Nachrichtenarchiv La Palma Aktuell September 2016




Donnerstag 29.09.2016
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Schwert oder Lanze, Jungfrau oder Erzengel?
San Miguel de La Palma und warum Historiker so oft beleidigt sind


Meist, weil früher alles anders, aber nur manches besser war. - Heute, am 29. September feiern wir den "Día de San Miguel Arcángel" und damit gleichzeitig den Tag des Schutzpatrons und des Namengebers der Insel. - Aber halt! Die Insel heißt doch gar nicht San Miguel? - Na ja, könnte man meinen, so ein bisschen schon, oder eigentlich doch und was dem einen der robuste Erzengel ist, das ist dem andren die liebreizende Jungfrau, und schon stecken wir mitten drin in einem ziemlich undurchsichtigen klerikalen Wettrüsten. - Es ist fast ein bisschen wie die PSOE in diesen Tagen, die hauen sich auch gerade gegenseitig die Köpfe ab. Aber so ist das halt, Sozialisten müssen leiden, das steht bei denen im Parteiprogramm und wir Katholiken müssen glauben, manchmal sogar an mehrere Patrone gleichzeitig. - Allerdings nutzt hier der Zauber Expecto Patronum nichts, Katholiken gucken selten Harry Potter und können auch meist nicht so gut über sich lachen. Allerdings macht ja der neue Papst alles frisch in diesen Jahren und man kann uns inzwischen sogar zutrauen, dann doch mal über eigene Dogmen hinaus zu blicken. - Meist aber nur, wenn sonst keiner guckt…

Also heute ist eigentlich der größte Inselfeiertag. Das könnte man so denken, und früher war das auch so, da war der 29. September Feiertag überall. - Heute ist aber "nur" noch in Tazacorte Feiertag, denn der San Miguel Arcángel hat eine Doppelbelastung hier auf der Insel zu tragen, er ist nicht nur, inzwischen unter jungfräulichem Mobbing leidender Inselpatron, sondern eben auch noch Schutzbeauftragter der Gemeinde Tazacorte. - Dort wird der San Miguel heute vielleicht sogar mehr denn je gefeiert. Es kann sogar ein bisschen Trotz dahinterstecken, wenn "ihr, also die Insel" den San Miguel nicht mehr so ehrt, dann wir erst recht. - Wochenlange Fiesta mit Ringelpiez tanzenden Papierpferden, den "Caballos Fufos" und dann eben die, mit inselweiten Themen befüllte Messe mit Fürbitte an den Erzengel Michael, in welcher der Inselpräsident dann wieder unter den Mantel kriecht. - Mehr oder weniger, es ist immer spannend, aber seit Anselmo Pestana weltlicher Chef der Insel ist, sind die Bitten eigentlich ziemlich langweilig, weil eher real geworden. - Das war früher anders, vielleicht sogar besser. Die Könige der CC baten den Michel eigentlich immer Erleuchtung zu schicken und merkten darüber gar nicht, dass sie in Klarsprache übersetzt damit forderten, man solle endlich Hirn und Fähigkeiten vom Himmel schicken, denn wir selbst haben weder das Eine noch das Andere. - Schnellchecker waren Nationalisten ja noch nie und das eint scheinbar ja alle Natis der Welt.

Manche sprechen ja von einer Degradierung des Erzengels, zugunsten der Jungfrau vom Schnee. In der Tat ist seit ein paar Jahren der "Día de la Virgen", also der 5. August inselweiter Feiertag geworden und eigentlich müsste man das als klerikale Wachablösung betrachten. - Die zarte Mariengestalt schlägt den robusten Erzengel Michael und tatsächlich hat die Marienverehrung und eben besonders die der Virgen de Las Nieves hier auf der Insel deutlich zugenommen gegenüber der Beachtung des Erzengels. - Liegt sicherlich auch an der, nur alle fünf Jahre stattfindenden Bajada de la Virgen de Las Nieves. - Mit den vielen, selbst überregional bekannten Rahmenveranstaltungen, denken wir nur an den Zwergentanz, ist gesellschaftlich viel mehr her zu machen, als mit einen kämpferischen Erzengel, der in der Geschichte sogar mehr als nur einem Herren gedient hat. - Wenn das schmückende Beiwerk und reichliche Lametta der Historie eher auf die Titelseiten helfen, als der Blick in den historischen Atlas, spätestens dann bekommen die meisten Historiker Schluckout. - Das ist eine, inzwischen anerkannte Berufskrankheit, beginnt mit putzgerschem Schluckauf und endet meist mit wikipedschem Burnout. - Wenn jeder alles in Minuten nachlesen kann, und dann Besserwissen, und auch noch in vielen Versionen, also auch die, in der Hitler drei Hoden hatte, dann muss solch ein Historiker einfach Schluckout bekommen. Dann kommt halt das dabei heraus, was heute stattfindet. Wir wissen eigentlich gar nicht mehr sicher, wie diese Insel nun wirklich heißt und sowieso wissen wir nicht, warum eigentlich.

