbewegung wurde und uns ein blitzgefährlicher Demagoge namens José María Aznar die uns bislang auszeichnende Bodenständigkeit nahm.

Poco a poco, paso a paso, Stück für Stück und Schritt für Schritt verlief vor dieser globalen Hirnwäsche unser Leben und wir konnten unseren Kindern diese Vorsicht und Demut auch vermitteln und entsprechende Antworten geben. - Als dieses verschwenderisch Fest dann wie zu erwarten in sich zusammenbrach, konnten wir die ganzen Versprechungen nicht mehr halten und wer zu schnell wächst, der verliert umgehend den Halt wie die Erdung und dann auch noch den Kindern zu vermittelnde Werte. - Da haben wir in einer Generation die Entwicklung von zweien durchgenudelt und das haben wir bis heute noch nicht verdaut, weil wir bei weitem nicht alle mitgenommen haben. - Das geschieht sonst mit den älteren Menschen, die werden auch irgendwann von den Wandlungen der modernen Zeiten abgehängt, aber uns ist das vor gut einem Jahrzehnt mit der Hälfte der Jugendlichen passiert. - Eine verlorene Generation? - Das ist ein viel zu pessimistisches Bild, ein zu heftiges Schlagwort. - Noch. - Es wird nämlich unsere Aufgabe sein, die des ganzen Landes, durch Reformen und mehr Ehrlichkeit in der Umsetzung politischer und gesellschaftlicher Möglichkeiten allen wieder eine Chance zu geben. Nicht nur denen, welche vom Elternhaus aus das Geschenk bekamen, die maximal mögliche Ausbildung zu erhalten, inklusive der ab und zu notwendigen moralischen Arschtritte. - Wenn es irgend jemandem gelingt, ein bisschen auch über die Situation zu schmunzeln, dann schafft das der Karikaturist der wunderbaren Zeitung "La Voz de La Palma". - Aber eigentlich ist es doch schon Sarkasmus, die Poesie der Verzweifelten. - Ein Herr, welcher uns auf dem Bild den Rücken zudreht soll den Schuldirektor darstellen, welcher die Jugendlichen nach ihrem Abitur verabschiedet. Er gibt den nun fertig Pennälern Tipps und die lauten so: Du gehst nach Deutschland, du gehst nach England, du kannst bleiben, weil dein Vater das richtige Parteibuch hat und zum Vierten sagt er: "Y a ti….. que dios de coja confesado" und das heißt: "Möge Gott dich erst nach der Beichte erwischen." - Also ein frisch gebackener Ninini.







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