Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell Oktober 2016




Freitag 07.10.2016 1016 hPa
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Igte, igte, rufen sie alle, und haben Schaum vor dem Mund
19 Millionen aus dem Füllhorn breit geschüttelt und geschüttet


Irgendwie gibt es auf der Welt keine richtigen Regeln, wie man denn mit Abkürzungen umgehen sollte. - Die Nato spricht man so aus, wie ich es gerade geschrieben habe, die Uno auch, aber es heißt L.E.D. Lampen. A.O.K. für die Krankenkasse und die Badische Anilin und Soda Fabrik nennt sich B.A.S.F. - Den Punkt setzt ich nur, damit klar wird, dass wir hier jeden Buchstaben einzeln aussprechen und irgendwie scheint das was mit Gewohnheit und möglichen Kakofonien zu tun haben. - Was also blöd klingt, Kfz zum Beispiel, das sprechen wir natürlich K.F.Z. aus und am bemerkenswertesten finde ich immer in der Deutschen Sprachen, dass man auch englische Abkürzungen übernimmt, aber nicht wirklich übersetzt. - So heißt selbst auf Deutsch die Weltgesundheitsorganisation W.H.O. und nicht W.G.O., obwohl das eigentlich passend wäre, oder man müsste zumindest "dabelju, eitsch, oh" sagen und nicht W.H.O. - Ich habe zu viel Zeit, könnte man nun auch meinen, aber auch im Spanischen kürzt man lustig bis unverständlich ab. - Gut, so was wie W.H.O. passiert hier nicht, das wird O.M.Esse genannt, also Organización Mundial de Salud, und die Nato heißt Otan und man hat auch keine Angst vor Kakofonien, denn die meistgebrauchte Abkürzung momentan in der politischen Landschaft heißt igte (eigentlich I.G.T.E. Impuesto General sobre el Tráfico de Empresas) und wird ähnlich ausgerufen wie das Iahen eines Esel mit Schluckauf.

Auch die Zeitungen sind voll davon, als Presseerklärungen und manche machen sich auch schon gar nicht mehr die Mühe, alle vier Buchstaben groß zu schreiben und ich bin mir ganz sicher, dass die allermeisten auch gar nicht wissen, was das eigentlich ist. - Aber es ist gleichbedeutend mit Geld, viel Geld. Für das man gar nichts tun muss und wir erinnern uns dabei ein bisschen an den "Plan E", auch so ausgesprochen, nicht "geigt", als unser Dauerlächler Zapatero Ende 2008 zur verzweifelten Ankurblung der lokalen Wirtschaft 8 Milliarden Euro über die Kommunen ausstreute. - Damals setzten sich auch schnell die Gemeinderäte plus Wirkungsbürger zusammen und überlegten, wohin denn mit dem ganzen Geld, und vielleicht verpuffte eben die Wirkung dieser Finanzspritze auch ziemlich luftlos und leise, weil eben Wirtschaftsspezialisten, also die vom Tresen, aber keine Spezialisten für Ökonomie das Geld verteilten. - Jetzt ist das ähnlich, in den Gemeinden laufen auch wieder eifrige Stadträte, oder teure Räte herum und stottern fast vor Aufregung "igte, igte und es hört sich ein bisschen an, wie genereller Massenschluckauf.

Jetzt muss ich aber zunächst wohl mal erklären, was die Politiker denn so in brünftige Stimmung versetzt, und was die IGTE - Impuesto General sobre el Tráfico de Empresas denn eigentlich ist. - Diese Steuer wurde vor dem Eintritt Spaniens in die EU als Vorläufer der Mehrwertsteuer von den Firmen erhoben und ging später dann in die IVA auf dem Festland ein. Hier auf den Kanaren in die I.G.I.C. (Impuesto General Indirecto de Canarias) übrigens meist "ichick" ausgesprochen, nicht I.G.I.C.. - Mehrwertsteuern sind eigentlich Angelegenheit der autonomen Regionen, aber Madrid behielt sich weiterhin den Anteil der damaligen IGTE ein, als nationale Steuer. Aber inzwischen ist man der Meinung, dass das nicht korrekt war und ist, also zahlt man zukünftig so lange weniger Steuern an Madrid, bis dieses zu viel gezahlte Geld wieder ausgeglichen wurde. - Man spricht von insgesamt 1,6 Milliarden Euro, welche man in den kommenden 10 Jahren weniger an Steuern an Madrid zahlen muss, also an die 160 Millionen Euro im Jahr. - Eine wunderbare Summe, allerdings für die ganzen Kanarischen Inseln und weil wir hier auf La Palma an die 4% der Bevölkerung der Kanaren stellen, wären das rein rechnerisch 6,4 Millionen Euro für uns. - Zusätzlich zu den Geldern, die wir von staatlicher Seite und aus dem Gobierno de Canarias oder auch Projektbezogen von der EU erhalten. - Inzwischen hat man einen Plan gebastelt, den "Plan de Desarrollo de Canarias" der regeln soll, wie man die Gelder ausgibt und kürzt diesen praktischerweise mit igte ab, zwar eigentlich P.D.C. aber pdc wäre ja wohl noch schlimmer auszusprechen als igte.

