Es war einer dieser lästigen Tage, an dem alles danebenging, weil man vielleicht mit dem falschen Fuß aus dem Bett gestiegen war, wo nichts so richtig gelingen wollte, und die Stimmung auf dem Nullpunkt stand oder tiefer. So ein richtiger Fehlschlag von einem Tag.
Und dann kam auch noch die Polizei. Sie fuhren direkt auf meiner Finca vor, mit so einem vergitterten Wagen, wo man nicht wieder herauskam, wenn man einmal drinnen war. Es waren zwei Uniformierte, und sie machten keinen freundlichen Eindruck, als sie mich aufforderten, einzusteigen und mitzukommen. Ich war entsetzt. Noch nie im Leben war ich in eine Grüne Minna verfrachtet worden, das war doch das Letzte! Der blaue Anteil meines Blutes drohte zu gerinnen vor Empörung. Dass ich mich überhaupt völlig unschuldig fühlte, ging mir gar nicht so richtig auf.
Klar - und ich allein zu Hause. Wenn man die Männer brauchte, war keiner da, auch nicht mein lieber Carlos. Ich versuchte, ihnen klar zu machen, dass ich nichts Böses getan haben konnte, stieß aber auf konkretes Unverständnis. "Sie kommen sofort mit, und das ist jetzt kein Spass mehr!" Er langte automatisch nach hinten, denn sie waren mit Pistolen da, und die waren bestimmt geladen. Ich auch. Da half nun kein Ablenkungsmanöver mehr; das konnte tödlich sein. "Aber darf ich wenigstens mit meinem eigenen Wagen fahren?"
"Nein, das ist nicht gestattet" und nach kurzem Zögern "wir können ja mal eine Ausnahme machen. Fahren Sie vor uns her direkt zur Polizei, und keine faulen Tricks, das macht die Sache nur noch schlimmer."
Am Ziel angekommen geleiteten sie mich am Arm gepackt in das Büro eines auf Verhöre spezialisierten Oberpolizisten. Der sah lange Zeit nicht auf und schließlich penetrant auf mich. Jetzt werden sie mir wohl Handschellen anlegen, dachte ich, aber die beiden Uniformierten wurden mit einem Wink entlassen. Vielleicht behielten sie die Situation von draußen aus im Auge.
Der Verhörungsoberpolizist saß bequem in seinem Sessel, mich ließ er, unbequem, stehen, wie es sich für einen Sträfling gehört. Dann wurde ich vernommen:
"Name ---, Vorname ---, Alter ---, ledig oder verheiratet?" "So, geschieden sind Sie, aha."
"Sie wohnen alleine in Ihrem Haus?"
"Nein."
"Mit wem denn, mit Ihrer Tochter?"
"Nein."
"Mit anderen Verwandten?"
"Nein, mit einem Spanier."
"So, mit einem Spanier. Was macht der beruflich?"
"Er ist Gartenarchitekt".
"Sind Sie mit ihm verheiratet?"
"Nein".
"Sie leben also unverheiratet mit Ihrem.... Ihrem .... " er suchte nach einem möglichst tief
beleidigenden Wort, traute sich dann aber wohl doch nicht und sagte nur ....."Katalanen".
Mich packte die Wut. Da wusste dieser ... dieser ..., - und nun fing ich auch schon an, stotternd
zu denken, denn mir fehlten die Worte für seine Unverschämtheit - , ganz genau, dass Carlos
Katalane war und vermutlich auch, wo er wohnte und was er machte und fragte mich absichtlich
in so beschämender Weise aus. Gemein.
"Haben Sie Geld?"
Klar hatte ich Geld.
"Wie viel, und wo haben Sie es?"
Ich musste nachdenken, wie viel hatte ich denn? Wer weiß schließlich wie aus der Pistole
geschossen, wie viel Geld er hat. Außerdem war ich bemüht, die Wahrheit zu sagen - ich dumme
Liese - , möglicherweise musste ich es beweisen.
Meine Denkpause sah der Verhöhrer als Widerstand gegen die Staatsgewalt und wurde scharf:
"Wie viel Geld haben Sie, und wo haben Sie es. Antworten Sie gefälligst."
Nun nannte ich ihm einen ungefähren Betrag, Genaues wusste ich nicht so schnell.. Das hatte er
davon, warum diese Eile.
"Etwas habe ich zu Hause, den Rest auf der Bank".
Er las sich seine Notizen noch einmal halblaut vor: "ist geschieden, lebt unverheiratet mit einem
Spanier in ihrem Haus, hat Geld". Sein stechender Polizistenblick, mit dem er mich dann
bedachte, wurde durch eingemischte Schadenfreude seinerseits weder menschlicher noch
sympathischer. "Kommen wir zur Sache: Ihre Ziegen haben also bei Ihrem Nachbarn die
Obstbäume angefressen. Es liegt Anzeige gegen Sie vor. Was haben Sie dazu zu sagen?".
"Ich habe keine Ziegen".
"Aber Sie hatten Ziegen".
"Ja, aber das ist etwa l2 Jahre her, seitdem habe ich keine Ziegen mehr".
"Die Anzeige ist aber vom vergangenen Monat. Sie müssen doch einsehen, dass es so nicht geht.
Sie dürfen hier nicht lügen".
"Ich habe aber keine Ziegen".
"Und wer hat dann die Obstbäume angefressen? Wie erklären Sie mir das?"
"Ich kann das nur so erklären, dass Sie sich irren ..."
"Wir irren uns nicht."
"So lassen Sie mich doch ausreden, ich will sagen, dass etwa 2 km von mir entfernt eine andere
Deutsche wohnt, von der mir bekannt geworden ist, dass ihre Ziegen des Nachbarn Obstbäume
angefressen haben".
Da wurde es ganz still, ziemlich lange. Ich blickte frohlockend auf das sitzende Häufchen
polizeilichen Unglücks hinab und ließ mir keinen Minenwechsel entgehen: zuerst der Schreck,
na so etwas Peinliches, aber dann sah ich Erleichterung aufblühen, denn es ging ihm wohl durch
den Sinn, dass es sich bei mir ja nur um eine Frau handelt, die zählen nicht, und da brauchte man
wirklich keine Gewissensbisse zu haben. Aber Zweifel packten ihn, denn es handelte sich um eine
ausländische Frau, womöglich zählte die mehr, vielleicht wie ein halber Mann gar? Was nun? Er
wippte nervös mit den Beinen, presste die Lippen fest aufeinander, nahm die Brille ab und setzte
sie wieder auf, streckte sich in seinem Sessel, machtlos, sprachlos. Aber dann endlich kam ihm
die rettende Idee: quasi als Nichtentschuldigung, eher als ihm gebührende Rechtfertigung stieß
er spröde hervor: "Na, irgend etwas werden Sie ja auch ausgefressen haben. Sie können gehen".
Jetzt habe ich einen riesigen Mastino Napolitano, einen Superkampfhund, groß wie ein Kalb, der hat keine Angst und behandelt Polizisten genau wie gewöhnliche Menschen. Die Uniformknöpfe spuckt er aus.
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