Vor der militärischen Eroberung der Insel durch Fernando de Lugo über Tazacorte, und damit eben der Implantierung des San Miguel als Soldatenengel, soll nämlich bereits ein klerikaler Stoßtrupp die "María de La Palma" auf die Insel gebracht haben. Jahrzehnte davor übrigens, und diese gilt nun als "Urmaría" der Insel und deren Nachfolgerin ist die Virgen de Las Nieves. - Es kann auch anderes gewesen sein, mein Langzeitgedächtnis endet halt bereits im letzten Jahrtausend, aber wir müssen heute eben die Frage offen gestalten, wer eigentlich ist der echte, einzige und wirkliche Schutzpatron der Insel. - Also seien wir pragmatisch, versuchen wir es mit einer klerikalen Doppelspitze. Die Liebreizende und der Macho mit der Lanze, und je nach gesellschaftlicher Ausrichtung oder Indoktrinierung, feiern wir mal den 5. August und mal den 29. September als inselweiten Feiertag. - Apropos Pragmatismus. - Vielleicht liegt die scheinbare Degradierung des Erzengels auch daran, dass ein langwieriger Streit darüber herrschte, ob denn der Michel eigentlich Schwert, oder Lanze dazu benutzte, alles Böse auszumerzen. - Also darüber, dass alles böse war, was der niederstreckte, daran kann kein Zweifel aufkommen, aber darüber, ob er denn dabei ein Schwert nutzte, oder eine Lanze, darüber kam wohl inselweiter Streit auf.

Zum Glück haben wir auf der Insel Künstler, und dabei auch einen Luis Morera, der schon so etwas wie den Ruf des "Inselkünstlers" sicher nicht unverdient tragen sollte. - Der singt, der dichtet, der malt und haut Bild und auf jeden Fall hat der Mann kapiert, was Pragmatismus ist. - Eine ziemlich große Statue des Erzengel Michael hat man ihm als Auftrag gegeben, um diese mitten im Ort Tazacorte zu installieren. - Und was macht der Künstler Morera, gibt er ihm ein Schwert in die Hand, oder wird es die Lanze? Das war oft die Frage, und dabei herausgekommen ist die pragmatische Doppelbewaffnung, Schwert und Lanze, und keiner kann meckern. - Vielleicht dachte sich Don Luis aber auch nur, wenn ich da nur ein Schwert mache, dann bezahlen mich die Anhänger der Lanzentheorie vielleicht nicht und umgekehrt. Ganz sicher bin ich mir übrigens, dass ganz viele Entscheidungen, die wie heute vom sicheren historischem Hochsitz heraus betrachten, vielleicht ähnlich instinktiv gefällt worden sind. - Gibt es Rotwein heute Mittag, dann überfalle ich Persien, schenkt man mir Weißwein ein, dann führe ich heute noch die Maut für Streitwagen ein und bei Rosé mache ich mir einen schönen Tag auf dem Futon. - Waren Sie dabei und können das entkräften? - Gut, das mit dem Futon vielleicht, aber alles andere macht auch nur Schluckout. Es gab übrigens Rotwein...


Der San Miguel de La Palma. - In Tazacorte und er hat sowohl Schwert als auch Lanze mitbekommen und das ist gut so. - Allerdings verliert der Erzengel Michael im Streit um die Vorherrschaft in Sachen Schutzpatron gegenüber der Virgen de las Nieves an Boden





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