Aber da wir auch das Rechnen neu erfunden haben, also eine Art Algebra-Reform (160 / 100 = 1,6 x 4 = 19) und ebenso die dreifache Gleichheit, die "triple paridad" gibt man hier auf der Insel in Gedanken bereits 19 Millionen Euro mehr im Jahr aus und spricht bereits vom Strukturwandel und einem komplett neuen Inselprojekt. - Die Geschichte mit der dreifachen Parität stammt aus der Zusammensetzung des Gobierno de Canarias, dort sind die Hälfte aller Abgeordneten aus den fünf kleinen Inseln und die andere Hälfte stammt aus Tenerife und Gran Canaria. - Man hat diesen Schlüssel mal erfunden, um eben den kleinen Inseln überhaupt die Möglichkeit zu geben, auch an der Politik Teil zu haben, denn beide großen Inseln stellen 1,8 Millionen Einwohner und die fünf anderen Inseln nur 300.000 Bewohner. - Würde man hier keinen trickreichen Schlüssel ansetzen, dann kämen von den kleinen Inseln niemals Leute ins Gobierno de Canarias.

Die anderen Inseln meckern zwar noch herum, denn rechnet man das mal auf die Einwohnerzahl herunter, denn bekommt man pro "Canarión" (Einwohner Gran Canarias) knapp 47 Euro, pro Conejero (Bewohner Lanzarotes) bereits 174 Euro, für jeden Palmero 255 Euro und der "Bimbache an sich", also der Einheimische der kleinen Insel El Hierro, bekommt sogar 750 Euro. - Das Geld, so ungleich das auch verteilt sein mag, bekommt natürlich kein Einwohner in die Hand, sondern die Inselregierungen erklären sich für die Verteilung der Gelder zuständig. - Daraus kann man auch schon wieder erkennen, dass es natürlich auch Streit gibt darüber, wer denn über die Gelder verfügen kann.Die Gemeinden sind so gar nicht einverstanden damit, dass nicht sie dieses Geschenk auspacken und weitergeben dürfen, sondern dass es das Cabildo Insular ist, welches mit dem Füllhorn über die Insel läuft. - Dabei haben wir ja noch Glück, dass in den allermeisten Gemeinden die gleichen Parteien als Einpeitscher sitzen, wie in der Inselregierung, gar nicht auszudenken welchen Streit es geben würde, wäre das anders.

Dennoch gibt es genügend Polemik, und die meisten Bürgermeister waren zwar zu den gemeinsamen Gesprächen gekommen, zu den die Inselregierung eingeladen hatte. Aber Anselmo, unser Inselpräsident, der hat einen eisernen Griff in dem Moment, wenn es darum geht, Geld ganz fest zu halten und so wird es wohl dazu kommen, dass die Inselregierung zwar Anregungen der Gemeinde aufgegriffen hat, aber letztendlich die Entscheidungen trifft. - Unser Sergio hier in El Paso, der macht nun öffentlich auf Asterix, er ist ja auch ein durchaus einsatzbereiter und omnipräsenter Bürgermeister, und will auf jeden Fall, wenn auch nicht in diesem Jahr unbedingt, eigene Projekte durchbringen. - Seitens der Inselregierung heißt es natürlich dagegen, wenn man diese Gelder verzettelt, also in kleine Investitionen der Gemeinden, dann würde man sich vom Ziel der wirksamen Investitionen zum Wohl der Inselvolkswirtschaft verabschieden. - Allerdings zählen nun viele Bürgermeister, und natürlich vor allem die Opposition auf, wie viele der im igte genannten Projekte eigentlich auch anders zu finanzieren seien und wohl auch schon im Haushalt des kommenden Jahres genannt werden. - Über zehn Jahre soll das nun so gehen, wir Schreiberlinge sind äußerst dankbar dafür, der Streit um Sinn und Unsinn dieser oder jeder Investition ist sicher gut für an die 20 Artikel im Jahr und vielleicht greift irgendein Jugendtalent die Angelegenheit mal auf und beschenkt uns mit einem Ethno-Rap mit dem Titel igte, igte… Noch wahrscheinlicher allerdings ist, dass man einen neuen Namen dafür suchen wird und Favorit im Moment ist FDCAN, von Fondo de Desarollo de CANarias.






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