Tierschutz ist ein unendliches Thema und selten gelingt es uns, eine Diskussion darüber zu führen, welche nicht von menschlichen Argumenten und persönlichen Vorlieben geprägt ist. Man spricht ja gerne von dem Hunde- oder Katzentyp, kaum einer wird sich allerdings als Ratten- oder Kakerlakentyp identifizieren wollen. Schwer ist es eben, sich menschgemachten Moralvorstellungen und Dogmen zu entziehen. Der Mensch scheint der einzige Teil der Natur zu sein, welcher sich, zumindest gedanklich, selbst aus dieser katapultieren kann. Allerdings möchte ich gleich versprechen, dass letztendlich immer der Wurm gewinnen wird, nicht aus intellektuellen Gründen, sondern aus Gründen der Anpassungsfähigkeit. Ein gedanklicher Reimport humanistischer Werten in das, was wir Natur nennen, ist eigentlich ein lächerlicher Akt menschlichen Schuldgefühls. Wenn wir die Katze loben, weil sie uns abgebissene Mäuseköpfe vor die Tür legt, sollten nur wirkliche Freigeister das konsequent weiterdenken. Ich empfehle dazu einen leichten, aber extraktreichen Weißwein aus dem Norden La Palmas und eine saftige Milchlammkeule, dabei lässt es sich dann sicher herrlich über Tierschutz parlieren. Ist die Keule groß genug, dann bleibt auch noch was für´s Doggybag, die Katze bekommt nichts vom Lamm, wegen des Cholesterinspiegels. - Sie können beruhigt weiterlesen, die Geschichte hat ein Happyend, allerdings dauert das noch ein bisschen...
Wie oft hatte ich mir vorgenommen, meinen beiden Kinder umfassenden Respekt vor der Natur zu predigen. Jeder Wurm, jedes Lebewesen ist Gottes Geschöpf, oder das der Aminosäuren, und warum wir darüber nachdenken müssen, bevor wir Humus werden und schließlich irgendwann mal Erdöl. Dazu den Hund streicheln, die gefüllte Mausefalle ausleeren und den heftigen Würgereiz unterdrücken, weil meine 8 jährige Tochter mich fragt, warum denn alle zehn Sekunden auf dieser Welt ein Kind an Hunger stirbt. Soll ich jetzt antworten: "Weil es uns so gut geht!" - "Wenn die mehr zu essen hätten, dann bliebe weniger für uns?" Da bleibt nur noch Dogmen aufzustellen, diese als erzieherische Konsequenz zu tarnen und lieber über Details sprechen, als über das Ganze.
Thema seit gut vier Wochen bei uns, meine Kinder wollen eine Katze. Im Moment laufen wegen guter Fütterungsperioden wieder jede Menge trächtige Katzen herum, ich bin naürlich dagegen, nicht dogmatisch, sondern konsequent. Feline sind Wildtiere und zum Jagen geboren und kümmern sich am besten um sich selbst. "Papa, dürfen wir denn die kleinen Katzen nicht mal streicheln?" "Doch, aber denkt daran, wenn ihr sie einmal aufnehmt, dann habt ihr die Verantwortung für ein Lebewesen übernommen, dann will die Mutter sich nicht mehr um sie kümmern." Vorgestern Abend ist es dann schließlich passiert. Da steht meine große Tochter vor mir, hält ein, noch reichlich unsicher ein kleines Geschöpf in mittlerer Rattengröße in der Hand und sagt, konsequent aber nicht dogmatisch zu mir: "Papa ich habe die Verantwortung für dieses Lebewesen übernommen, es hat keine Mutter mehr oder die kann sich nicht mehr um ihr Kind kümmern, ich muss das jetzt machen. Die kleine Katze liegt seit gestern im Garten und ich habe abgewartet, ob die Mutter kommt, aber sie ist nicht gekommen." Wo hat dieses Gör denn den dummen Spruch von der Verantwortung für andere Lebewesen her? - Stimmt, von mir selbst! - Warum nur ist meine Tochter so gnadenlos aufmerksam...
Als "Kuhtyp" (Hundetyp bin ich nur aus verständlich pragmatischen Gründen, die passen besser auf meinen Schoß), ist eine Katze im Haus eher Dogmen schädigend und sicher auch in der Lage, meine virtuelle Autorität zu untergraben. Ich mochte Katzen noch nie, bin so auf die Welt gekommen, mein Hund mag Katzen auch nicht, aber 3 deutliche Augenpaare humanoider Familienangehöriger machten uns schnell und konsequent still. Der Hund hat sich vom Acker gemacht, wohl ahnend, dass er ab nun die Aufmerksamkeit teilen muss. Ich kann mich nicht vom Acker machen und werde versuchen, letzte Rückzugsgefechte gegen die stille Übernahme eines neuen Haushaltsvorstandes zu führen. Der Tierarzt sagt die Katze ist OK, aber halt erst eine Woche alt und braucht jetzt x-mal am Tag die Flasche, jede Menge Wärme und viel, viel Zuwendung. Einen Trumpf behalte ich noch in der Hinterhand, Paula haben wir die Katze genannt, müsste aber eigentlich Paul heißen, denn es ist ein Kater, aber das wissen meine Frauen noch nicht. Nun habe ich noch ein bisschen Hoffnung auf spätere, männliche Solidarität, vielleicht kann man sich ja für ein gemeinschaftliches Patriarchat entscheiden. Nie werde ich öffentlich zugeben, dass ich das kleine Vieh mit den noch geschlossenen Augen auch schon auf der Brust liegen hatte, als die Abwesenheit meiner drei Frauen mir diesen männlichen Akt der Schwäche ermöglichten. Der kleine Kerl kann seine Augen noch nicht öffnen, aber schon gewaltig schnurren. Hilfe, wo sind meine Dogmen geblieben!
Familie Ingrid & Mathias Siebold
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