Was bin ich, das kann nicht nur ein heiteres Ratespiel mit bunten Schweinderln sein, mitunter bringt einen diese Frage, an sich selbst gerichtet, aber schlitternd aus dem Gleichgewicht. Paul ist am Boden zerstört, kämpft gegen eine tiefe Lebenskrise an und meine Frau hat Schuld. - Meine Frau meint zwar, ich sei dafür verantwortlich, aber ich schreibe diese Texte, also bleibt das so stehen. - Zum Zeitvertreib sieht sich Paul öfter mal Bilderbücher an, lesen mag er nicht so sehr, er ist da eher der Facebook-Typ, wir haben aber auch einen enorm großen Fundus an großen Büchern mit vielen Fotos und wenig Schrift. Nur haben wir aber nie darauf geachtet, ihm die Bücher ein bisschen vorher zu sortieren und so erwies es sich als ein fataler Fehler, ihm das Tierlexikon zur Verfügung zu stellen. Ja natürlich, da kommen Lebensformen drin vor, die doch sein Abbild sein könnten und da er ja nicht saublöd ist (geht bei einer Katze auch gar nicht), zweifelt er doch nun sehr an seinem göttlichen Status innerhalb des Familienverbundes aus vier Humanoiden und einem höheren Wesen. Dass er kein Mensch ist, das weiß er seit geraumer Weile, Menschen sind Sklaven ihrer Umwelt und ihrer Bedürfnisse, die lassen sich so weit erniedrigen, für ihren Futterschaleninhalt sogar arbeiten zu gehen.
Wir sind uns nun nicht so ganz sicher, wo er das Buch wieder zugeschlagen hat, ob bei gewöhnlicher Hauskatze, oder schon bei Gepard. Dann wäre ja vielleicht noch was zu retten mit der sicher fadenscheinigen Erklärung: "Nur deine gepunkteten Kollegen, das sind Tiere, die sind gerade auf Montage in Afrika, als freiwilliges felines Jahr." Sollte er aber wirklich bis zur Hauskatze gestoßen sein, auch noch zur gewöhnlichen, dann müssen härtere Klopper ran. Dann werde ich mit ihm noch mal die Ideen der Kreatonisten durchgehen, da müssen wir uns nicht um solch Komplexes wie Vererbung und Entwicklung kümmern, der liebe Gott hat jeden so gebaut wie er es so meint und dich lieben Paul auch, und schon bist du wieder was ganz Besonderes. (Wissen Sie übrigens, warum George Bush auch Kreatonist sein muss? - Das ist ganz einfach, nimmt man ihn als Beispiel, dann ist klar, dass das mit der Evolution nur ein Irrtum sein kann.) Wir waren aber bei Paul, der leidet schon genug, da müssen wir nicht noch von George Bush reden.
Paul hat sich vorsichtshalber erst mal selbst in ein künstliches Koma versetzt, vielleicht will er beim Wiedererwachen dann einfach auf schlechten Traum machen. Das kann klappen, ich hab ihm vorsichtshalber mal gleich noch einen Nehberg neben seinen Ruhethron gepackt. - Das hilft mir immer ganz gut, wenn ich zum Beispiel aus der Hauptstadt oder Puerto de Naos zurückkomme, dann hole ich mir bei ihm immer Tipps, wie man nach der Rückkehr aus der Wildnis doch überleben kann. Also, die nächsten Stunden sind entscheidend, eine Heerschar von Spezialisten haben wir angefordert, der Pfarrer ist gekommen, ein Psychotherapeut, ein Vertreter der Liga für felinen Größenwahnsinn und ein Reporter des lokalen Rundfunk. Den haben wir allerdings wieder weggeschickt, Reporter verplappern sich dauernd und das kann kontraproduktiv, mindestens aber suboptimal sein. Das wäre es noch, erfährt der aus dem Radio, dass er eine Katze sein soll, wo er doch der Paul ist. Ein bisschen Angst habe ich jetzt schon vor den fälligen Gesprächen mit ihm und wenn es ab morgen keine Nachrichten mehr gibt, dann hat Paul wohl bis Löwe weiter geblättert und uns alle aufgefressen. - Nach Diktat verspeist…
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